Pfiffe, Ärger – Kredit verspielt: Weinzierl und Heidel in Schalke angezählt

29.01.2017 | Stand 18.09.2023, 23:49 Uhr

Ratlos wirkte Trainer Markus Weinzierl. − Foto: dpa

Das war es wohl mit Europa. Dem FC Schalke droht erstmals seit 2009 eine Saison ohne internationales Zusatzgeschäft. Der drittteuerste Kader der Liga versinkt mehr und mehr im Mittelmaß. Die Kritik an den Führungskräften wird lauter.

Im ersten Frust flüchtete sich Christian Heidel ins Arztzimmer des Stadions. Abgeschirmt von den Pfiffen der Fans und den Klagen der Profis ließ der Manager des FC Schalke 04 den erneuten Rückschlag des Revierclubs beim 0:1 (0:1) gegen Eintracht Frankfurt für einige Minuten Revue passieren. "Ich brauchte eine Zeit, um mich zu sammeln", gestand er. Mit gequältem Lächeln fügte Heidel an: "Der Arzt musste zum Glück nicht tätig werden. Das war das einzige Erfreuliche heute."

Wenige Minuten zuvor hatte sich der Ärger der Anhänger in einem minutenlangen Pfeifkonzert entladen. Selbst bei den treuen Fans aus der Nordkurve war die Geduld aufgebraucht. Mit hängenden Köpfen und leeren Blick ertrugen die Profis die Unmutsbekundungen. "Das tut weh, wenn man so ausgepfiffen wird und in die entsetzten Gesichter schauen muss", gestand Mittelfeldspieler Leon Goretzka.

Der Ärger über den missratenen Start in die Rückrunde saß tief. Langsam aber sicher dämmert es allen Beteiligten, dass der Revierclub erstmals seit 2009 trotz hoher Investitionen von über 40 Millionen Euro wohl nicht in einem internationalen Wettbewerb vertreten sein wird. Der große Kredit, mit dem Heidel und der neue Coach Markus Weinzierl beim FC Schalke angetreten waren, scheint verspielt. Schließlich versinkt der drittteuersten Kader der Liga mehr und mehr im Mittelmaß. "Wir haben heute eine riesige Chance vergeigt", klagte Heidel.

Klagen der Profis über die schlechte Qualität des Rasens oder ein angebliches Foul von Frankfurts Abwehrspieler David Abraham an Schalkes Naldo vor dem Treffer von Alex Meier (33.) ließ der Manager nicht gelten: "Diese Nebengeräusche interessieren mich nicht." Ähnlich deutlich reagierte er auf Fragen nach den verbliebenen Europapokal-Chancen: "Das ist momentan überhaupt kein Thema. Wir wollen uns nicht lächerlich machen, wenn wir 21 Punkte haben und uns Gedanken über Europa machen."

Mit erschreckender Einfallslosigkeit versuchte das Team von Trainer Markus Weinzierl, den Rückschlag abzuwenden. Statt den Rückstand auf den möglichen Mitbewerber um einen europäischen Startplatz auf fünf Punkte zu verkürzen, wuchs er auf elf Zähler an. Eine Spielphilosophie, mit der die Trendwende eingeleitet werden könnte, ist nicht erkennbar. Weltmeister Benedikt Höwedes fand deutliche Worte: "Wir sind hinter den Erwartungen zurück und befinden uns in einer bedrohlichen Situation."

Allein die Fakten dokumentieren den Trend. So hat der einstige Europacup-Abonnent in dieser Saison noch kein Spiel gegen eine Mannschaft aus der oberen Tabellenhälfte gewonnen. Zudem gab es nach nur 18 Spieltagen bereits neun Niederlagen – so viele waren es zum gleichen Zeitpunkt zuletzt vor 23 Jahren. Der Abstand zum Tabellensechsten ist größer als der zum Relegationsplatz. "Die Mannschaft hat es in der Hand, dass die Situation nicht bedrohlich werden darf", kommentierte Heidel mit Bezug auf die Warnungen von Höwedes.

Ähnlich wie die Mannschaft wirkte auch der Trainer ratlos. "Jetzt sind Erfolgserlebnisse wichtig", sagte Weinzierl voller Hoffnung auf bessere Tage. Doch in den kommenden Spielen droht weiteres Unheil. Schließlich bekommen es die Schalker mit dem FC Bayern, Hertha BSC dem 1. FC Köln und 1899 Hoffenheim zu tun – allesamt Teams aus der oberen Tabellenhälfte.