Bayern Ehrenpräsident in Plauderlaune
Uli Hoeneß: Offene Kritik an der Arbeitsweise von Thomas Tuchel – und warum Rangnick nur dritte Wahl ist

27.04.2024 | Stand 27.04.2024, 21:19 Uhr

Uli Hoeneß. − Foto: dpa

Bayern Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeneß hat bemerkenswert offen Kritik an der Arbeitsweise von Thomas Tuchel geübt.

Der zum Saisonende scheidende Trainer habe „eine andere Einstellung“, wenn es um den Umgang mit jungen Spielern gehe, sagte Hoeneß im Rahmen des FAZ-Kongresses am Freitag: „Er meint nicht, dass er einen Davies, Pavlovic oder Musiala verbessern kann. Wenn es nicht klappt, sollte man einen anderen kaufen. Ich meine, man sollte hart an ihnen arbeiten und ihnen Selbstvertrauen geben.“

Genau dies erwarte Hoeneß von einem Trainer: „Dass er junge Spieler verbessert und sie auch mal in den Arm nimmt.“ Grundsätzlich mache er Tuchel „keinen Vorwurf, er war häufiger bei mir zum Abendessen am Tegernsee, ich verstehe mich sehr gut mit ihm.“

Der Weg für den FC Bayern führe in Zukunft aber verstärkt über die Arbeit mit dem Nachwuchs. „Wir können einmal 100 Millionen Euro für einen Harry Kane ausgeben, vielleicht noch einmal für einen deutschen Spieler, aber nicht vier- oder fünfmal“, sagte Hoeneß.

Deshalb sei die Wahl auch auf Christoph Freund als Sportdirektor gefallen. „Er hat für Red Bull Salzburg einen Transferüberschuss von über 600 Millionen Euro erwirtschaftet, das ist der Ansatz für Bayern. Freund kennt jeden guten jungen Spieler auf der Welt.“

„Alonso hat sich durch Absage qualifiziert“



Trotz der Absage von Xabi Alonso glaubt Hoeneß, dass der Spanier in der Zukunft Trainer von Bayern München sein könnte. „Xabi Alonso hat einen Vertrag in Leverkusen bis 2026, wir haben höflich angefragt, er hat abgesagt, weil er Charakter hat, er wäre zu keinem anderen Verein gegangen“, sagte der Münchner Ehrenpräsident auf dem FAZ-Kongress am Freitag: „Dadurch hat er sich qualifiziert, später einmal Trainer des FC Bayern zu werden.“

Alonso, der Bayer Leverkusen zur Meisterschaft geführt und damit die Erfolgsserie der Bayern mit elf Titeln nacheinander durchbrochen hatte, habe den Münchnern in Gesprächen mitgeteilt, dass viele Spieler seinetwegen nach Leverkusen gekommen wären. Alonso habe von einem „Masterpiece“ gesprochen und seinen Entschluss mitgeteilt: „Ich kann den Verein nicht verlassen.“

Hoeneß berichtete, dass seine Frau Susanne bereits geahnt habe, dass Alonso nicht der Nachfolger von Thomas Tuchel bei den Bayern werden würde. „Meine Frau hat gleich gesagt: Wenn er Charakter hat, kommt er nicht, und wenn er keinen Charakter hat und zusagt, dann ist er nicht der richtige Trainer für euch“, erzählte der 72-Jährige: „Und sie hat wie immer recht behalten.“

Rangnick-Entscheidung in kommender Woche



Bei Österreichs Bundestrainer Ralf Rangnick, der zuletzt eine Anfrage der Bayern bestätigte, habe Frau Hoeneß „eine neutrale Haltung eingenommen, was seine Chancen nicht verringert“, sagte der frühere Ehrenpräsident, der bestätigte, dass der Klub zeitnah einen Nachfolger von Tuchel präsentieren wolle. „Ich denke, wir werden innerhalb einer Woche eine Entscheidung haben“, sagte er.

Die Entscheidung von Julian Nagelsmann, nicht zu den Bayern zurückzukehren, sondern Bundestrainer zu bleiben, wollte Hoeneß nicht final bewerten. „Wenn Deutschland bei der EM erfolgreich ist, war es die richtige Entscheidung von Julian“, sagte er: „Wenn er scheitert, ist es eine Katastrophe.“

Hoeneß hat bestätigt auch, dass Ralf Rangnick bei der Trainersuche nur die dritte Wahl ist. Der Ehrenpräsident erzählte, dass die Münchner ihre Job-Offerte zunächst an Leverkusens Xabi Alonso und dann Bundestrainer Julian Nagelsmann gerichtet hatten. Erst als diese beiden absagten, sei Rangnick als derzeitiger Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft kontaktiert worden. Der ehemalige Bundesliga-Coach wägt derzeit das Angebot der Münchner ab.

„Wir haben nie gleichzeitig mit drei Trainern gesprochen“, schilderte Hoeneß. „Wenn wir mit jemandem sprechen, musst du ihm das Gefühl geben, er ist der Mann. Wenn er Ja sagt, dann ist es perfekt. Wenn er Nein sagt, dann geht es weiter.“ So gelangten die Bayern nach zwei Absagen schließlich zu Rangnick.

− sid/red