"Wurde plötzlich zum Star": Wie eine niederbayerische Schottin die Golf-Welt aufmischt

11.07.2019 | Stand 11.07.2019, 15:43 Uhr

Mit jedem Abschlag näher an die Profi-Karriere: Rachael Taylor beim Training daheim in Bad Griesbach. Die niederbayerische Schottin startet seit diesem Jahr bei der "Lady European Tour" und will hoch hinaus. −Foto: Fenzl

Gerade kommt sie aus Belgien, wo sie noch Bälle geschlagen hat. Trotzdem gibt es am Mittagstisch der Taylors in Bad Griesbach heute nur ein Thema: den Golfsport. Rachael Taylor (27) spielt seit diesem Jahr als Profispielerin auf der Ladies European Tour. Von Ungefähr kommt das nicht: Auch Mama und Papa leben von und mit dem Golfsport.

Gerade ist für die Vielreisende Durchschnaufen im Heimatidyll angesagt – bis es für sie zum nächsten Turnier geht. Es ist ein neuer, eng getakteter Rhythmus, auf den sich Rachel Taylor eingelassen hat. Aber sie hat sich entschlossen, ihren Kindheitstraum zu verfolgen und als Profispielerin zu leben. Sie hat sich ein Lebensmotto gegeben: "Dream big".

"Ich habe früh gemerkt, dass Golf mein Sport ist", sagt Taylor. Sie wird in Schottland geboren, dort haben ihr Vater und ihre Mutter ihre Wurzeln. Wenige Monate nach Rachaels Geburt erhält Vater Gerry Taylor ein Jobangebot als Golflehrer in Bad Griesbach. Den Eltern ist der bayerische Kurort als großes Golfresort bekannt. Sie wandern nach Deutschland aus. Taylor wagt schon in frühen Kindertagen erste Schwünge mit dem Golfschläger – immer an ihrer Seite: der Vater. Er habe ihr alles beigebracht, sagt sie: "Mein Vater war schon immer mein größtes Vorbild". Wobei sie Wert auf die Feststellung legt: "Jegliche Motivation kam alleine von mir. Ich wollte das. Und ich wollte genauso sein wie mein Vater. Meine Eltern haben mich dabei immer unfassbar unterstützt."

Doch anfangs ist es für Taylor schwierig. Sie ist häufig das einzige Mädchen unter vielen Erwachsenen auf dem Platz. "Ich habe eigene Erfolge gefeiert, aber Anschluss zu anderen Spielern zu finden, war schwierig für mich", sagt sie. Zu dieser Zeit sei sie ein sehr schüchterner Mensch gewesen. Alles ändert sich, als Taylor mit 16 an einem Golfturnier in ihrer Geburtsstadt Glasgow im Lanark Golf Club teilnehmen darf. Ihre Leistungen sind so überzeugend, dass sie ein Jahr lang für die Nationalmannschaft spielen darf. "Ein echtes Highlight für mich", sagt Taylor, "und ein richtiger Push." Sie gewinnt an Selbstvertrauen und stellt fest: Für sie soll es im Golf hoch hinaus gehen.

"Als Sportlerin der Uni wurde ich plötzlich zum Star"

Sie erhält ein Stipendium an der North Carolina State University, studiert in den USA Sportmanagement und spielt für das Golfteam der Universität. "In Amerika ist Sport einfach etwas ganz anderes als in Deutschland", meint sie. "Als Sportlerin der Uni wurde ich plötzlich zum Star. Das Ansehen und die Unterstützung von außen waren gigantisch." Ihre besten vier Jahre, wie sie findet und an die sie sich gerne zurück erinnert.

Aber auch nach ihrem Studium hält es die Schottin in Amerika. Sie beginnt auf professionellem Level Turniere zu spielen – aber die Teilnahmegebühren sind oft hoch. Also wieder nach Hause, nach Bad Griesbach. Von dort aus reist sie nun zu den Turnieren. In der Heimat dreht sich alles um den Sport – auch wenn sie als einziges der vier Kinder in der Familie beim Golf geblieben ist. "Wenn wir zusammensitzen, ist es normal, dass viel über Golf geredet wird", sagt sie. Wichtig ist ihr aber, dass es sich nicht nur um sie und ihre Karriere geht. Viel Zeit in ihrem Elternhaus bleibt Taylor aber sowieso nicht. Jede Woche spielt sie Turniere in ganz Europa.

So sehr sie das Jetset-Leben manchmal schafft, sie liebt das Leben mit dem Sport, wie sie sagt: "Ich habe noch nie darüber nachgedacht, damit aufzuhören." Jede Woche Wettkämpfe zu absolvieren, zu reisen und nebenher im Fitnessstudio zu trainieren, sei teilweise sehr fordernd, sagt Taylor, die ausschließlich vom Sport lebt. Nur wer gut in Wettkämpfen abschneidet, sichert sich Preisgelder und Unterstützung von Sponsoren.

Der Traum von einer Zukunft in den USA

Beim Turnier in Belgien belegt Taylor den 30. Platz – von 110 Teilnehmern. Ein Ergebnis, mit dem sie sehr zufrieden ist. Es sei wichtig, den geschäftlichen Aspekt des Sports zu sehen, sagt sie. Genauso gehe es bei jedem Turnier aber auch darum, das Geld für den Moment zu vergessen: "Es geht immer darum, Erfahrungen zu sammeln, andere Sportler zu treffen und vor allen Dingen, Spaß zu haben".

Die nächsten drei bis fünf Jahre möchte sie auf der Ladies European Tour spielen. Was danach kommt, weiß sie aber jetzt schon: Sie träumt von einem Leben in Amerika. Sie könnte es sich vorstellen, an einem College zu arbeiten, sagt sie. Doch jetzt heißt es erst einmal Fuß in der europäischen Golfszene zu fassen – und Sponsoren an Land zu ziehen. Und nebenbei muss Taylor in Bad Griesbach noch ihren normalen Alltag meistern: "Das Schlimmste, wenn ich von Turnieren nach Hause komme, ist, dass ich erst einmal einen riesigen Berg Wäsche waschen muss."