Neustart nach dem WM-Desaster
Nmecha statt Müller, Berisha statt Sané: Flicks Neulings-Kur für die Nationalelf

17.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:51 Uhr

Gegen Bayern traf er zweimal: Augsburgs Mergim Berisha. Jetzt darf der FCA-Stürmer, ein echter Neuner, in der A-Nationalmannschaft ran. −Foto: dpa



Hansi Flick hat für den Neustart der Fußball-Nationalmannschaft nach dem WM-Debakel fünf Debütanten nominiert. Der Bundestrainer berief für die Länderspiele gegen Peru (25. März/Mainz) und Belgien (28. März/Köln) Josha Vagnoman, Marius Wolf, Mergim Berisha, Kevin Schade und Felix Nmecha in sein 24-köpfiges Aufgebot. Das sind die Neuen:

MERGIM BERISHA (Stürmer, 24, FC Augsburg): FCA-Coach Enrico Maaßen sieht „wenige bessere Neuner in Deutschland“ als den U21-Europameister von 2021, Torwart Rafal Gikiewicz stellte ihn sogar über zwei Weltstars. „Er hat gute Tore geschossen und gegen Upamecano gute Zweikämpfe gewonnen – mehr als Mbappe und Messi“, sagte er nach Berishas Doppelpack beim FC Bayern. In vier Spielen gegen den Rekordmeister hat er fünfmal getroffen, sogar dessen Sportchef Hasan Salihamidzic lobte: „Er ist vor der Kiste sehr gut.“ Den „Adler auf der Brust zu tragen“, sagte Berisha, „war immer mein Traum“.

FELIX NMECHA (Mittelfeldspieler, 22, VfL Wolfsburg): Einen Nmecha in der Nationalmannschaft zu sehen, ist nicht neu - Felix hatte seinen großen Bruder Lukas als Vorbild. Der hat bereits sieben Länderspiele absolviert, tiefe Spuren dabei allerdings noch nicht hinterlassen. Derzeit ist er verletzt. Felix Nmecha hingegen steht erstmals im A-Kader. Der 22-Jährige, geboren in Hamburg, ist ein vielseitiger Offensivspieler, der auch schon seinen ersten Shitstorm hinter sich hat: Er teilte bei Instagram ein transphobes Video eines amerikanischen Rechtspopulisten. Nach heftiger Kritik erklärte er dies mit seinem christlichen Glauben.

KEVIN SCHADE (Stürmer, 21, FC Brentford): Der junge Angreifer gilt als eines der Beispiele dafür, wie überhitzt der Transfermarkt ist. Im Winter wechselte er auf Leihbasis nach Brentford - nach seinen ersten acht Bundesliga-Kurzeinsätzen (ein Tor) für den SC Freiburg. Ein Premier-League-Tor ist ihm in sieben Spielen seitdem noch nicht gelungen. Im Sommer werden 25 Millionen Euro Ablöse fällig. Die DFB-Elf sei „ein Traumziel“, sagt Schade, Flick schickte ihm nach seinem Transfer schon eine Motivationsnachricht aufs Handy. In der U21 hat Schade in fünf Spielen vier Mal getroffen.

JOSHA VAGNOMAN (Rechtsverteidiger, 22, VfB Stuttgart): Bruno Labbadia musste sich zuletzt mehrfach erklären - denn der VfB-Trainer lässt auf der rechten Abwehrseite lieber den Innenverteidiger Waldemar Anton spielen als Josha Vagnoman, der für diese Position ausgebildet wurde. Denn Vagnoman, kompletter Vorname Josha Mamadou Karaboue, so argumentiert Labbadia, habe „einen großen Teil der Vorbereitung nicht mitmachen können“. Allerdings, sagt er, sei der Rechtsverteidiger „im Kommen. Er ist stabil. Das ist gut“. Hansi Flick hatte wohl auch seinetwegen angekündigt, er werde mal jemanden dazuholen, der vielleicht im Verein kein Stammspieler sei.

MARIUS WOLF (Rechtsverteidiger, 27, Borussia Dortmund)

Ein sehr, sehr unwahrscheinlicher Held: Noch im Winter wäre eine Nominierung von Marius Wolf für die Nationalmannschaft undenkbar gewesen. Doch dann startete der BVB unwiderstehlich seine große Siegesserie, und Wolf empfahl sich immer wieder als harter Arbeiter, der seine taktischen Aufgaben zuverlässig ausführt, schnell und kampfstark ist - und ab und an gefährlich wird. Da in der DFB-Elf Außenverteidiger verzweifelt gesucht werden, kam sein Aufschwung genau im richtigen Moment. So kann es mit 27 ein spätes Debüt geben.

Prominent besetzt ist die Liste mit Namen, auf die Flick erstmal verzichtet. Thomas Müller, Ilkay Gündogan und natürlich Kapitän Manuel Neuer, der nach seinem Beinbruch an einem Comeback arbeitet, standen als temporäre Streichkandidaten schon fest. Nicht dabei sind zum Auftakt aber auch Leroy Sané, Niklas Süle, Antonio Rüdiger und Lukas Klostermann. Als dauerhafte Ausbootung seien die Entscheidungen nicht zu verstehen, das machte Flick deutlich. „Alle, die wir weggelassen haben, haben eine enorme Qualität, die tut uns gut. Wir wollen den Kader breit aufstellen, damit wollen wir im März anfangen“, begründete der Bundestrainer seine Personalentscheidungen.