Nach Tor gegen Spanien
„Er gibt der Mannschaft sehr viel“: Alle schwärmen von Füllkrug – aber er muss wohl wieder auf die Bank

28.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:21 Uhr

Traf gegen Spanien zum 1:1: Nicolas Füllkrug. −Foto: dpa

Niclas Füllkrug blieb auch nach seinem ersten WM-Tor der coole Niclas Füllkrug.

Der 29 Jahre alte Mittelstürmer des SV Werder Bremen, der mit seinem Joker-Tor der deutschen Mannschaft einen wertvollen Punkt beim 1:1 gegen Spanien bescherte, sah keinen Grund, nach seiner ersten echten Großtat als Fußball-Nationalspieler auszuflippen.

„Ich bin in solchen Situationen sehr entspannt, es ist ja nicht das erste wichtige Tor“, sagte Füllkrug nach Mitternacht im Al-Bait-Stadion und ergänzte mit Blick auf die vor dem letzten Vorrundenspiel gegen Costa Rica am Donnerstag weiterhin knifflige Gruppen-Konstellation. „Wir brauchen jetzt auch nicht durchzudrehen, es ist ein 1:1 und kein Sieg.“

Er, der so spät berufene Mittelstürmer, ist aber am Sonntagabend zu Deutschlands Hoffnungsträger bei der Weltmeisterschaft in Katar aufgestiegen. „Ich glaube, es war wichtig, das irgendjemand den Knoten hat platzen lassen“, sagte er bescheiden. Er tat das bei seinem Tor, das zu einem Vollblutstürmer passte. Er klaute dabei Jamal Musiala mal eben den Ball vom Fuß, nahm ihn mit links mit und versenkte ihn wuchtig hoch im langen Eck.

„Ich war einfach total im Lauf. Und dann lag der Ball mir vor den Füßen. Und dann war es einfach nur Instinkt, der dort gehandelt hat. Das ist ein Automatismus. Dass der Ball so in der Ecke landet, ist schön“, schilderte Füllkrug seinen großen Moment.

Von Bundestrainer Hansi Flick gab es ein dickes Lob. „Ich denke, dass er gezeigt hat mit seiner Entschlossenheit, wie man Tore schießt. Das zeichnet ihn aus. Deswegen ist er auch dabei. Er gibt der Mannschaft sehr viel, nicht nur dieses Tor.“ Auch die Führungskräfte in der Mannschaft hat Füllkrug im Eiltempo von seinen Qualitäten und seinem Charakter überzeugt. „Ich denke, Niclas gibt uns etwas da vorne, was wir so nicht haben“, sagte Abwehrchef Antonio Rüdiger zum lange ersehnten echten Neuner in der Sturmspitze.

Kapitän Manuel Neuer imponiert die Entschlossenheit von Füllkrug, die er auch bei seinem Tor demonstrierte. „Ich glaube, es gibt solche Instinkt-Spieler, die diese Entscheidung einfach treffen. Er hat das sehr selbstbewusst und zielsicher gemacht bei dem Schuss. Das brauchen wir.“

Füllkrug hat spätestens durch sein Tor auch die Diskussionen über einen Startelfeinsatz eröffnet. Nach Ansicht der TV-Experten hat er sich einen Platz in der deutschen Anfangsformation verdient. „Ich hätte ihm im ersten Spiel schon die Startelf gegeben. Er beweist immer wieder seine Angriffslust und er hat bewiesen, dass es richtig ist, dass er dabei ist“, sagte die frühere Nationalspielerin Tabea Kemme bei Magenta TV. Das dritte Vorrundenspiel in Gruppe E findet am Donnerstag gegen Costa Rica statt. Dabei geht es um den Einzug ins Achtelfinale des Turniers im Golfemirat.

„Der zieht einfach ab, in Bremer Manier. Damit hat er ein gutes Bewerbungsschreiben abgegeben für das nächste Spiel“, sagte Ex-Weltmeister Per Mertesacker im ZDF.

Der Bremer Füllkrug ist mit zehn Treffern für den SV Werder derzeit der erfolgreichste deutsche Stürmer in der Bundesliga. „Er hat das Momentum, Hut ab“, sagte der ehemalige Nationalspieler Michael Ballack und regte an: „Die Jungs, die in der Liga die Form haben, sollten ihre Chance kriegen. Warum ihn nicht ins kalte Wasser werfen?“

Ex-Bayern-Profi Ballack bezeichnete die Einwechslung von Füllkrug durch Bundestrainer Hansi Flick in der 70. Spielminute für Thomas Müller als „Game-Changer“. Im nächsten Spiel dürfte sich der Spanien-Held aber wohl wieder mit der Jokerrolle begnügen müssen. Den Profi von Werder Bremen ins Sturmzentrum zu stellen sei „kein Allheilmittel“, sagte Assistenztrainer Marcus Sorg am Montagmittag. Man müsse sehen, „welche Wirkung welcher Spieler zu welchem Zeitpunkt hat. Man sollte diese Wirkung nicht verlieren.“

Diesen Effekt hatte Füllkrug sowohl in seinem Länderspieldebüt bei der WM-Generalprobe im Oman (1:0), als auch am Sonntag im WM-Spiel gegen Spanien (1:1) als Einwechselspieler. Die Idee des Trainerstabs um Chef Hansi Flick sei es, beim Zusammenstellen der Startelf „auf Basierendem aufzubauen“, meinte Sorg: „Wir brauchen eine gewisse Struktur, Stabilität und Sicherheit. Sicherheit kommt über Konstanz.“ Hansi Flick wollte sich zur Starplatzfrage noch nicht äußern. Die Frage, ob der Bremer im Gruppenfinale gegen Costa Rica am Donnerstag von Beginn an auflaufen werde, komme aber „zu früh“.

− dpa/sid/red