Der Bayern-Boss im Sportstudio
Rummenigge warnt vor Neiddebatte im Fußball – und verteidigt Impf-Aussagen

21.02.2021 | Stand 19.09.2023, 1:59 Uhr

Karl-Heinz Rummenigge war am Samstagabend zu Gast im ZDF-Sportstudio. −Foto: Screenshot ZDF / Lakota

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vom deutschen Rekordmeister Bayern München hat in Coronazeiten vor einer gefährlichen Tendenz in Bezug auf den Fußball gewarnt. "Ich glaube, wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir im Moment aus der Fußballdebatte keine Neiddebatte machen", sagte Rummenigge am Samstagabend im ZDF-Sportstudio.

Man habe Spieler mit "wahnsinnig hohen Gehältern", so der Boss des Klub-Weltmeisters, "mir wird es ein bisschen zu sehr in die Richtung interpretiert, die sind privilegiert, die dürfen spielen, die Spieler verdienen unglaublich hohe Gehälter."

Natürlich sei man sind privilegiert, weil man spiele könne. "Das ist ein Privileg", räumte Rummenigge ein, der seinen Posten bei den Bayern Ende des Jahres an Oliver Kahn weitergeben wird, "aber ich glaube trotzdem, dass es nicht schädlich ist, dass der Fußball weiter spielen darf. Das ist gut." Viele Millionen Menschen würden sich mit dem Thema Fußball befassen, seien emotional involviert.

An eine Veränderung des Fanverhaltens nach der Coronakrise glaubt Rummenigge derzeit nicht, sicher ist er sich aber auch nicht: "Das wird man sehen, wenn wieder Zuschauer ins Stadion kommen können."

Der Bayern-Boss wies auch Vorwürfe, der Fußball beanspruche in der Corona-Pandemie eine Sonderrolle, zurück. "Wir sind überhaupt nicht arrogant, wir verlangen überhaupt keine Sonderrolle", sagte der Vorstandschef des deutschen Rekordmeisters. "Der Fußball hat nach wie vor Demut." Aber auch der Profi-Fußball, der seinen Spielbetrieb derzeit ohne Zuschauer fortsetzen darf, sei von der Pandemie betroffen. "Wir sind alle in unserem Land angespannt", sagte Rummenigge. "Es ist nicht so einfach, auch für den Fußball."

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Seine Aussagen zum Impfen seien in Teilen missverstanden worden. "Wir wollen uns in keinster Weise vordrängeln", sagte Rummenigge zu der Debatte über eine mögliche Bevorzugung von Profisportlern beim Impfen, die nach seinen Aussagen entstanden war. Rummenigge hatte bei Sport1 angeregt, dass Fußball-Profis als Impfvorbilder in der Bevölkerung dienen könnten. Diese gelte selbstverständlich nur dann, "wenn es genügend Impfstoff gibt", sagte Rummenigge nun.

Die Reisen der Clubs im Europapokal verteidigte Rummenigge. "Man darf dem deutschen Fußball da keinen Vorwurf machen. Das sind keine Entscheidungen der Clubs, das ist eine Entscheidung der UEFA", sagte er mit Blick auf die Europäische Fußball-Union. "Die Alternative wäre, nicht mehr an der Champions League teilzunehmen." Zuletzt hatte RB Leipzig wegen Reisebeschränkungen sein Achtelfinale gegen den FC Liverpool in Budapest bestritten. Dies sei "diskussionswürdig, weil man den Eindruck bekommt, der Fußball hat eine Sonderrolle".

Rummenigge sprach auch über die zuletzt schwächeren Leistungen der Bayern. Diese hänge auch mit der hohen Belastung zusammen. "Die ganze Saison ist anstrengend, wir spielen jeden dritten Tag, die Spieler sind natürlich beansprucht", sagte Rummenigge. Ein Problem der Münchner in dieser Saison sieht Rummenigge darin, "dass wir manchmal zu inkonsequent sind, wir ersparen uns manchmal den letzten Meter." Dies führe dann häufig zu Rückständen. "Dann wird es natürlich anspruchsvoll", erklärte der Vorstandschef.

Angesprochen auf die Zukunft von Nationalspieler Niklas Süle reagierte Rummenigge zurückhaltend. "Er hat im Sommer noch ein Jahr Vertrag. Es werden Gespräche geführt und dann wird man sehen, zu welchen Ergebnissen die führen." Man müsse abwarten, man werde sich das Ganze bis zum Sommer "seriös und in Ruhe anschauen", so Rummenigge, "und dann werden wir eine Entscheidung fällen müssen." Der 65-Jährige machte aber deutlich, dass sich Süle für den Fall einer Weiterverpflichtung wohl auf gekürzte Bezüge einstellen müsse.

"Wir haben auch finanziell nicht mehr die Masse zur Verfügung, die wir vor Corona hatten", sagte Rummenigge, der auf die Frage, ob er sicher sei, dass Süle bleibe, antwortete: "Ich weiß nicht, wie die Gespräche laufen. Wenn wir eine Lösung finden, sind wir grundsätzlich gerne bereit, den Vertrag zu verlängern. Das wird aber nur zu gewissen Konditionen möglich sein."

Nach dem Rückschlag in Frankfurt kritisierte Rummenigge unter anderem Süles Abwehrverhalten beim zweiten Gegentreffer durch Amin Younes. "Das sind Fehler, die nicht passieren dürfen", sagte Rummenigge. Younes hatte Süle an der Strafraumgrenze versetzt und den Ball mit einem herrlichen Schuss an Manuel Neuer vorbei ins Netz gedroschen.

Zumindest für den Torschützen hatte Rummenigge lobende Worte übrig: "Der hat das toll gemacht, er hat wahrscheinlich gegen Manuel den Schuss seines Lebens abgefeuert."

− sid/dpa/red