Konter von der SPD: "Will nur seine Probleme lösen"
Sportler-Impfungen "möglichst bald im zweiten Quartal" – Rummenigge: Profifußballer als Vorbild

10.02.2021 | Stand 19.09.2023, 1:58 Uhr

"Lässt sich beispielsweise ein Spieler des FC Bayern impfen, wächst das Vertrauen in der Bevölkerung": Karl-Heinz Rummenigge spricht sich fürs Impfen aus, damit eines Tages wieder Zuschauer "ohne jegliche Angst ins Stadion zurückkehren" können. −Fotos: dpa/ Montage: Scherer

Die Diskussion um Impfvorteile für Spitzensportler hält an: DOSB-Präsident Alfons Hörmann sprach sich dafür aus, dass mögliche Olympia-Teilnehmer "im zweiten Quartal möglichst bald an die Reihe kommen – nicht im Sinne einer Bevorzugung, sondern dann, wenn genügend Impfstoff da ist". Auch Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge schaltete sich in die Diskussion ein: Nach seiner Meinung könnten Profifußballer als Vorbild bei möglichen Impf-Zweifeln dienen.

UPDATE: Am Mittwoch gab’s den Konter von der SPD zu den Rummenigge-Aussagen: Sportpolitikerin Dagmar Freitag stellt die gute Absicht des Impf-Vorstoßes von Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge infrage. Wenn sie wohlwollend annehmen würde, dass es ihm darum gehe, die Impfbereitschaft zu erhöhen, wäre es vorbildlich, wenn der FC Bayern "einen Bruchteil seiner beträchtlichen Einnahmen eingesetzt hätte, um in Anzeigen und TV-Spots mit der Mannschaft für das Impfen zu werben", sagte die Vorsitzende des Bundestag-Sportausschusses am Mittwoch im Interview von RTL/ntv. Das wäre eine glaubwürdige Maßnahme", sagte Freitag. "Jetzt aber sieht es aus, als wolle er vor allem seine Probleme lösen, denn wir wissen ja, dass aktuell zwei Spieler wegen Corona-Infektionen nicht nach Katar mitgeflogen sind." Der Hintergrund sei also vermutlich eher, "gesunde Spieler zu haben und nicht, die Impfbereitschaft in unserem Land zu erhöhen".



Speerwurf-Bundestrainer Boris Obergföll wünscht sich eine Impfung der deutschen Olympia-Delegation. "Aus Deutschland werden rund 1000 Athleten und Betreuer nach Tokio reisen. Das sind 1000 von 83 Millionen Menschen", sagte er. "Sie sollten geimpft werden – und wenn es geht, im Juni und nicht zwei Wochen vor den Spielen. Darüber sollte man nachdenken."

Zuerst müsste man schauen, dass die 20 Millionen Menschen aus den Risikogruppen geimpft würden, räumte Obergföll ein. "Dann würde ich aber schon schauen – bei der geringen Anzahl von Athleten und Betreuern –, dass sie vor den Olympischen Spielen, wenn genügend Impfdosen zur Verfügung stehen, geimpft werden. Vielleicht klappt das", meinte Obergföll.

Die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dagmar Freitag, hält diese Hoffnung für wenig realistisch. "Hier trifft ein durchaus nachvollziehbarer Wunsch auf die Wirklichkeit", sagte die SPD-Politikerin der ARD. "Wir sehen jeden Tag, wie mühsam es ist, eine funktionierende Impf-Infrastruktur in Gang zu bringen", fügte Freitag hinzu.

Nach Ansicht von Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge könnten Profifußballer als Vorbild bei möglichen Impf-Zweifeln dienen. "Lässt sich beispielsweise ein Spieler des FC Bayern impfen, wächst das Vertrauen in der Bevölkerung", sagte Rummenigge bei "Sport1". "Denn ich weiß als ehemaliger Fußballer, was der Körper für einen Sportler bedeutet: Alles! Wir wollen uns überhaupt nicht vordrängen, aber Fußballer könnten als Vorbild einen gesellschaftlichen Beitrag leisten."

Biathlon-Olympiasieger Arnd Peiffer hält Sportler-Impfungen für "schwierig", sagte der 33-Jährige dem Nachrichtenportal "t-online": "Denn es ist einfach niemandem zu vermitteln, wenn über 80-Jährige oder Pflegekräfte später drankommen, damit die deutsche Olympiadelegation mit 600 Personen geimpft nach Tokio fliegen kann."

Der Interims-Sportdirektor des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB), Christian Künast, äußerte sich indes "zurückhaltend" zu möglichen bevorzugten Corona-Impfungen von Sportlern. "Ich bin ganz klar der Meinung, dass das gesellschaftspolitisch abgestimmt werden muss", sagte Künast (49) dem "Mannheimer Morgen" (Dienstag) auf die Frage, ob es solche Überlegungen für die Eishockey-WM im Mai gebe: "Ärzte, Pflegepersonal, Senioren- und Pflegeheime sollten auf jeden Fall Vorrang haben, bevor man über Athletinnen und Athleten spricht."

Es würden bei der Impf-Debatte zwei Dinge auffallen. "Aktuell haben wir offensichtlich noch zu wenig Impfstoff, und ein Teil der Bevölkerung betrachtet das Impfen aus Sorge vor möglichen Nebenwirkungen noch kritisch", sagte Rummenigge (65). "Hier kann der Fußball aber etwas ganz Wichtiges leisten und mit gutem Vorbild vorangehen."

Spitzensportler sind in der aktuellen Impfverordnung mit Einteilung in verschiedene Gruppen nicht priorisiert. Vorrang haben zunächst Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen sowie alle Menschen über 80. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mehrfach angekündigt, bis zum 21. September allen Erwachsenen in Deutschland, die geimpft werden wollen, ein Angebot machen zu wollen.

Für den Bundesliga-Fußball hofft Rummenigge auf entscheidende Vorteile durch die Corona-Impfung. "Je mehr geimpft wird, desto mehr Zuschauer könnten eines Tages ohne jegliche Angst ins Stadion zurückkehren", sagte er. "Wir beim FC Bayern sind daran interessiert, nicht nur aus finanziellen, sondern aus Gründen der Fußballkultur, Atmosphäre und Emotionen in die Stadien zurückzubringen." Er glaube, "dass es spätestens ab Mitte des Jahres die realistische Chance gibt, wieder mit Zuschauern zu spielen".

− dpa