„Eine lebendige Diskussion“
Vom Minifußball bis zum Spielplan: Es gibt durchaus Probleme – BFV-Präsident Kern in Kienberg

30.01.2024 | Stand 30.01.2024, 11:52 Uhr

BFV-Präsident Christoph Kern (am Mikro), der BFV-Kreisvorsitzende Michael Baumann (rechts) und der BFV-Bezirksvorsitzende Robert Schraudner (links) diskutierten in Kienberg mit den zahlreich erschienenen Vereinsvertretern. − Foto: Fabian Frühwirth/BFV

Wenn es in meiner Kindheit schon Minifußball gegeben hätte, stünde ich wahrscheinlich nie hier.“ BFV-Präsident Christoph Kern blickte in verdutzte Gesichter der Fußball-Funktionäre in Kienberg, ehe er aufklärte: „Ich war der kleine Dicke, der die Koffer getragen hat. Spielen durfte ich nur zweimal: einmal beim Stand von 14:0 und einmal bei 0:7. Deshalb habe ich aufgehört und bin Schiedsrichter geworden“ – der Beginn einer Verbandskarriere.

Fast 90 Minuten nahm sich Kern Zeit für das Gespräch mit Trainern, Jugend- und Abteilungsleitern aus dem Kreis Inn/Salzach. Die Einführung der neuen Formate im Kinderfußball für die ganz Kleinen war nur eines der Themen auf der Wintertagung, zu der der Kreisvorsitzende Michael Baumann (Rosenheim) erstmals eingeladen hatte. „Es geht doch nur darum, dass die Kinder kicken. Da brauche ich keine Tabelle“, warb der Verbandspräsident. „Jedes Kind lernt mit jedem Ballkontakt.“

Die ersten Turniere, „Festivals“ genannt, laufen längst, auch im Kreis Inn/Salzach. Und die Resonanz an der Basis ist durchaus positiv. „Man hätte damit schon vor 20 Jahren anfangen sollen“, meldete sich einer der Vereinsvertreter zu Wort. Nur der Aufwand für die Veranstalter sei groß, räumte auch der neue Kreisjugendleiter Andi Schulz (Emmerting) ein. „Wenn es für die Kinder etwas bringt, kann der Aufwand nicht groß genug sein“, meinte Kern. Allein im Kreis seien bereits 140 solcher Turniere angemeldet worden, 280 Trainer und Jugendleiter ließen sich mit den Regeln vertraut machen, berichtete Schulz. „Der Minifußball läuft.“

Die Fußballverbände hätten das Thema den Vereinen aber lange nicht gut vermittelt, gab sich Kern selbstkritisch – ähnlich wie bei der Umstellung des Hallenfußballs auf Futsal-Regeln: „Futsal kämpft heute noch um Akzeptanz.“ Das zeigt sich auch im Kreis Inn/Salzach, wo traditionelle Hallenturniere wie der Rosenheimer Sparkassenpokal großen Zulauf haben, die offizielle Futsal-Meisterschaft aber um Teilnehmer kämpfen muss. „Das wird nie etwas, wenn man das nicht verbindlich vorgibt“, sagte ein Vereinsvertreter – der sich als Futsal-Befürworter sieht. Doch das will der BFV nicht, wie der oberbayerische Bezirksvorsitzende Robert Schraudner klarmachte: „Wir zwingen niemanden, Futsal zu spielen.“

Gute Nachrichten hatte Schraudner von den Schiedsrichtern: Die Trendwende ist vorerst geschafft. 2023 wurden 1431 Unparteiische ausgebildet, unter dem Strich ist ihre Zahl bayernweit um 500 gewachsen. Doch ein Wermutstropfen bleibt: Mehr als ein Drittel wirft in den ersten zwei Jahren das Handtuch. Das zu verhindern, haben sich die „Schiedsrichterfreunde Chiem“ auf die Fahnen geschrieben. Der Vorsitzende Tobias Spindler (SV Ostermünchen) stellte den neu gegründeten Förderverein und dessen Nachwuchskonzept vor, das bisher einmalig in Bayern ist: Die jungen Schiedsrichter sollen nicht nur betreut und begleitet werden, sondern auch Abenteuer und Erlebnisse sammeln. Denn einfach sei das Amt nicht, sagt Spindler: „Der Ton auf den Fußballplätzen ist ein anderer geworden. Man braucht schon ein dickes Fell.“

BFV-Kreischef Baumann hatte die Vereine eingeladen, um Zeit für die Themen zu haben, die auf den traditionellen Sommertagungen oft zu kurz kommen. Am meisten beschäftigt die Vereine offenbar der Terminkalender: Zu früh gehe die Saison los, ausgerechnet zu Beginn der Sommerferien, und Ende Mai sei schon wieder Schluss, wenn das Wetter am schönsten sei. Spielfreie Wochenenden zwischendurch sind nicht gerne gesehen. Und: Herren und Frauen sollten ihre Saison angleichen – schließlich gebe es inzwischen nicht wenige Fußballer-Pärchen, die gerne gemeinsam in Urlaub fahren würden. Die Relegation, die alle Ligen von oben bis ganz unten verzahnt, zwinge dazu, die Saison gleichzeitig zu beenden, warb BFV-Vize Schraudner um Verständnis. Eine Lösung ist aber in Sicht. Kreisspielleiter Chris Sofis (Seebruck) will sich im März mit den Vereinen aus dem Kreis zu dezentralen Workshops treffen, um Möglichkeiten unter anderem für einen neugestalteten Kalender auszuloten.

Mehr als drei Stunden seien wie im Flug vergangen, „eine sehr lebendige Diskussion“, stellte Baumann fest. Keine langatmigen Referate, keine Flut von Details. So sollten künftig auch die Spielgruppentagungen im Sommer aussehen, die für Herren, Frauen und Junioren gemeinsam abgehalten werden sollen: drei statt acht Termine für die Verbandsmitarbeiter, einer statt bis zu drei aus Sicht der Vereine. Schließlich überschneiden sich die Inhalte weitgehend. Die Vereine finden das gut: 42:5 Stimmen beim Online-Voting sprachen eine deutliche Sprache. Der Kreis Inn/Salzach könnte damit zum Vorbild werden: „Berichten Sie mir dann, wie es gelaufen ist“, verabschiedete sich Präsident Kern.

− ah