Ehrung bei 0:6-Pleite gegen SV Wacker Burghausen
„Mister Pipinsried“ Konrad Höß jetzt Ehrenpräsident bei seinem FCP

21.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:49 Uhr

Verdiente Auszeichnung: Konrad Höß (2. v. l.) ist ab sofort Ehrenpräsident des FC Pipinsried. Klubchef Benny Rauch (r.) und Pressesprecher Hubert Fesl gratulierten dem 82-Jährigen. Foto: M. Schalk

Am letzten FCP-Heimspieltag 2022/23 schien über Pipinsried endlich mal wieder die Sonne. Bei schönstem Frühlingswetter gab es Ehrungen und Abschiedspräsente, in der Halbzeitpause erklangen sogar zwei Alphörner. Dass die Gelbblauen dann, nach dem Seitenwechsel, auch auf dem Fußballplatz den Marsch geblasen bekamen – dies hätte nicht unbedingt sein müssen.

100-Gegentore-Marke wird wohl noch geknackt

0:6 (0:0) stand’s zum Schluss aus ihrer Sicht gegen den SV Wacker Burghausen. Dadurch sind es mittlerweile 97 Gegentreffer, die die Pipinsrieder in der laufenden Saison kassierten. Und in ihrer letzten Partie – am Mittwochabend (Anstoß um 19 Uhr) – müssen sie ausgerechnet bei so torhungrigen FC Bayern München II ran. Wer glaubt da noch ernsthaft daran, dass bei jener Gelegenheit nicht auch noch die peinliche 100er-Marke geknackt wird?

Enver Maltas tut es jedenfalls nicht. „Ich stehe zwar stets zu 100 Prozent hinter unserer Mannschaft – aber wenn ich jetzt darauf wetten müsste, dass wir am Mittwoch nicht mehr als zwei Gegentreffer hinnehmen, dann würde ich mich enthalten“, gibt der Sportliche Leiter des FCP ehrlich zu: „Es ist für uns tatsächlich keine dankbare Situation, die Saison bei diesem bärenstarken Gegner abschließen zu müssen – so reizvoll es auch sein mag, noch einmal im Grünwalder Stadion spielen zu dürfen.“

Für die schon längst als Absteiger feststehenden Pipinsrieder wird es allerhöchste Zeit, dass endlich die Sommerpause beginnt. Dass die für sie so vermaledeite Saison 2022/23 endlich vorbei ist. Am Samstagnachmittag standen ihnen nur noch 13 Aktive zur Verfügung. Der Rest des Kaders: gelbgesperrt, krank beziehungsweise verletzt. Und bis zum Mittwoch dürfte sich die personelle Lage kaum verbessern.

Apropos Personal: Gleich zehn Spieler wurden vor dem Heimmatch gegen den SV Wacker Burghausen offiziell verabschiedet: Alexander Langen, Halit Yilmaz, Ryosuke Kokuchi, Ahanna Akbowo, Nickoy Ricter, Faton Dzemailji, Munkyu Seo, Belmin Idizovic, Junes Amdouni sowie Mohammed Amouni. Daniel Jelisic hingegen fehlt in dieser Auflistung – und das aus gutem Grund, denn er hat am Samstag für ein weiteres Jahr beim FCP zugesagt. „Insbesondere die neue Marschroute der Verantwortlichen, familiärer und geerdeter aufzutreten, hat mir die Entscheidung erleichtert“, erklärt der 23-Jährige – sehr zur Freude von Maltas: „,Dani’ ist ein qualitativ hochwertiger Mittelfeldstratege mit großen Führungsqualitäten. Wir sind sehr zuversichtlich, dass er in der kommenden Saison eine sehr wichtige Rolle für uns spielen wird.“

Als diese Vertragsverlängerung auch feierlich im Sportheim bekanntgegeben wurde, verfolgte Konrad Höß das mit großem Interesse. Ja, „Mister Pipinsried“ ist wieder da – mittendrin in seinem Verein, wie sich das gehört. Und wie es sich eigentlich schon vor einigen Jahren gehört hätte, wurde er nun endlich auch mit der Ehrenpräsidentenwürde ausgestattet. Der neue Klubchef Benny Rauch hatte genau das unmittelbar nach seiner eigenen Wahl vor wenigen Wochen versprochen – und er hielt jetzt, am Samstagnachmittag im Rahmen einer verlängerten Halbzeitpause, sein Wort.

