50 Jahre nach Aufhebung des Spiel-Verbots
Einst belächelt, heute beliebt: So entwickelte sich der Frauenfußball in der Region

01.11.2020 | Stand 19.09.2023, 1:50 Uhr

Als eine der erfolgreichsten Mannschaften Niederbayerns feierten die Frauenfußballerinnen des TSV Preying mit ihren Ausnahmekönnerinnen Lilly Wagner und Gerti Weichselsdorfer zwischen 1975 und 1981 Erfolge. So wurden sie zwei Mal Bezirksmeister, einmal niederbayerischer Hallenmeister und bestritten 1979 sogar ein Pflichtspiel gegen den FC Bayern München (0:3). −Repro: Verein

Am 31. Oktober 1970 hob der DFB sein 1955 verhängtes Frauenfußball-Verbot auf. Heute vor 50 Jahren. Zum Jubiläum blickt die Heimatzeitung in Vergangenheit und Gegenwart des Frauenfußballs in Niederbayern.

TSV Preying
Über eine der ersten Damen-Mannschaften in Niederbayern berichtet der TSV Preying in seiner Vereinschronik. Von 1975 an kickten Damen im Preyinger Trikot unter Trainer Heinz Lehmann. Die TSV-Frauen waren Vorreiter ihrer Zunft und wurden unter anderem Bezirksmeister und Niederbayerischer Hallenmeister. Allerdings wurde der Spielbetrieb schon 1981 wieder eingestellt.

FC Ruderting
Am 3. September 2005 feierte der Frauenfußball in Ruderting Premiere. "Wir hatten damals schon eine reine Mädchenmannschaft. Altersbedingt stellte sich dann die Frage, wechseln wir zu einem der wenigen Frauenfußball-Vereine im Umkreis oder stellen wir selber eine Truppe auf die Beine", erinnert sich Johanna Maier (31), heute spielende Abteilungsleiterin, die seit Anbeginn aktiv mit dabei war. Man wagte unter der Führung des langjährigen Trainers Rainer Liebl den Sprung in die sportliche Selbstständigkeit. 2007 ging es in die Bezirksoberliga, 2011 Debüt in der Landesliga. Im letzten Jahr schaffte der Verein erstmals den Sprung in die Bayernliga. "Dass wir irgendwann einmal in der 4. Liga unterwegs sind, hätte zu Beginn niemand zu träumen gewagt", sagt Maier. Natürlich wurden die Kickerinnen in den Anfängen auch vereinsintern oftmals belächelt. "Das gibt es längst nicht mehr. Wir haben uns die Akzeptanz durch die Erfolge über die Jahre erarbeitet, agieren mittlerweile auf Augenhöhe mit den Männern", so die Rekordspielerin des FCR (144 Spiele, 93 Tore).

DJK Oberkümmering
Bereits 1986 jagten vor den Toren Hauzenbergs Mädchen und Damen dem runden Leder nach. Mit wachsender Begeisterung und beachtlichen Erfolgen. Unter der Regie von Trainer Fritz Deiner gelang Anfang der 90er Jahre der Durchmarsch in die Bezirksoberliga. Hier verzichtete man nach drei Meisterschaften jeweils auf den Aufstieg in die Landesliga. Zudem wurde dreimal der niederbayerische Pokal erobert. 2001 wagten die Oberkümmeringerinnen erstmals den Sprung in die damalige Verbandsliga (später Landesliga), wo man bis 2007 munter mitmischte. Es folgten fünf Jahre in der BOL, ehe sportlich wieder kleinere Brötchen gebacken wurden. In der aktuell laufenden Spielzeit musste die DJK ihre Mannschaft im Frühjahr aus dem Spielbetrieb der Bezirksliga Ost abmelden.

