Profifußball nahe an der Grenze
Domazlice hat Zweitliga-Aufstieg im Visier – Verantwortlich ist ein auch diesseits der Grenze gut bekannter Funktionär

25.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:33 Uhr

Im Stadion: Jaroslav Tichacek, Clubpräsident und Hauptsponsor von Jiskra Domazlice, hofft auf den Aufstieg in Profiliga zwei. Simon Tschannerl Foto: Simon Tschannerl

Für einen kleinen Verein könnte bald ein ganz großer Traum Wirklichkeit werden: Jiskra – übersetzt „Funke“ – Domazlice hat realistische Chancen, den Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse Tschechiens, eine reine Profiliga; zu schaffen. Verantwortlich dafür ist mit Jaroslav Tichacek ein auch diesseits der Grenze gut bekannter Funktionär.



Der Antrag auf die entsprechende Profilizenz hat der Klub aus der 13000 Einwohner zählenden Kleinstadt keine 15 Kilometer von der ostbayerischen Grenze entfernt. bereits eingereicht, erzählt Präsident und Hauptsponsor Jaroslav Tichacek, „wir würden das Abenteuer gerne unternehmen“.

Die Infrastruktur wäre da



Zwei große überdachte Tribünen mit Sitzschalen, viele Stehplätze, moderne Umkleidekabinen, eine (kleine) Videoleinwand, daneben ein Kunstrasenplatz, der momentan saniert wird: Stolz blickt sich Tichacek im Stadion Strelnice („Schießstand“) nahe des Stadtzentrums um.

In den vergangenen Jahren sei die nötige Infrastruktur geschaffen worden, um im Profibereich mitzuspielen. „Eine Belohnung für viele Jahre viel Arbeit“ des ganzen Vereins wäre deshalb der ersehnte Aufstieg, erzählt der Präsident, der auch in Ostbayern sehr gut bekannt ist, unter anderem durch seine rund zehnjährige Tätigkeit für den ASV Cham. Er hatte auch viel mit Alois „Ali“ Kindler, damals einer der schillernden Figuren des ostbayerischen Fußballs, zu tun.

Der Schierlinger, der später auch im Vorstand des SSV Jahn Regensburg mitmischte, war früher als schussstarker Linksfuß auf dem Platz gefürchtet, dann Erfolgstrainer und eben auch Türöffner nach Osten – unter anderem zu Jaroslav Tichacek.

Das Fußballgeschehen jenseits der Grenze (aus seiner Sicht) hat Tichacek auch immer noch im Blick, sowohl in der Bundesliga, als auch in den unteren Klassen: „Allen Respekt vor dem, was in Vilzing geschaffen wurde“, sagt er etwa, auch freut er sich, dass „sein“ ASV Cham den Klassenerhalt in der Bayernliga geschafft hat.

Hohe Hürde Relegation



Momentan gilt das Augenmerk aber in erster Linie dem eigenen Verein und dem möglichen großen Sprung in die Welt des Profifußballs. Bisher spielen bei Jiskra Amateure und Halbprofis, in der zweiten Liga wäre das nicht mehr möglich. Viel Arbeit, viel Geld: „Wir müssten den Etat verdoppeln“, berichtet Tichacek, dies sei aber zu realisieren. Daran soll der Traum nicht scheitern.

Davor stehen aber auch erst einmal noch sportliche Hürden. Die vermeintlich leichtere: An den letzten drei Spieltagen die Tabellenführung in der Gruppe A der Ceska Fotbalova Liga (CFL) zu verteidigen. Derzeit hat das Team vier Punkte Vorsprung auf den ärgsten Verfolger, die zweite Mannschaft von Bohemians Prag (Zweitvertretungen von Erstligisten dürfen im Gegensatz zu Deutschland in Tschechien in der zweithöchsten Spielklasse antreten).

