Vorbild Pizarro: Wie regionale Sport-Oldies mit den Jungen mithalten – "Solange ich mitkomme, spiele ich"

20.02.2019 | Stand 25.10.2023, 10:46 Uhr

Auch mit 37 noch Torschütze in der Deutschen Eishockey-Liga: Thomas Greilinger im Trikot des ERC Ingolstadt. Zur neuen Saison wechselt er heim nach Deggendorf. −Fotos: Imago/2, stock4press, Rappel, Ritzinger

Wenn Profisportler die Dreißig überschreiten, dauert es in der Regel noch vier bis fünf Jahre – dann ist für viele Schicht im Schacht. Dass der Begriff "Oldie but Goldie" aber weiter gefasst werden darf, zeigte im zarten Alter von 40 Jahren jüngst Claudio Pizarro: Mit dem 1:1-Ausgleichstreffer bei Hertha BSC am vergangenen Bundesliga-Spieltag löste Werder Bremens Torjäger seinen Klub-Vorgänger Mirko Votava als ältesten Bundesliga-Torschützen ab (40 Jahre und 136 Tage).

Gehobenes Alter hin oder her – Sportler verstehen heute auch in ihren späten Schaffensphasen häufig aufzufallen. Eishockeyspieler Thomas Greilinger ist mit 37 Jahren noch immer Stammspieler beim ERC Ingolstadt. In dieser Saison hat der Stürmer in 45 Partien der Deutschen Eishockey-Liga elf Tore erzielt und 21 Assists gesammelt. Er ist Ingolstadts Rekordtorjäger und -scorer in der Erstligageschichte des Clubs. In der ewigen DEL-Torjägerliste liegt Greilinger auf Rang vier. Der Deggendorfer hat Eindruck hinterlassen. Ab der kommenden Saison ist mit der ersten Liga aber Schluss. "Greile" kehrt in die Heimat zurück.

"Es gibt ein Leben nach dem Profisport", sagt Thomas Greilinger, der in der nächsten Saison für den Deggendorfer SC auflaufen wird. Das Alter mache sich manchmal bemerkbar, wenn er etwa beim Angriff mal einen Schritt zu spät dran ist, sagt er. Auch nach langen Busfahrten brauche er mittlerweile länger zum Regenerieren. "Ich denke aber, es geht noch ganz gut", ist der Profi überzeugt. Das findet wohl auch der ERC Ingolstadt, der Greilinger für die Saison 2019/20 einen neuen Vertrag angeboten hätte. Der Familie wegen entschied sich Thomas Greilinger aber für den Zweitligisten Deggendorf – weil ihn dort genau das erwartet, was er sich vorgestellt habe: neben dem Profisport erst einmal eine kleinere Mannschaft trainieren, vielleicht die U7. Danach, so Greilinger, will er als Nachwuchstrainer aktiv werden.

"Solange ich noch mitkomme und es Spaß macht, spiele ich weiter Eishockey", sagt der 37-Jährige. "Ich denke, bisher kann ich meine Wichtigkeit immer noch zeigen." In Deggendorf setzt Thomas Greilinger auf den Klassenerhalt: "Die Spiele, die ich gesehen habe, waren gut. Wenn es bei der DEL2 bleibt, bin ich überzeugt, dass der 10. Platz in der kommenden Saison realistisch ist."

"Wenn du den Sport liebst, machst du weiter"

Einer, der daran maßgeblich mitarbeiten kann, ist Milos Vavrusa. Der Verteidiger aus Tschechien wird in wenigen Tagen 41 Jahre – und steht weiterhin jede Woche als fester Bestandteil des DSC-Teams auf dem Eis. Ans Kürzertreten denkt Vavrusa nicht: "Wenn du den Sport wirklich liebst, machst du weiter." Und wenn die Verletzungen ausbleiben. Doch selbst die konnten den Tschechen mit deutschem Pass nicht vom Eis fernhalten. Bevor Milos Vavrusa nach Deggendorf kam, spielte er vier Saisons beim EHC Freiburg – und brach sich drei Mal hintereinander das Bein beim Blocken eines Schusses.