„Kathi wusste, dass ich nie nebenaus gegangen wäre“

Wie anfangs bereits erwähnt, erklangen da zunächst zwei Alphörner. Dann gab’s die Ehrenpräsidenten-Urkunde für Höß – und der 82-Jährige, den alle nur liebevoll „Konny“ nennen, schnappte sich das Mikrofon. Unnachahmlich, ohne Manuskript, legte er los – erzählte von der Anfangszeit des FCP nach dem Gründungsdatum 25. Februar 1967, vom ersten Fußballplatz („eine Wiese, auf der wir gar nicht hätten spielen dürfen“), von zähen Verhandlungen mit der Kirche wegen des neuen Sportgeländes („Gut, dass ich als Bub Ministrant gewesen war“), und so weiter, und so weiter. Sein glückliches Lächeln hierbei: unbezahlbar. „Hier heute ausgezeichnet zu werden, das ist für mich eine besondere Ehre. Das geht mir tief zu Herzen“, so „Mister Pipinsried“ – um hierbei auch ein bisschen traurig zu werden. Denn natürlich dachte er in diesen Momenten an seine „Kathi“ – seine im Februar 2021 verstorbene Ehefrau: „Sie hat mir immer den Rücken gestärkt, hat mich immer unterstützt – wobei sie natürlich auch immer wusste, dass ich nie nebenaus gegangen wäre.“

Höß wirkte gerührt bei der Ehrung, erzählte, redete. Und wenn die Spieler nicht aus der Halbzeitpause gekommen wären – seine Ansprache wäre wohl noch munter weitergegangen. Wogegen die offiziell nur 155 Zuschauer definitiv nichts einzuwenden gehabt hätten. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, was sich nach dem Seitenwechsel in Sachen Fußball so tat – denn innerhalb von nur 45 Minuten kassierte die Pipinsrieder Mannschaft da gleich sechs Gegentreffer.

Nickoy Ricter fliegt mit Rot vom Platz

Vor dem Pausenpfiff war das Match noch torlos geblieben – mit zwei Teams die sich komplett auf Augenhöhe begegneten. Dann allerdings ließ sich Ricter zu einem groben Foulspiel in Höhe der Mittellinie an Dennis Schmutz hinreißen − und nach dieser dämlichen Aktion des 27-Jährigen blieb Schiedsrichter Felix Wagner (Glött) nichts anderes übrig, als die Rote Karte zu zücken (45.).

Der FCP also eine Halbzeit lang nur noch zu zehnt: Das ging nicht lange gut. Zwar parierte Keeper Daniel Witetschek zunächst noch bravourös einen von Thomas Winklbauer geschossenen Elfmeter (48.) – aber nur 60 Sekunden später köpfte Edin Hyseni doch mutterseelenallein nach einem Eckstoß von der rechten Seite zum Burghausener 1:0 ein. Und nach diesem Gegentreffer brachen bei den Pipinsriedern (wieder einmal) alle Dämme – mit der Konsequenz, dass Hyseni (54./62.), Kenneth Sigl (55.) sowie Aboubacar Cisse (66./71.) das Resultat sogar noch auf 6:0 für die Gäste von der Salzach ausbauten. Diese sicherten sich damit endgültig den Klassenerhalt in der Regionalliga Bayern.

„Hoffen wir, dass es in der nächsten Saison wieder besser wird“

Höß verfolgte das alles mit sorgenvollem Blick von seinem Stammplatz aus – nahe der Eckfahne, beim Aufgang zum Sportheim. „Hoffen wir einfach mal, dass es in der nächsten Saison, dann in der Bayernliga, wieder besser wird“, so der 82-Jährige. Damit spricht er wohl allen Pipinsrieder Anhängern aus dem Herzen.

SZ