"Das Versprechen kann ich nicht halten"
Kapitulation statt Kampfansage? Langlauf-Bundestrainer sieht Deutsche ohne Medaillenchance

25.02.2021 | Stand 25.02.2021, 7:00 Uhr

Skilanglauf-Bundestrainer Peter Schlickenrieder: Durchblick ja, Chancen auf Edelmetall nein. −Foto: dpa

Bundestrainer Peter Schlickenrieder hat mit dem deutschen Skilanglauf-Team seit seinem Amtsantritt nur auf das Ziel Heim-WM hingearbeitet – und bremst nun die Erwartungen.

Schlickenrieder holte tief Luft, dann legte er los. Der charismatische Skilanglauf-Chefcoach ist für markige Ansagen bekannt, und eine solche hatte er auch vor dem Auftakt der Nordischen Heim-WM in Oberstdorf parat. Nur fiel die ganz anders aus als erwartet. "Ich bin als Bundestrainer mit dem Ziel angetreten, dass ich in Oberstdorf eine Medaille holen möchte. Nach zweieinhalb Jahren muss man realistisch sein: Das Versprechen kann ich nicht halten", sagte der 51-Jährige vor den Klassiksprints am Donnerstag (Qualifikation 9.00 Uhr/Finals 11.30 Uhr/ARD), der ersten Medaillenentscheidung der Allgäuer Titelkämpfe, "im Langlauf bewirkt man so schnell keine Wunder."

Kapitulation statt Kampfansage? Bevor der erste Kilometer in Oberstdorf gelaufen ist, wo die deutschen Langläufer – so der Coach kurz nach seinem Antritt Ende 2018 – "spätestens wieder weltspitzentauglich" sein sollten? Nein, als Selbstaufgabe wollte Schlickenrieder seine Äußerungen nicht verstanden wissen. "Wir haben uns kontinuierlich verbessert, sind einen Schritt nach vorne gekommen und gut aufgestellt", sagt Schlickenrieder. Nur: Andere Nationen, die Skandinavier, die Russen, sind besser aufgestellt, statt um Medaillen müssen die Deutschen eben darum kämpfen, "dass jeder hier seine persönliche Bestleistung zeigt, idealerweise seine beste Lebensleistung".

"Ein Heimvorteil, dass wir wissen, wann und wo der Hammer kommt"

Um zumindest dies zu erreichen, hat Schlickenrieder seine Läufer und Läuferinnen oft auf den brutal schweren Strecken im Ried ("der Burgstall-Anstieg ist weltrekordverdächtig"), die diesmal aufgrund der hohen Temperaturen noch selektiver werden, üben lassen. Im Vorwinter entzog er seine A-Teams temporär dem Weltcup, stattdessen hieß es: Burgstall bis zum Abwinken. "Das ist ein Heimvorteil, dass wir wissen, wann und wo der Hammer kommt", sagt der Coach.

Die Auftritte der größten Hoffnungsträgerin kommen später: Katharina Hennig, deren Stärken sie für den Skiathlon am Samstag und das 10-km-Rennen am Dienstag prädestinieren, kratzte zuletzt an der absoluten Weltspitze, wurde in Abwesenheit der Norwegerinnen Zweite in Val di Fiemme und in deren Anwesenheit Vierte in Falun. "Das war auf Strecken, die ihr extrem gut liegen. Man kann jetzt deshalb nicht davon ausgehen, dass sie um eine Medaille mitkämpfen kann", sagt Schlickenrieder: "Top sechs, Top acht – dann haben wir viel geschafft." Hennig soll auch die Staffel anschieben, bei Frauen wie Männern einst das Flaggschiff, mittlerweile nur im Ausnahmefall Medaillen-Anwärter. "Da müssten wir an einem der großen Favoriten vorbei, das ist extrem schwer", sagt Schlickenrieder.

− sid