TV Freyung
Erst vor rund einem Jahrzehnt schlossen sich Fußballerinnen beim TV Freyung zu einer eigenen Mannschaft zusammen. Inzwischen betreibt der TV zwei Damen-Teams und die 1. Mannschaft steht vor ihrem größten Erfolg: Dem Aufstieg in die Bezirksoberliga. Sehr zur Freude von Josef Wegele: "Unsere Damen sind sehr aktiv und richtig gut drauf", lobt der TV-Vorsitzende. Zwischendurch hatten die Kreisstädter Nachwuchsmannschaften im Spielbetrieb gemeldet. "Aber das ist schwierig aufrechtzuerhalten, wie insgesamt im Juniorenfußball. Wir versuchen es natürlich weiterhin", betont Wegel.

SV Kirchberg im Wald
25 Jahre ist es her, als man sich beim SV Kirchberg im Wald entschloss, eine Damenfußball-Sparte zu gründen. Dabei machten die Gründungsmitglieder bereits zwei Jahre zuvor im kleinen Dorf Unternaglbach ihre ersten fußballerischen Gehversuche. Da die gerade entstehende Mannschaft aber mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte – es gab keine Umkleiden, das Spielfeld war zu klein – entschloss sich das Team gemeinsam mit dem damaligen Trainer Roland Kramhöller dem benachbarten SV Kirchberg beizutreten. Allerdings ließen die Unternaglbacher ihre Damenmannschaft nicht einfach so ziehen – und verlangten als Ablösesumme 100 Liter Bier. Der SV Kirchberg scheute keine Kosten, bezahlte – und freute sich über eine Gegenleistung der Dorfgemeinschaft. Diese sponserte den Damen einen Trikotsatz für die neue Saison. Seitdem ist viel passiert, die Damenmannschaft des SV Kirchberg entwickelte sich zum Aushängeschild im Oberen Bayerischen Wald und machte sich auch darüber hinaus einen Namen. Mit der Zeit kamen die ersten Erfolge, die im Aufstieg in der Bezirksoberliga 2013/14 gipfelten. Kerstin Winter (33), die seit vielen Jahren die Schuhe für Kirchberg schnürt und die Sparte in der Vorstandschaft vertritt, erinnert sich: "Der Verein hat sich immer sehr um uns bemüht. Wir erfahren viel Unterstützung und es gibt bei uns ein gutes Miteinander. Viele Herrenspieler sind treue Zuschauer bei unseren Partien."

SV Frauenbiburg
Zu absoluten Höhenfliegern mauserten sich die Fußballerinnen aus dem Dingolfinger Stadtteil. Nach zwei Jahren in der Bezirksoberliga gelang 2008 der Aufstieg in die Landesliga und sofort der Durchmarsch in die Bayernliga, wo sich der SV sechs Jahre im Vorderfeld behauptete. Krönung war 2015 die Qualifikation für die Regionalliga Süd. Auch dort setzten die Niederbayerinnen Akzente, wurden 2017 sogar Vizemeister. 2019 folgte der Abstieg in die Bayernliga, die die Truppe um Rekordspielerin Anja Riebesecker (180 Spiele/121 Tore) aktuell auch wieder anführt.

