Ruhpolding
Strahlende Stefanie Scherer: "Die mit Abstand beste Saison meiner Karriere"

01.04.2020 | Stand 18.09.2023, 7:04 Uhr
Walter Hohler

Für sie lief’s in der abgelaufenen Saison hervorragend: Stefanie Scherer vom Stützpunkt Ruhpolding.⋌ −Foto: Wukits

Richtig begeistert ist Biathletin Stefanie Scherer (SC Wall/Stützpunkt Ruhpolding) vom Verlauf ihrer Wintersaison. "Ja, das war mit Abstand die beste Saison, die ich je hatte", freut sich die 23-Jährige. Gekrönt wurde ihr Biathlon-Winter sogar mit ihrem Weltcup-Debüt in Kontiolahti. Zudem holte sie bei den Europameisterschaften in Minsk-Raubichi Silber in der Single-Mixed-Staffel mit Justus Strelow (SG Stahl Schmiedeberg) und wurde Gesamtvierte im IBU-Cup.

"Ich hatte meine Ziele eigentlich schon im Dezember übertroffen", blickt sie zurück. Da nämlich rückte sie erstmals im vergangenen Winter in den IBU-Cup auf, "und dass es dann so konstant gut lief, war überragend". Schließlich hatte die Saison für sie gar nicht nach Wunsch begonnen. Bei den Deutschen Meisterschaften – die ja die Qualifikation für Weltcup und IBU-Cup bilden – hatte sie sich nicht im Vorderfeld platzieren können. "Das war definitiv nicht gut, weder im Schießen noch im Laufen. Da hat der Kopf eine große Rolle gespielt", erinnert sie sich.

Zwar war ihr schon bewusst, dass es zu diesem Zeitpunkt noch etwas eng werden könnte. Denn in der Ausbildungsphase (Ende März bis Ende Juli) bei der Landespolizei "können wir zwar gut trainieren, aber doch etwas weniger als andere". Dennoch habe sie sich "im Sommer schon gut gefühlt". Scherer, die heuer ihr viertes (von fünf) Ausbildungsjahren absolviert, lernte durch die DM: "Man kann noch so fit sein, wenn es vom Kopf her nicht passt, wird es nichts."

So nahm sich die 23-Jährige für die ersten Wettkämpfe im Deutschlandpokal und im Alpencup vor, "es nicht mit Gewalt zu versuchen. Daher bin ich mit viel Lockerheit in die Saison gestartet, auch wenn ich wusste, dass die Qualifizierten bei den Schnee-Lehrgängen dabei sein konnten und ich nicht."

Mut machten ihr zudem die Erfahrungen aus der vorherigen Saison. Da hatte sie ihre ersten Wettkämpfe im IBU-Cup bestritten. "Der Einstieg war ganz okay, aber dann war ich drei Wochenenden hintereinander dabei. Da hat sich gezeigt, dass noch die Wettkampfhärte für so viele Rennen hintereinander fehlt."

Dass sie dann zum Saisonende im Martelltal (Italien) noch einmal ins IBU-Cup-Team gerutscht war – auch weil es krankheitsbedingte Ausfälle gab – führte zu ihrem ersten richtig großen Erfolgserlebnis. Nach guten Vorstellungen in beiden Sprints (13. und 18.) holte sie sich im Massenstart 60 als Dritte ihren ersten Podestplatz auf der zweithöchsten Biathlon-Wettkampfebene. "Das war richtig cool, da habe ich viel übers Schießen gemacht." Nur einen Fehler bei vier Schießeinlagen musste sie hinnehmen, und "wenn man unter den ersten 30 startet, ist man halt schon im ersten Feld drin, da kann man sich gut orientieren".

Diese Spitzenplatzierung gab ihr Auftrieb für die Saison 2019/20, zumal sie bald spürte, dass sie läuferisch Fortschritte gemacht hatte. "Das ist ja das Gute am Ausdauersport. Das ist eine Sache, die man über Jahre aufbauen muss, da braucht man Geduld." Die hatte sie – und wurde schon in diesem Winter belohnt.

Dabei ist sie eine Spät-Einsteigerin im Biathlon. Bis sie 16 Jahre alt war, war sie als Langläuferin aktiv – und wäre zunächst auch als solche ans CJD in Berchtesgaden gewechselt. "Jemand aus dem Verein fragte mich, ob ich das mal in Mittenwald ausprobieren möchte." Sie habe das für sich zunächst eher als Gaudi angesehen, "weil ich sehr gerne beim Langlauf war. Dann habe ich es bei Bernhard Kröll probiert und es gefiel mir sehr gut."

So musste sie neu überlegen – und wurde von Isidor Scheurl ermuntert. Der Inzeller – damals Trainer am CJD – sagte zu ihr: "Komm mal nach Ruhpolding und schau dir das an." Scherer tat’s – und wechselte gut einen Monat später im August 2012 ans CJD, wo Scheurl – der inzwischen als DSV-Disziplintrainer der deutschen Herren am Stützpunkt in Ruhpolding aktiv ist – vier Jahre lang ihr Trainer blieb.

Am Stützpunkt sind nun Kristian Mehringer, Florian Steirer und auch Rüdiger Schöllmann ihre Trainer, während der Ausbildungsphase bei der Polizei auch Tobias Reiter. Das Schießen "habe ich komplett neu gelernt. Das fiel mir eher leicht – trotz einiger Anfangsschwierigkeiten." Denn zunächst "war es die pure Überforderung für mich, überhaupt die Ansagen der Trainer zu verstehen", lacht sie. Inzwischen ist aus "purer Überforderung" eine meist stabil gute Leistung im Schießen geworden. Dass sie trotzdem noch dazulernen muss, zeigte sich beim Weltcup-Debüt in Finnland. "Da habe ich mir mit dem Wind schon schwergetan, da fehlt mir halt noch die Erfahrung."

So gab’s drei Schießfehler und Rang 62, um 2,4 Sekunden verfehlte sie den Einzug in den Verfolgungslauf. "Es war schade, dass es nicht gereicht hat. Aber von der Laufzeit her war ich wieder ähnlich dran wie bei meinen vorderen Platzierungen im IBU-Cup." Insgesamt war der Weltcup-Einsatz in Kontiolahti "eine megacoole Erfahrung, das hat mich sehr gefreut".

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