Kaum zu stoppen: Warum der Höhenflug der Straubing Tigers kein Zufall ist

02.10.2019 | Stand 18.09.2023, 22:07 Uhr

Eingespieltes Team: Die Straubing Tigers um Mike Connolly (v.l.), Stefan Loibl, Marcel Brandt, Jeremy Williams. −Foto: Schindler

"Wir können schon ein wenig stolz auf das Wochenende sein", sagte ein erschöpfter Sandro Schönberger (32). Der Routinier der Straubing Tigers weiß, wie schnell es im Eishockey gehen kann. Und doch konnte er nach dem 6:2 gegen die Kölner Haie am Sonntag nicht abstreiten, dass die Niederbayern in der DEL gerade einen ziemlichen Lauf haben. Die Gäubodenstädter legten ein Sechs-Punkte-Wochenende hin (am Freitag 5:4 in Augsburg). Nach sechs Spielen stehen bereits zwölf Punkte auf dem Konto – Platz zwei hinter dem verlustpunktfreien EHC München. "Es war unser bestes Spiel der Saison", lobte sein Trainer Tom Pokel auf der anschließenden Pressekonferenz im Eisstadion am Pulverturm. Die Tigers sind die Überraschung der noch jungen DEL-Saison. Und das kommt nicht von ungefähr. Es spricht einiges dafür, dass der Höhenflug noch ein bisschen weitergeht – auch beim Auswärtsspiel am Mittwoch bei den Grizzlys Wolfsburg (19.30 Uhr/Magenta Sport).

In seiner 14. DEL-Saison ist Straubing personell so gefestigt wie vielleicht noch nie. Viele Leistungsträger sind am Pulverturm geblieben. Allen voran: Jeremy Williams. Der 35-jährige Kanadier macht einfach dort weiter, wo er in der vergangenen Saison aufgehört hat. Mit 57 Punkten war er Topscorer in der Hauptrunde und Garant für die beste Punkteausbeute in der Tigers-Geschichte (81). Schon jetzt hat Williams wieder zehn Scorerpunkte auf sein Konto gebracht. Alleine gegen Köln traf er zweimal selbst und bereitete drei weitere Tore vor. So ist der Flügelspieler unverzichtbar für Tigers.

Das Prädikat "besonders wertvoll" hat sich in den ersten sechs Spielen der Saison auch Travis Turnbull verdient. Der 33-Jährige mit der markanten Zahnlücke hat nach einer durchwachsenen Spielzeit für Iserlohn in Straubing eingeschlagen. Fünf Tore und drei Assists stehen auf seinem Konto. Zum Vergleich: In der gesamten abgelaufenen Saison hat er nur 18 Scorerpunkte gesammelt. Die Philosophie von Sportchef Jason Dunham, Spieler mit DEL-Erfahrung nach Straubing zu locken, geht erneut voll auf.

"Das Team muss den gleichen Ehrgeiz entwickeln wie in der Vorsaison", hatte Sportchef Dunham vor der Saison gegenüber der Heimatzeitung gefordert. Und die Spieler haben seinen Aufruf offenbar gehört: Die Fairplay-Tabelle der DEL weist die Tigers als Schlusslicht aus. 88 Strafminuten hat das Team in sechs Saisonspielen bereits gesammelt. Das ist kein Ausweis besonderer Qualität, legt aber zumindest nahe, dass man in Straubing verstanden hat, wie man als kleiner Verein den größeren Klubs beikommt: mit Körperlichkeit. Das sollen auch die Liga-Dominatoren zu spüren bekommen, die Mitte Oktober innerhalb weniger Tage am Pulverturm gastieren: Erst Meister Mannheim (Sonntag, 13. Oktober, 14 Uhr), dann Vize EHC München (17. Oktober, 19.30 Uhr).

"Die Jungs zeigen Moral und Herz", sagte Trainer Pokel schon Mitte September nach dem Sieg im Penaltyschießen gegen die FiPinguins Bremerhaven. Da hatten die Tigers gerade das dritte Spiel in Folge in der Overtime oder im Penaltyschießen gewonnen. In vier von sechs Spielen machten die Tigers einen Rückstand wett. Auch das eine besondere Qualität – und ein Indiz dafür, dass es in der Mannschaft stimmt.

Tom Pokel und Jason Dunham haben den starken Kader der Vorsaison mit Routiniers wie Turnbull und Ex-Nationalverteidiger Benedikt Kohl (vom ERC Ingolstadt gekommen) verstärkt. Aber nicht nur das: Immer wieder entwickeln die Tigers zusammen mit den Vereinen der Region Talente von DEL-Format. Nationalspieler Stefan Loibl (23) ist freilich das prominenteste Beispiel. Der Nationalspieler wechselt im kommenden Sommer zu Meister Mannheim. Der Ur-Straubinger könnte sich selbst einen großen Abschied bereiten. Mit zwei Toren und drei Assists hat er auch in dieser Saison schon wieder seine Klasse bewiesen. Aber auch hinter Aushängeschild Loibl entwickeln sich wieder vielversprechende Nachwuchsspieler. Jüngster Beweis: Tim Brunnhuber (20). Der gebürtige Eggenfeldener (Landkreis Rottal-Inn) hat sich beim EV Regensburg und vergangene Saison beim DEL2-Klub Ravensburg entwickelt und darf nun erste DEL-Luft schnuppern. Er kam bisher in jedem Spiel zum Einsatz, erzielte gegen Bremerhaven sogar sein Premieren-Tor in der höchsten deutschen Eishockey-Liga. Mit Marco Baßler (20) – derzeit noch in der DEL2 bei seinem Heimatklub Landshut im Einsatz – soll bald schon der nächste Youngster nachrücken, wie Sportchef Dunham vor der Saison im Gespräch mit der PNP betonte.

Da sagte er auch: "Unter die Top sechs der Liga zu kommen (direkter Playoff-Einzug, Anm. d. ed.), ist extrem schwer." Die Straubing Tigers zu schlagen gerade aber auch. Man wird das auch in Mannheim und München vernommen haben.