Gegentore, Einsatzwille, enttäuschende Neuzugänge: Ein Blick auf die Baustellen des Deggendorfer SC

12.11.2018 | Stand 18.09.2023, 22:01 Uhr
Roland Rappel

Noch laufen nicht alle in dieselbe Richtung beim Deggendorfer SC: Justin Kelly (vorn, links) wurde im Vorjahr, da noch ein Bietigheimer, zum wichtigsten Spieler der DEL2-Playoffs gewählt; beim DSC kann Kelly allerdings nicht überzeugen. −Foto: Roland Rappel

Die Deutschland-Cup-Pause ist im Eishockey in der Regel eine gute Gelegenheit um ein Fazit des Saisonverlaufs zu ziehen. Für den Deggendorfer SC, den Aufsteiger in die DEL2, fällt ein solches durchwachsen aus. Die Fakten: 16 Spiele haben die Niederbayern absolviert und dabei elf Punkte (vier Siege, einer davon nach Verlängerung) gesammelt. Das entspricht dem letzten Tabellenplatz des 14er Feldes. Mit 47 Treffern bewegt man sich im unteren Mittelfeld, 82 Gegentore sind dagegen der Höchstwert.

Die Heimatzeitung wirft einen Blick auf die Baustellen beim Deggendorfer SC.

Die Gegentor-Flut
Beides zeigt auch das große Problem, das der DSC derzeit hat: Mit vielen Gegentreffern nimmt man sich oft selbst die Chance, ein Spiel zu gewinnen. Negative Ausreißer waren die 2:9-Niederlage in Kaufbeuren sowie das 1:9 zuhause gegen den amtierenden Meister Bietigheim. 5,13 Gegentore fängt man sich im Schnitt pro Spiel. Die Tölzer Löwen, die derzeit den zehnten Tabellenplatz belegen und damit den direkten Klassenerhalt gesichert hätten, bekommen einen Treffer weniger pro Spiel (Quote 4,06). Damit die Gegentorquote nach unten geht, sind vor allem Verbesserungen in der Defensivarbeit notwendig: Erste Korrektur war die Verpflichtung von Jason Bacashihua unter der Woche, ein erfahrener Torhüter. Auch wenn DSC-Trainer John Sicinski den Goalies keine Schuld am derzeitigen Abschneiden gibt: Bislang war es dennoch so, dass sich sowohl Björn Linda als auch Cody Brenner in zahlreichen Partien vermeintlich leichte respektive haltbare Treffer gefangen haben. Mehrmals passierte das auch, als das Spiel noch unentschieden stand und der DSC nah am Punktgewinn war. Ob Bacashihua das ändern kann, wird sich zeigen.

Roach hat enttäuscht, Gläßl ist ein Glücksfall
Die Defensive ist die Achillesferse des DSC – aber damit sind nicht nur die Verteidiger gemeint. Auch die Stürmer lassen des Öfteren den Einsatz in der Arbeit nach hinten vermissen. Bei den Neuzugängen in der Abwehr ist vor allem Alex Roach eine Enttäuschung: Die Aufgaben, die ihm zugestanden wurden, konnte er nur selten zur Zufriedenheit erledigen. Insgesamt scheint es mit Roach einfach nicht zu passen: Das hat auch Trainer Sicinski erkannt, der ihn vor ein paar Wochen in die vierte Verteidigungsreihe gesteckt hat, welche nur selten aufs Eis darf. Erst durch Verletzungen der Mitspieler kam Roach wieder ins Spiel.Christopher Kasten und Mathias Müller spielen solide, gerade mit letzterem ist Sicinski sehr zufrieden und hat seine Leistungen immer wieder gelobt. Kapitän Andreas Gawlik hat noch Luft nach oben. Pikanterweise ist ausgerechnet der älteste Verteidiger der Fels in der Brandung, Milos Vavrusa bringt mit seinen 40 Jahren immer wieder Ruhe ins DSC-Spiel und lässt die Mitspieler von seiner Erfahrung profitieren. Marius Wiederer und – wenn im Einsatz – Nico Wolfgramm spielen ihr Möglichstes. Förderlizenzverteidiger Maximilian Gläßl ist bislang ein Glücksfall – auch wenn der 21-Jährige oft das Gefühl vermittelt, zu schnell zu viel zu wollen.

Gibbons liefert, Kelly bleibt vieles schuldig
Im Sturm sind es die Oberliga-Meister, welche die Kohlen aus dem Feuer holen: Der Spieler des Jahres der Vorsaison, Kyle Gibbons, ist Topscorer. Andrew Schembri, dem keiner zugetraut hatte, dass er den Sprung in die DEL2 so beeindruckend solide meistert, hat die zweitmeisten Tore erzielt. Bei den Neuzugängen fällt das Fazit ebenso durchwachsen aus: Christoph Kiefersauer entpuppt sich als positive Verpflichtung. Der Kanadier Josh Brittain kann sicher mehr, scheint aber noch nicht die richtige Bindung zu den bislang immer wieder wechselnden Nebenspielern gefunden zu haben. Justin Kelly ist die zweite große Enttäuschung im Team: Trotz seiner mehr als ordentlichen Vita kann er in Deggendorf keinen Fuß fassen. Das, was ein Aufsteiger braucht, nämlich Spieler mit Tempo, Kampfgeist und Einsatzwillen, sind nicht die großen Stärken des letztjährigen Playoff-MVPs. Seine Position dürfte mit den größten Fragezeichen versehen sein, wenn es um die Auswahl der vier Kontingentspieler geht, die im Spiel auflaufen dürfen. Immerhin: Von den Mittelstürmern weißt Kelly die beste Bullyquote im Team auf. Ebenso durchwachsen: Christoph Gawlik. Der Rückkehrer hat eigentlich seine Stärken in der Defensivarbeit, im Kampf, wäre ein "Kratzer" und "Beißer". Es wirkt aber, als hätte er seine Rolle im Team noch nicht gefunden.

Das Rätsel ums schwache Überzahlspiel
Größter Schwachpunkt in der Offensive ist das Überzahlspiel. Die Deggendorfer bekommen hier keinen Fuß auf das Eis. Warum dies, trotz zahlreicher Umstellungen und Anpassungen, bislang nicht besser wurde bleibt auch nach zwei Monaten ein Rätsel, das bald gelöst werden muss. Alles in allem ist für den DSC – mit einer stabileren Defensive, Glück bei der Verpflichtung von Bacashihua und einem glücklichen Händchen bei möglichen weiteren Verpflichtungen – immer noch alles drin in der Liga. Ein paar Siege zum Auftakt nach der Deutschland-Cup Pause, und der Aufsteiger ist wieder voll im Rennen.