Dann käme die letzte extrem schwere Prüfung mit der Relegation in Hin- und Rückspiel gegen den sehr souveränen Meister der B-Staffel Böhmens höchster Liga, den ehemaligen Erstligisten Viktoria Zizkov aus Prag. „Wir wären gegen Zizkov der klare Außenseiter“, sagt Tichacek, aber: „Wir spielen eine sehr gute Saison und würden die Aufgabe mit viel Courage angehen. Und in zwei Spielen ist immer alles möglich.“

Schon im Pokal habe Jiskra mehrmals gegen höher eingeschätzte Mannschaften überraschen können, einmal gelang sogar der Einzug in das Viertelfinale – für einen Drittligisten eine bemerkenswerte Leistung.

Ehemaliger Nationalspieler im Kader



Die Mischung im Kader stimme, sagt Tichacek, neben einigen jungen Talenten stünden erfahrene Akteure, die teilweise auch schon seit vielen Jahren im Jiskra-Trikot auflaufen („Auch für sie wäre es ein Märchen, den Aufstieg zu schaffen“), auf dem Rasen.

Der bekannteste Name ist der ehemalige tschechische Nationalspieler David Limbersky (39). Ein Glücksgriff, so der Clubpräsident, sei auch Trainer Pavel Vaigl, der in der Kabine den richtigen Ton treffe und offensiven Fußball spielen lassen. Ein Wermutstropfen: Vaigl könnte mangels der nötigen Trainer-Lizenz den Weg in die zweite Liga nicht mitgehen, der Verein müsste sich auf die Suche nach einem neuen Übungsleiter machen.

Um die Zukunft des Vereins ist Tichacek, der sich dort seit mehr als 15 Jahren engagiert, nicht bange, auch wenn der Aufstieg nicht gelingen sollte. Rund 200 Kinder und Jugendliche kicken in der Nachwuchsabteilung in den verschiedenen Altersstufen, darunter auch viele Mädchen. „Jeden Tag geht es ab 15 Uhr auf den Plätzen deshalb rund“, erzählt der erfahrene Funktionär.

Kooperation mit Meister Pilsen



Und auch die Kooperation „nach oben“ stimmt: Mit dem noch amtierenden tschechischen Meister Viktoria Pilsen pflegt der Verein beste Kontakte. Denkbar wäre deshalb etwa auch, dass junge Spieler aus Pilsen Spielpraxis bei Jiskra in der zweiten Liga sammeln könnten, sofern der Aufstieg gelingt: „Das wäre hilfreich für alle“ – und dank der kurzen Entfernung der beiden Städte auch relativ leicht durchführbar.

Jenseits der Grenze haben die Erfolge Domazlices bisher noch nicht für ein großes Echo gesorgt, einige Fans aus dem Nachbarland kämen aber regelmäßig zu den Heimspielen, weiß Tichacek. In der zweiten Liga (oder auch schon in der Relegation) könnten es aus seiner Sicht gerne mehr werden. „Wir freuen uns über jeden Unterstützer“, betont der Präsident in sehr gutem Deutsch. Und der Weg zu anderen Profivereinen wäre zumindest von der Grenzregion aus weiter……

Restprogramm und mögliche Relegation



Neun Punkte noch zu vergeben: Drei Spieltage hat Jiskra Domazlice in der regulären Saison noch zu absolvieren. Zunächst geht es am Sonntag um 10.15 Uhr (in Tschechien übrigens keine ungewöhnliche Anstoßzeit) zur B-Mannschaft von Dukla Prag, die auf Rang neun steht. Danach folgt am Samstag, 3. Juni, um 17 Uhr das Heimspiel gegen das schon abgestiegene Schlusslicht Banik Sokolov, bevor es zum Abschluss am Samstag, 10. Juni, um 10.15 Uhr beim Tabellenfünften Admira Prag um Punkte geht.

Relegation im Europapokal-Modus: Sollte die Mannschaft von Trainer Pavel Vaigl (ein ehemaliger Erstliga-Spieler) ihren Vorsprung verteidigen und Staffelmeister werden, ginge es in einer Relegation gegen den souveränen Sieger der B-Gruppe, Viktoria Zizkov aus Prag, um den Aufstieg in die zweite Liga. Diese würde mit Hin- und Rückspiel im Europapokal-Modus ausgetragen.