Eishockey fordert schließlich Körpereinsatz. Da könnte man meinen, junge Spieler hätten einen natürlichen Vorteil. Trotzdem sind in den deutschen Eishockeyligen viele ältere Spieler vertreten. Thomas Greilinger erklärt, warum: "In Deutschland ist es für junge Spieler relativ schwer, in die DEL zu kommen. Es kommt auch nicht so viel Nachwuchs nach, da ist es für ältere Spieler wiederum leichter, länger zu spielen."

Im deutschen Lieblingssport Fußball wartet mehr jugendliche Konkurrenz auf die nimmermüden Oldies. Philipp Zacher, ehemaliger Verteidiger des Regionalligisten SV Schalding, ist 2016 zur Spvgg Mariaposching in die Bezirksliga gewechselt. Eigentlich wollte er mit 34 seine aktive Karriere beenden und lediglich als Co-Trainer weitermachen. Schnell stand der heute 37-Jährige aber wieder selbst auf dem Rasen. "Das ist eigentlich der personellen Situation geschuldet", erklärt Philipp Zacher. Und jetzt mache er halt weiter, solange ihn seine Füße tragen.

Möglich sei das aber nur, wenn die "Wehwehchen" gering und schwere Verletzungen ausbleiben, "sonst geht das auf dem Niveau nimmer". Manche Dinge blieben mit fortschreitendem Alter auf der Strecke, gesteht Zacher ein: "Da ist man nicht mehr so spritzig, das ist klar." In Laufduelle mit einem 20-Jährigen über 30 Meter würde er sich deshalb nicht mehr so einfach begeben. Nachlassende Sprint-Fähigkeit wird mit Übersicht und Technik kompensiert. "Wenn ein Spieler individuelle Klasse hat, dann spielt Alter keine Rolle", ist der Co-Trainer überzeugt.

Mit 39 in der Football-Kluft

Dann könne auch ein alter Hase jungen Spielern eine Stütze sein, wenn die mit manchen Situationen überfordert sind. "Da ist es nicht schlecht, wenn jemand mit Erfahrung sagt: ,Bleibt’s ruhig, wir kriegen das hin‘", weiß der 37-Jährige. Dass er mit 40 immer noch dem Ball nachjagt, kann er sich nicht vorstellen. "Andererseits sind das auch nur noch zwei Jahre." Schwierig sei der Kampf mit dem inneren Schweinehund. Früher habe er bei Wind und Wetter seine Mütze gepackt, sei raus zum Trainieren, sagt Zacher. "Heute schaust du fünf Mal aus dem Fenster, ob’s schon besser wird." Doch gerade Sondereinheiten helfen ihm, mitzuhalten.

Die sind auch im American Football wichtig. Wer spielen will, muss robust, schnell und wendig sein. Keine Selbstverständlichkeit also, mit 39 Jahren immer noch Stammspieler in der dritten Liga zu sein. Frank Art aus Irring (Lkr. Passau) ist bei den Passau Pirates aber gesetzt. "Wenn man sich selber fit hält, klappt das", ist er überzeugt. So oft es ihm der Schichtdienst erlaubt, nimmt er am Training teil. Zusatzeinheiten gehören laut Art dazu: "In dieser Liga ist es ratsam, selber an sich zu feilen. Wenn die Gegner fitter sind, gibt es schnell Verletzungen."

Der Ehrgeiz muss da sein, ist Franz Art überzeugt. Er hat ihn. "Ich schaue immer, dass ich das Beste draus mache." Dazu gehört für Frank Art auch, Erfahrungen an seine Kollegen weiterzugeben: "Football ist ein Teamsport. Die Mannschaft ist nur so stark wie das schwächste Glied." Im Mannschaftssport ist Alter also oft eine Nebensache. Denn da müssen sowieso alle zusammenhalten, egal ob jung oder alt.