Profiboxer aus Pocking
Große Freiheit, große Chance: Wie Roman Gorst für den Kampf seines Lebens trainiert

01.06.2019 | Stand 17.09.2023, 21:57 Uhr

Vorbereitung dahoam: Roman Gorst beim Training in Pocking. Noch müssen als "Gegner" Sandsäcke herhalten. −Foto: Gabriel Bub

"Große Freiheit" – das klingt schon mal vielversprechend. Und so ist es ja auch: Im Veranstaltungsklub im Herzen von St. Pauli eröffnet sich für Schwergewichts-Boxer Roman Gorst (29) aus Pocking die Chance auf den ersten Titelgewinn seiner noch jungen Profi-Karriere.

Am 6. Oktober steigt der achtmalige bayerische Amateurmeister aus Niederbayern als Herausforderer des deutschen Meisters Boris Estenfelder (32) im Hamburger Kiez in den Ring – ein schneller Aufstieg für den Modellathleten aus Pocking, der seinen ersten Profikampf erst im Oktober vergangenen Jahres bestritten hatte. "Es war schon überraschend", sagt auch Gorst selbst zur neuen Perspektive. Ursprünglich war ein Kampf am kommenden Wochenende geplant, ein weiterer im Juli. Beide sind abgesagt. Kommende Woche beginnt nun stattdessen die Vorbereitung auf das Titelduell gegen den Frankfurter Estenfelder, die Nummer 170 der Weltrangliste.

Gorsts Chance erklärt sich einmal aus dem Reglement des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB), nach denen ein Champion mindestens einmal im Jahr seinen Titel verteidigen muss. Und zum andern aus Gorsts Kampfbilanz selbst: Mit fünf Siegen aus fünf Kämpfen hat sich der Pockinger auf Nummer 186 der Weltranglisten geboxt. Platz 170 gegen Rang 186 – das passt in sportlicher Hinsicht. Der Anruf aus dem Estenfelder-Lager hat nun alles verändert. Titelchance statt Aufbaukämpfe, Glitzermeile statt Turnhallen-Mief, Zehn-Runden-Duell statt schnelle Nummer: Gorst weiß, worauf er sich einlässt. "Das wird sicher mein härtester Profi-Kampf bisher", sagt er, und beschreibt den Gegner als "stabilen Kerl, muskulös, austrainiert", um aber gleich nachzuschieben: "Im Amateurbereich habe ich schon gegen bessere geboxt."

Die Herausforderung liegt für den langjährigen Amateur vor allem darin, dass er sich auf ein Duell über zehn Runden vorbereiten muss. "Das wird ganz anders", sagt Gorst selbst. "Da liegen viele lange Einheiten vor mir." Auch mit Blick auf die vor ihm liegende Aufgabe hat der gelernte Koch Anfang Mai in Deggendorf den ersten Triathlon-Wettkampf seines Lebens absolviert. Und dann muss vor allem noch ein geeigneter Sparringspartner gefunden werden – was nicht nur eine Frage der sportlichen Auswahl ist, sondern auch der finanziellen Möglichkeiten. Oder wie Gorst sagt: "Sparringspartner wollen Kohle sehen." Schmerzensgeld eben. Er wird sich mit seinem Manager Thomas Holefeld, Chef der Holefeld Promotion aus Neuwied, zusammensetzen und die Möglichkeiten ausloten. Eines ist freilich jetzt schon sicher: Er habe sich in seinen zwölf Jahren im Boxsport zwar noch nie geschont, sagt Roman Gorst, aber auf dem langen Weg zum Titelkampf "werde ich mich quälen bis zum Gehtnichtmehr".

Die Veranstalter auf St. Pauli freuen sich jedenfalls schon auf den hessisch-bayerischen Schwergewichts-Gipfel als Höhepunkt eines ereignisreichen Kampfabends. Promoter Thomas Nissen geht wie viele Experten von einem 50:50-Duell zwischen Estenfelder und Gorst aus. "Zuschauer lieben diese engen Kämpfe mehr als stets vorprogrammierte Siege, die dem Boxen nur schaden", sagte der "Boxen im Norden"-Chef bei Box-Sport.de. Für Estenfelder (zwölf Profi-Kämpfe / zehn Siege, ein Unentschieden, eine Niederlage) wird es die erste Titelverteidigung, nachdem er sich im vergangenen September mit einem Punktsieg über den Greifswalder Dennis Lewandowski zur deutschen Meisterschaft geboxt hatte. Gorst kennt das alles nur vom Hörensagen. Seine fünf Profikämpfe beendete er alle vorzeitig. Der längste ging über vier Runden, bevor der Gegner demoliert aufgab.