Lutz Pfannenstiel (49) aus Zwiesel spielte als erster Aktiver weltweit Profifußball auf allen Kontinenten, arbeitet heute als Sportdirektor beim MLS-Klub St. Louis City. Für heimatsport.de berichtet der internationale Fußball-Experte als Kolumnist über die WM.
Von Lutz Pfannenstiel
„Mir geht es wahrscheinlich wie so vielen Fußball-Fans in diesen Tagen: Diese Winter-WM ist gewöhnungsbedürftig: Mit Fußball zwischen Adventskalender und Tannenbaum tu’ ich mich einfach schwer. Und den Spielern tut man mit dieser Termindichte ja auch keinen Gefallen. Vor ein paar Tagen waren noch Liga-Betrieb und internationale Klub-Wettbewerbe. Die Folgen werden wohl im Frühjahr und Frühsommer zu sehen sein. Ich erinnere an den Afrika-Cup, der ja auch immer im Januar stattfindet. Die Spieler, die dort teilnahmen, hatten in der Folge immer über längere Zeit mit Problemen zu kämpfen. Und dann haben wir natürlich das politische Thema. Die Kritik ist absolut gerechtfertigt. Wir leben nicht in der Steinzeit. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Spieler und Mannschaften, sobald es losgeht, sich auf den Sport konzentrieren sollten. Und das werden sie auch tun.
Hansi Flicks Kader finde ich hochinteressant. Niclas Füllkrug wird sich in jeden Fall beweisen wollen auf diesem Niveau. Mit Youssoufa Moukoko hat die Mannschaft einen Jungen, der vor Ehrgeiz nur so sprüht. Er hat in seinem Repertoire sämtliche Werkzeuge, die es braucht, um etwas zu bewirken. Mario Götze hat mich überrascht, weil er ja wirklich längere Zeit weg war. Und welchen Impact er dann bei Eintracht Frankfurt hatte! Er wird der deutschen Mannschaft mit Sicherheit eine große Hilfe sein. Das letzte Testspiel im Oman sollte man nicht als Maßstab nehmen, obwohl der 1:0-Sieg nicht unbedingt schön anzuschauen war.
Für mich persönlich wird die WM eine intensive Reiserei zwischen den einzelnen Fernsehstudios. Da wäre es natürlich schön, über eine deutsche Mannschaft reden zu können, die das vorhandene Potenzial auch abrufen kann und schon in der Gruppenphase zeigt, dass mit ihr zu rechnen ist. Die mit Abstand tiefsten und breitesten Kader haben Brasilianer und Franzosen. Was das wert ist, wird man im Turnierverlauf sehen. Über den ewigen Geheimfavoriten Belgien sage ich lieber nichts mehr. Mein Geheimtipp sind die Dänen, die uns ja schon bei der EM begeistert haben.“
An diesem Montag kommentiert Lutz Pfannenstiel als TV-Experte im ZDF die WM-Begegnung zwischen Wales und den USA (Anstoß 20 Uhr)
