58-Jähriger beendet seine Karriere
Mit dem Rollstuhl an die Weltspitze: Der Gotteszeller Walter Kilger hat im Tischtennis fast alles erreicht

12.07.2020 | Stand 17.09.2023, 22:04 Uhr

Auf eine bewegende und erfolgreiche Karriere blickt der Gotteszeller Walter Kilger zurück: Paralympics, Weltmeisterschaften und Europameisterschaften. Der 58-Jährige hat im Rollstuhltischtennis fast alles erreicht. Nun will er seine Karriere beenden. −Foto: Kilger

Sein Leben verändert sich schlagartig. Walter Kilger ist 22 Jahre alt, als er als Beifahrer in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt wird. Der heute 58-Jährige aus Gotteszell ist seitdem querschnittsgelähmt und mit dem Rollstuhl unterwegs. "Damals war ich als Zeitsoldat in Regen stationiert. Wäre der Unfall nicht gewesen, wäre ich wohl Berufssoldat geworden", erzählt der gelernte KFZ-Mechaniker im Gespräch mit der Heimatzeitung . Es kommt anders.

Fast ein halbes Jahr verbringt Kilger bei der anschließenden Therapie im oberbayerischen Murnau, wo er erstmals auf die dort angebotene Sportart "Rollstuhltischtennis" aufmerksam wird. "Ich war schon immer einer, der sich mit anderen messen wollte. Nachdem ich im Rollstuhl saß, war das der perfekte Ausgleich."

Kilger fängt Feuer, gründet 1989 die RSG Plattling, eine Rollstuhlsport-Sparte des TSV Plattling. Gemeinsam mit seinen neuen Mitstreitern nimmt er schon ein Jahr später am ersten Freundschaftsturnier teil. "Da haben wir ordentlich auf den Deckel bekommen und sind mit leeren Händen nach Hause gefahren", sagt Kilger und lacht. Eine Niederlage, die ihn nun noch mehr anspornt. Er lässt sich nicht entmutigen, trainiert fast täglich.

Die Initialzündung folgt 1996, als er mit der Bronzemedaille um den Hals von den Deutschen Meisterschaften in den Bayerwald heimkehrt. Zwei Jahre später holt er sich Platz eins, ist danach regelmäßig im Finale. 2000 reist Kilger nach Sydney (Australien), wo er mit der Deutschen Auswahl erstmals bei Paralympischen Spielen teilnimmt. Auch in Athen (Griechenland) ist er vier Jahre später mit dabei – und holt sowohl im Einzel als auch mit dem Team Bronze. "Ein absoluter Höhepunkt", schwärmt Kilger, der über ein Jahr auf Platz zwei der Weltrangliste im Rollstuhltischtennis steht und im Laufe der Zeit mehr als 50 Medaillen sammelt.

Heute wohnt Walter Kilger mit seiner Frau Helma in Gotteszell, sitzt für die CSU im Gemeinderat und macht sich vor allem für die Rechte von Behinderten stark. Seine ereignisreiche Karriere wollte er eigentlich nach den Deutschen Meisterschaften in diesem Jahr beenden. Doch dann kam Corona dazwischen, der Wettkampf wurde abgesagt. "Zu 99 Prozent werde ich trotzdem aufhören und nur noch ins Training gehen", sagt Kilger. Der Aufwand sei ihm inzwischen schlichtweg zu groß, die Motivation gering. Ganz sicher ist er sich aber nicht. "Wenn mich einer fragt, ob ich wieder spielen will, werde ich mir das sicherlich überlegen."