Olympia-Held spielt am Freitag gegen Crimmitschau
Vorfreude auf Landshut, Ärger über DEL: Felix Schütz – und sein emotionales Comeback in Liga 2

05.11.2020 | Stand 18.09.2023, 22:17 Uhr

Bestreitet am Freitag sein erstes DEL2-Spiel: Nationalspieler und Olympia-Silbermedaillengewinner Felix Schütz. −Foto: Michael Sigl

Er war Teil der Silber-Mannschaft bei Olympia 2018, WM-Held und Weltenbummler. Jetzt ist Eishockeyspieler Felix Schütz (33) zurück bei seinem Jugendklub EV Landshut – in der DEL2. Eine willkommene Chance in schwierigen Zeiten.

Kreischen im Hintergrund, Felix Schütz ist kaum zu verstehen. "Ich bin gerade mit den Kindern alleine, die verstehen das nicht so ganz, dass ich jetzt ein Interview führen muss." Daheim in Erding genießen sie es, dass der Papa jetzt öfter da ist. Es sind die Sonnenseiten dieser Pandemie, die Familienvater Schütz die Unsicherheiten der vergangenen Monate immer wieder vergessen lassen. Am Freitag, mit dem Saisonstart der DEL2, kehrt zumindest wieder ein bisschen Normalität ein für den Nationalspieler und Olympia-Helden von 2018.

Ein paar Momente später, anderer Raum, andere Lautstärke. Stille. Eine Atmosphäre, die Felix Schütz in den kommenden Wochen öfter erleben wird, als ihm recht ist. Im Sommer ist er zum EV Landshut zurückgekehrt. Am Freitag (20 Uhr, Sprade TV) feiert er gegen Crimmitschau sein Comeback für den Verein, bei dem er einst zum Profi reifte.

Von dort zog er 2005 hinaus in die weite Welt. Er spielte in Kanada, den USA, Russland, Lettland, Schweden. 2010 entfachte er mit seinem Siegtreffer gegen die USA beim Auftakt der Heim-WM vor 78000 Zuschauern eine Eishockey-Euphorie. 2018 war er Teil der Silber-Mannschaft bei Olympia. Das deutsche Eishockey boomte erneut. Heute, im Herbst 2020, kämpft es ums Überleben.

In einer Sportart, die wie kaum eine andere von Zuschauereinnahmen lebt, sind Geisterspiele eigentlich das Todesurteil. Die DEL, in der Schütz – bis zur Corona-Pause im März bei den Straubing Tigers unter Vertrag – jetzt eigentlich spielen würde, hat immer noch nicht begonnen. DEL2 und Oberliga starten dank staatlicher Hilfen an diesem Wochenende. "Was diese Zeit im Eishockey für Schäden anrichten wird, werden wir hinterher erst sehen", sagt Schütz. Er ist dankbar, überhaupt spielen zu dürfen – wenn auch eine Liga tiefer als eigentlich angestrebt. Eine Win-Win-Situation sei sein Engagement in Landshut. Der EV bekommt einen Top-Stürmer. Und Schütz?

"Ich kann Eishockey spielen." Mehr braucht es derzeit gar nicht. "Wir waren im März von einem Tag auf den anderen kaltgestellt. Wenn ich jetzt sieben oder acht Monate nicht auf dem Eis gestanden hätte, dann würde ich bei Null wieder anfangen. So bin ich seit Wochen im Training und topfit."

Landshut, daraus macht der gebürtige Erdinger keinen Hehl, soll im Optimalfall nur ein Zwischenstopp sein. "Ich will immer so hoch wie möglich spielen", sagt er. Und derzeit ist die DEL2 in Deutschland eben die Top-Liga. Bis die DEL am 18. Dezember startet. Wenn sie denn startet. Am 19. November soll die Entscheidung dazu fallen. Schütz zweifelt leise daran: "Wenn es im Dezember wieder nichts wird, dann bist du schon im Januar und dann kannst du irgendwann sagen: Ja gut, jetzt brauchen wir auch nicht mehr anfangen." Schütz, Gründungsmitglied der Spielergewerkschaft SVE, ist in diesen Wochen einer der härtesten Kritiker der DEL.

Die Kommunikation zwischen Liga und Spielern sei schlecht, sagt er. "Natürlich ist das allgemein ein schwieriges Jahr. Aber man hätte von Seiten der Liga versuchen müssen, transparenter mit uns Spielern zu reden. Wie müssen die Spielergehälter angesetzt werden, damit Geisterspiele finanziell stemmbar wären?" Diese Frage stelle sich die DEL erst jetzt, weil der Druck von Klubs und Spielern immer größer werde. Dabei seien die meisten auch im Sommer schon zu finanziellen Kompromissen bereit gewesen. "Das hätte man im Juni oder Juli auch schon angehen können. Man hat gemeint, man kann die Phase der Geisterspiele aussitzen, aber dadurch hat man extrem viel Zeit verloren."

Gut für Landshut. Ohne die Hängepartie in der DEL hätten sie Schütz wohl nie verpflichten können. "Ich kenne noch viele Leute in Landshut, daher war das für mich schnell klar", sagt Schütz. Er hat einen Vertrag bis Jahresende beim EV – mit Ausstiegsklausel. "Es ist klar kommuniziert, dass ich, wenn die DEL startet und ein gutes Vertragsangebot kommt, dieses vielleicht unterschreiben werde. Ich kann mir aber genauso gut vorstellen, auch die ganze Saison in Landshut zu spielen." Er sei einfach nicht der Typ dafür, seine Karriere langsam ausklingen zu lassen und jedes Jahr eine Liga tiefer zu gehen. Schon gar nicht mit 33. "Ich fühle mich weiterhin gut genug für die DEL", sagt der Oberbayer.

Trotzdem habe er in den letzten Wochen auch daran gedacht, wie ein Leben dauerhaft ohne Eishockey wäre. "Ich werde sicher nicht spielen, bis ich 40 oder 42 bin. Ich habe andere Gedanken und Visionen." Ein paar Jahre Erstliga-Eishockey sollen es aber schon noch sein. Vielleicht ja in Straubing, mit denen er vor der Corona-Pause die Liga aufmischte? "Ich habe immer noch Kontakt nach Straubing und sicher ist da ein gegenseitiges Interesse da. Aber es muss für Straubing auch Sinn machen."

Sein Fokus liege jetzt voll auf dem Saisonstart mit Landshut. Vor leeren Rängen. "Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn du jeden Mit- und Gegenspieler auf dem Eis verstehst", sagt er. "Aber es ist jetzt eben so, ich freue mich einfach, dass es losgeht." Und für einen jungen zweifachen Familienvater kann die Stille im Stadion ja auch erholsam sein.