DEL-Spieler war in Landesliga ausgeliehen
Zurück in die Normalität: Marcel Brandt – vom EV Dingolfing zur Nationalmannschaft

07.11.2020 | Stand 07.11.2020, 16:53 Uhr

Nationalspieler in der Landesliga: Marcel Brandt (l.) von den Straubing Tigers spielte jüngst für den EV Dingolfing. −Foto: Eva Fuchs

Eigentlich stellt sich Marcel Brandt (28) bei den Straubing Tigers den gegnerischen Angreifern in den Weg, doch wegen Corona und dem damit noch offenen DEL Saisonstart orientierte sich der niederbayerische Nationalspieler zwischenzeitlich neu – und wählte den Weg zu seinem Heimatverein Dingolfing Isar Rats. In die Landesliga, also Liga 5. Ein Gespräch mit einem werdenden zweifachen Vater aus Dingolfing, der in einer unteren Eishockey-Liga Neues erfuhr und derzeit mit der Nationalmannschaft beim Deutschland-Cup in Krefeld im Einsatz ist.

Marcel Brandt, wie geht es Ihnen?
Brandt: Soweit ganz gut. Seit Sonntag bin ich bei der Nationalmannschaft in Krefeld und bereite mich auf den Deutschland-Cup vor. Dazu gehören in diesen Zeiten auch Corona-Tests, heute wurden wir schon zum zweiten Mal getestet.

Eigentlich würden Sie jetzt schon einige Wochen für die Straubing Tigers in der DEL spielen, doch stattdessen liefen Sie in den vergangenen Wochen für die fünftklassigen Isar Rats aus Dingolfing in der Landesliga auf. Wie kam’s?
Brandt: Das ist ganz einfach zu erklären: Meine Frau Tanja bekommt Ende November nach unserer Tochter Lia (4) unser zweites Kind und da wollte ich nicht weit weg. Mit dem Dingolfinger Trainer Billy Trew, der ja lange bei den Tigers gespielt hat, hatte ich schon vor einiger Zeit besprochen: Wenn es sich irgendwie einmal ergeben sollte, würde ich sehr gern für meinen Heimatverein spielen. Und durch Corona hat sich nun als Profi so etwas wie ein Kindheitstraum für mich erfüllt.

Wie hat man Sie in Dingolfing aufgenommen, kannten Sie außer Billy Trew schon einige Personen?
Brandt: Na klar, die Spieler sind ja alle fast in meinem Alter und ich habe ja noch gute Kontakte zu ihnen – von daher war es ziemlich einfach und die Jungs haben mich toll aufgenommen.

Einige Kollegen bei den Isar Rats wollten ja sicher Tipps von Ihnen, welche haben Sie ihnen gegeben?
Brandt: Von der Strafbank wegbleiben (lacht), das ist das einfache Erfolgsrezept.

Sind Sie den eher ein ruhiger Eishockeyspieler – als Verteidiger muss man ja doch eher eine gewissen Aggressivität an den Tag legen?
Brandt: Bis zu einem gewissen Punkt bin ich ruhig, aber es dauert nicht lange, bis der Schalter umgelegt wird.

Wie ist das für einen Profi, in einer unterklassigen Liga zu spielen? Die Gegner erstarren ja sicher nicht in Ehrfurcht, sondern geben vielleicht extra Gas?
Brandt: Das kann man so sagen, manche Gegenspieler haben das gelassen genommen, andere haben zu übermotiviert gegen mich gespielt. Aber das weiß man im Vorfeld – damit muss man leben.

Das Verletzungs-Risiko ist also hoch – mussten die Isar Rats Sie besonders versichern?
Brandt: Klar, die Isar Rats haben mit den Straubing Tigers alle Details für meine Einsätze geklärt.

Die Eishockey-Landesliga pausiert im Lockdown im November, was bedeutet das für Sie?
Brandt: Bis Sonntag hat die Nationalmannschaft oberste Priorität, dann muss ich abwarten, wie es mit der PENNY DEL weitergeht, im November soll ja entschieden werden, ob die Liga im Dezember startet.

Jetzt heißt es aber erst mal Deutschland-Cup mit der Nationalmannschaft – eine gute Abwechslung vom Alltag, oder?
Brandt: Auf jeden Fall, es macht einfach Spaß, endlich mal wieder hochklassig Eishockey zu spielen.

Die Spiele beim Deutschland-Cup in Krefeld finden ja bekanntlich ohne Zuschauer statt – wie sehr berührt das einen Eishockey-Profispieler?
Brandt: In der normalen Liga merkt man das schon, weil die Fans einem den Rücken stärken. Jetzt in den drei Spielen mit der Nationalmannschaft kann man sicher damit umgehen, es fühlt sich dann eben an wie ein Trainingsspiel.

Anders gefragt: Spielt ein Eishockey-Profi mit 5000 Fans auf den Rängen besseres Eishockey?
Brandt: Eine schwierige Frage. Ich denke, vielleicht spielen manche Profis besser ohne Zuschauer, weil sie sich nicht unter Druck fühlen und Sachen machen, die sie vor 5000 Fans nicht machen würden. Es kommt also auf den Spielertyp an: Manche sind so cool und abgeklärt, denen sind 5000 Fans egal.

Die Nationalmannschaft muss wegen Corona auf ihren Bundestrainer Toni Söderholm verzichten, da können Sie jetzt natürlich kein persönliches Gespräch über Ihre Zukunft in der Auswahl mit ihm führen. Welche Ziele haben Sie mit der Nationalmannschaft?
Brandt: Mein Ziel ist ja ganz klar: Ich will weiter so spielen, dass ich mich für weitere Einsätze auf Top-Niveau empfehle und den Trainern zeigen, dass sie auf mich setzen und weiter in den Kader einladen können. Schließlich sind ja die Olympischen Spiele 2022 das große Ziel für mich.

Zum Schluss noch eine ganz einfache Frage: Wenn Sie jetzt drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Brandt: Mein erster Wunsch ist, dass meine Tochter gesund auf die Welt kommt und bei der Geburt alles passt. Darüber hinaus wünsche ich mir das Ende dieser Corona-Zeit, damit wir eine ganz normale Eishockey-Saison spielen können – vor Zuschauern.

Interview: Michael Scherer. Der Text erschien bereits am Freitag im Sportteil der Heimatzeitung.