Biathlon
Johannes Kühn erklärt seine Stehend-Fehler in der Staffel: "Nie beim Schießen so gefroren und gezittert"

12.02.2019 | Stand 18.09.2023, 20:27 Uhr
Oliver Wagenknecht

Atemschutz und Gesichts-Tape gegen die extreme Kälte: Johannes Kühn am Sonntagmorgen in Canmore bei Sonnenschein, aber minus 29 Grad. Die geplanten Einzel der Männer und Frauen wurden abgesagt. −Foto: Roman Rees

Von eisiger Kälte und teils neu terminierten, teils ganz abgesagten Rennen war der Biathlon-Weltcup in Canmore gezeichnet. Johannes Kühn kam zu den so maximal möglichen zwei Starts. Nach Platz 36 im Einzel durfte der Tüßlinger kurzfristig auch in der Männerstaffel ran, wo er mit seinen Kollegen einen Podestplatz verpasste und Vierter wurde.

"Insgesamt war das schon sehr grenzwertig", kommentierte er die Extrembedingungen in den kanadischen Rocky Mountains. Hatte es beim Einzel am Donnerstag 13 Grad unter Null, so sackten die Temperaturen tags darauf bei der Staffel auf minus 18. Gefühlt war’s wegen des scharfen Windes noch weitaus klirrender.

Der als Schlussläufer vorgesehene Arnd Peiffer hatte sich am Morgen krank gemeldet, Kühn wurde als Ersatz nachnominiert und musste damit erstmals an Position 4 ran. Auch seine Mannschaftskollegen hatten Probleme, dennoch ging’s von der Platzierung her kontinuierlich nach vorne. Startläufer Roman Rees übergab als Zwölfter auf Erik Lesser. Der Thüringer lief trotz Strafrunde nach dem Stehendschießen weiter vor, beim Wechsel von Philipp Nawrath auf Kühn lag das DSV-Quartett schon an 5. Stelle.

Hinter den weit enteilten Norwegern, die dann auch souverän gewannen, sowie Frankreich und Russland nahm der Zoll-Hauptwachtmeister die an Vier platzierte österreichische Staffel ins Visier. Deren konditionsstarker letzter Läufer Julian Eberhard patzte im Liegendanschlag, musste zweimal in die Strafrunde, Kühn räumte alle Scheiben auf Anhieb ab und ging vorbei. Er habe da den Wind "richtig eingeschätzt und kam auch schnell durch", freute sich der 27-Jährige.

Beim Stehendschießen hatte Kühn den Russen Alexander Povarnitsyn direkt neben sich – und riskierte extra viel, um den Kampf um Platz 3 noch aufnehmen zu können. Doch das ging schief: Erst leistete er sich drei Fehlschüsse, dann traf er nur den ersten von drei Nachladern. "Es war windig, aber ich habe auch so schon gewackelt – weil ich beim Schießen noch nie so gefroren und gezittert habe", gab Kühn zu. "Kein Gefühl in den Fingern ..."

Biathlon-Legende Magdalena Neuner vermutete als ZDF-Expertin in der Analyse eher, "dass ihm da viel im Kopf herumgegangen ist, als Schlussläufer". Und sie stellte generell fest: "Das ist seine Wackeldisziplin. Er muss am Stehend einfach arbeiten!" Während Kühn seine zwei Strafrunden drehte, zog Povarnitsyn davon und sicherte Rang 3. Da von Österreich keine Gefahr mehr drohte, lief Kühn den 4. Platz einsam nach Hause.

Beim für Sonntag angesetzten 10-km-Sprint wäre er gerne gestartet, doch nach Frühtemperaturen von minus 29 Grad wurde das Rennen abgesagt. So ging Kühn mit seinen Teamkameraden nur für ein paar Erinnerungsfotos an der Strecke – mit Atemschutz und Gesichts-Tape. Auch trainiert wurde nicht mehr.

Am Montag war Weiterreise nach Salt Lake City. In Soldier Hollow im US-Bundesstaat Utah, wo die Biathlon-Wettkämpfe von Olympia 2002 stattfanden, ist es nicht so extrem kalt. Für die Männer steht am Freitag zunächst ein Sprint auf dem Plan, Beginn ist um 19.15 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Bereits am Donnerstag zur selben Zeit findet das Sprintrennen der Frauen statt.