Kapitän ausgebootet
Kampf auf offener Bühne: Wieso der Mölders-Rausschmiss für 1860-Trainer Köllner zum Bumerang werden könnte

07.12.2021 | Stand 18.09.2023, 20:40 Uhr

Nach außen hin ein eingespieltes Team: Trainer Michael Köllner (l.) und Kapitän Sascha Mölders (r.). Doch hinter den Kulissen ist es nun zum offenen Bruch zwischen den beiden gekommen – eine Eskalation, die nach PNP-Informationen nicht überraschend kommt. −Foto: imago images

Es herrschte lange Harmonie beim einstigen Chaos-Klub 1860 München. Der Fußball-Drittligist war sportlich durchaus erfolgreich in den vergangenen zwei Spielzeiten, was manche Baustellen abseits des Rasens kaschierte. Nach zuletzt schwachen Leistungen und dem blamablen 2:5 am Samstag gegen den 1. FC Magdeburg, das in der ersten Halbzeit einer Arbeitsverweigerung gleichkam, ist das Pulverfass 1860, mal wieder, explodiert. Sowohl Stürmer-Legende und Kapitän Sascha Mölders als auch Co-Trainer Oliver Beer wurden vorerst vor die Tür gesetzt.

Man musste vom Schlimmsten ausgehen beim ersten Blick auf Sascha Mölders’ Post, den der 36-Jährige am Montag um kurz vor 17 Uhr bei Instagram abgesetzt hatte: Ein Foto mit Schwarz-Weiß-Filter ist selten ein gutes Zeichen. "Ich bin schockiert", schreibt Mölders in die Beschreibung. Ihm sei heute am Vereinsgelände mitgeteilt worden, bitte nicht mehr zum Training zu erscheinen. Der Publikumsliebling, einfach ausgebootet. Die Gründe, zumindest offiziell, völlig unklar.

Köllner hat nicht nur Mölders gegen sich

Nach PNP-Information ist Mölders’ Suspendierung auf ungewisse Zeit die Eskalation eines Machtkampfes in der Löwen-Kabine. Der Stürmer-Oldie aus dem Ruhrpott sei nicht der einzige, der mit dem Führungsstil von Trainer Michael Köllner unzufrieden sei, heißt es aus gut informierten Kreisen. Auch andere Führungsspieler hätten sich mittlerweile mehr oder weniger offen gegen ihren eigenen Trainer gestellt.

Mölders beschuldigt in seinem Instagram-Post direkt Michael Köllner: Er solle fortan individuell trainieren, sei ihm gesagt worden, "weil der Trainer es wünscht", schreibt er.

Es ist diese direkte Art, die dem Stürmer offenbar den Ärger eingebracht hat. Ein Insider sagte der Heimatzeitung: "Köllner duldet in der Kabine keine Meinung außer die eigene – und Sascha ist jemand, der immer geradeheraus sagt, was der denkt." Während Köllner nach außen immer als Mediator auftrete, sei er intern weit weniger offen für andere Ansichten, erzählt der Insider. Vielmehr spiele er in der Öffentlichkeit eine Rolle.

Der Verein reagierte übrigens erst, nachdem Mölders seinen Instagram-Post abgesetzt hatte. Der Stürmer war seinem Arbeitgeber in der Kommunikation zuvorgekommen – absolut unüblich und ein offener Bruch mit dem Klub, den er 2018 zuerst aus der Regionalliga und vergangene Saison mit 22 Toren fast zum Zweitliga-Aufstieg geschossen hatte.

Wie die "Abendzeitung" berichtet, seien dem Verein Mölders’ diverse Nebentätigkeiten ein Dorn im Auge. Er betreibt unter anderem einen eigenen Online-Fanshop ("Wampe von Giesing"), ist Trainer einer Jugendmannschaft bei seinem Heimatverein SV Mering und schreibt eine Kolumne für den "Kicker".

Die Stellungnahme des Klubs liest sich diplomatisch, aber auch ausweichend: "Aus einer fortlaufenden Analyse der Entwicklung der vergangenen Wochen hat die sportliche Leitung in Abstimmung mit beiden Gesellschaftern entschieden, dass Sascha Mölders bis auf Weiteres nicht im Kader des TSV 1860 München stehen wird." Klar ist: Solange Köllner Trainer bei 1860 ist, wird Mölders nicht mehr für die Löwen auflaufen.

Dass der Oberpfälzer Fußballlehrer diesen nun öffentlich ausgetragenen Kampf mit Teilen seiner eigenen Mannschaft als Gewinner verlässt, ist aber höchst unwahrscheinlich. Mölders genießt in der Fanszene höchsten Stellenwert, wird als "Fußballgott" verehrt. Gut möglich, dass sich auch Mitspieler mit ihrem Kapitän verbünden. Köllners Tage bei Sechzig könnten so oder so gezählt sein.

Auch Co-Trainer Beer freigestellt – wegen Köllner

Die Gesellschafter des Vereins hatten sich am Wochenende noch klar hinter den Chefcoach gestellt: "Der Trainer steht nicht zur Diskussion", verkündeten Präsident Robert Reisinger und Investor Hasan Ismaik unisono. Möglicherweise bleibt ihnen aber auch gar nichts anderes übrig. Köllner zu beurlauben, einen anderen Trainer zu verpflichten und damit zwei Übungsleiter bis Saisonende auf dem Gehaltszettel zu haben, kann (oder möchte) sich der klamme Verein womöglich gar nicht leisten.

Einen Co-Trainer weniger haben die Löwen auf jeden Fall schon mal. Oliver Beer wurde mit Mölders freigestellt – offiziell, um sich seiner persönlichen Fortbildung zu widmen. "Beim TSV 1860 München wird sich Oliver Beer künftig im die Bayerische Junglöwen-Nachwuchsleistungszentrum um die Talente kümmern, die sich in den Nachwuchsteams der U17, U19 und U21 befinden und diese beim Übergang in den Profifußball unterstützen", heißt es in der Mitteilung.

Das ist nach PNP-Informationen aber maximal die geschönte Wahrheit. Beer und Mölders wurden nicht etwa gemeinsam freigestellt, weil sie sich in die Haare bekommen haben. Vielmehr stehen sie auf derselben Seite. Beer war als Co-Trainer von Ex-Coach Daniel Bierofka ins Köllner-Gespann gerutscht. Glücklich wurde er mit seinem neuen Chef nie.