DJK Eintracht Patriching
"Damals ging alles noch viel lockerer zu", erinnert sich Gisela Wenzke, die mit federführend war bei der Gründung einer Patrichinger Damenmannschaft 1976. "Wir waren überwiegend Turnerinnen und haben gesagt, probiern wir’s einfach mal." Ein gewagtes Unternehmen, denn "einige haben nicht mal den Ball richtig getroffen", sagt die 77-Jährige. Trotzdem habe man sich nicht abbringen lassen, in den Wettspielbetrieb einzusteigen, trotz eines anfänglichen 1:14 gegen ein Preyinger Team. Und trotz offensichtlicher Unkenntnis des Begriffes Tor. "Eine unserer Spielerinnen, es war unsere Mesnerin Erika Koller, hat ein Eigentor geschossen und danach gejubelt", lacht Gisela Wenzke. Immerhin schafften es damals die "gelernten" Turnerinnen bis hoch in die Bezirksliga, auch dank guter Ratschläge der männlichen Vereinskameraden. Was zu jener Zeit sicher nicht selbstverständlich war, wo das schwache Geschlecht beim Kicken doch eher milde belächelt wurde. Beim niederbayerischen Frauenfußball-Pionier Siegfried Urlberger (†, 2018) hatten die Damen freilich einen Stein im Brett. Er ließ sie mitunter schon mal ohne Pass auflaufen. "Lasst’s doch um Gott’s Willen die Damen Fußball spielen", war laut Gisela Wenzke das vordringlichste Ansinnen des späteren Bezirksvorsitzenden und Verbands-Vizepräsidenten. Und auch der Schiedsrichter war ihnen eher wohlgesonnen, wie Gisela Wenzke von einer heutzutage eher Sportgerichts-würdigen Schmonzette erzählt: "Einmal haben sich zwei Gegnerinnen die Haare gerauft. Der Schiedsrichter hat gefragt, was er machen soll. Nicht hinschauen, haben wir ihm empfohlen, die gehen schon wieder auseinander." Das Spiel konnten die DJK-Damen soweit kultivieren, dass sie 1984 vor 200 Zuschauern um den Bayernliga-Aufstieg spielten, diesen aber durch ein 0:3 gegen Forstern verpassten. 1988 musste die Mannschaft mangels Nachwuchs aufgelöst werden, 2007 wurde eine Mädchenmannschaft aufgeboten. Heute spielen Patrichinger Fußballerinnen in einer Bezirksliga-Spielgemeinschaft mit dem 1.FC Passau. Mit zwei Großnichten von Gisela Wenzke.

Spvgg Deggendorf
Auch die Damen der Spvgg Deggendorf blicken inzwischen auf eine lange Geschichte zurück. Start war 1970, als sich einige Fußballerinnen über die Kolping-Familie zusammenschlossen und dann dem SV Pankofen beitraten. "1980 wechselten dann alle Damen zum SV Grün-Weiß Deggendorf, der seit 2003 zur Spielvereinigung gehört", informiert Teammanagerin Marion Günther, die sich noch gut an die Anfänge erinnert. "Auch wir wurden anfangs von vielen belächelt und auch heute gibt es noch viele Unterschiede im Vergleich zum Männer-Fußball." Als Beispiel führt die Funktionärin die zum Teil frappierenden Gehaltsunterschiede bei den Profis an. Den größten Erfolg feierten die Frauen von Grün-Weiß vor eineinhalb Jahren, als sie den Aufstieg in die Landesliga feierten. Sorgen bereitet den Deggendorfern das Personal. "Wir haben schon jetzt teilweise sehr wenig Ersatzspielerinnen und keine eigene Juniorinnen", berichtet Günther. Auch die zweite Mannschaft musste die Spielvereinigung in dieser Saison bereits abmelden.

DJK-SF Reichenberg
Im Februar 1967 wurden die DJK-Sportfreunde Reichenberg im gleichnamigen Pfarrkirchner Stadtteil gegründet, im März 1978 wurde im Gasthaus "Zur Hecke" eine Damenmannschaft aus der Taufe gehoben. Und schon am 12. Mai schnürten die Reichenbergerinnen gleich ihre (Fußball-)Stiefel zum ersten Punktspiel der Damen. Schon früh konnten die Sportfreunde Erfolge feiern: so die erste Meisterschaft in der Überbrückungsrunde 1980. Seit ihrer Gründung ist die Damenmannschaft im Spielbetrieb aktiv, seit 2012 beständig in der Bezirksoberliga. In der Saison 2017/2018 spielte das Team sogar in der Landesliga. Zur Saison 1987/1988 meldete der Verein eine Juniorinnen-Mannschaft, aktuell mischen die B-Juniorinnen ebenfalls in der Bezirksoberliga mit. Seit der Gründung 1978 haben viele Personen (Trainer, Betreuer, Funktionäre) dazu beigetragen, dass der Frauenfußball in Reichenberg gewachsen und ein wichtiger Bestandteil für den ganzen Verein ist. "Und nicht nur aus sportlicher Sicht besonders erfolgreich, sondern auch für die Gestaltung eines aktiven Vereinslebens", sagt Team-Managerin Anna Biedersberger.

− brö/fed/He/mid/mis