Post aus Schönberg
"Größte Wettbewerbsverzerrung": Schönbergs Vereinschef schreibt offenen Brief an BFV-Präsident Koch

29.07.2020 | Stand 19.09.2023, 1:41 Uhr

Christian Brunnbauer (r.) hat einen scharfen offenen Brief an BFV-Präsident Rainer Koch (l.) verfasst. −Fotos: dpa/privat

Es ist die Rede von einem "irrsinnigen Transferfenster", "der größten Wettbewerbsverzerrung, die es im Fußball jemals gegeben hat" und einer "viel zu kurzfristigen Frist zur Mannschaftsmeldung" im Juniorenfußball: Christian Brunnbauer, Vorsitzender des TSV Schönberg, ist enttäuscht vom Bayerischen Fußballverband (BFV) und vielen Entscheidungen des Dachverbandes der der rund 4500 bayerischen Amateurfußballvereine in dieser Corona-Krise. Dieser macht er in einem offenen Brief, den er am Montag Richtung München an BFV-Präsident Rainer Koch geschickt hat, Luft.

Der Heimatzeitung liegt das Schreiben vor. Brunnbauer hofft auf eine Reaktion aus München, ein Signal, dass sein Ärger bzw. seine Sorgen gehört werden. Brunnbauer möchte gerne in den Dialog treten, mit der Verbandsspitze, aber genauso mit Vertretern umliegender Vereine, damit die Basis künftig besser in München gehört werde, wie er gegenüber der PNP betont.

− red



Der Brief im Wortlaut
"Sehr geehrter Herr Dr. Koch,
ich wende mich als Vertreter eines "kleinen" Vereins an Sie, um Ihnen gegenüber meinen Unmut, der Entscheidungen unseres Verbands kund zu tun. Nach der Corona Zwangspause dachte ich eigentlich, dass mit mehr Demut und Besonnenheit Entscheidungen auch zum Wohle der Basis getroffen werden.

Die Basis, sind aber nicht nur Ihre Regionalliga Vereine, sondern auch die ganzen A-Klassen, Kreisklassen und Kreisligavereine. Denn in diesen Vereinen wird noch ehrliche ehrenamtliche Arbeit geleistet, dessen ehrenamtliche Funktionäre keine "horrenden" Aufwandsentschädigungen erhalten, deren Funktionäre sogar noch eigenes Geld investieren, um den "Laden" am Laufen zu halten. In diesen Vereinen wird noch ehrliche Jugendarbeit betrieben. Leider wird dies von Ihnen total vernachlässigt.

Über die Saisonfortsetzung konnte man diskutieren ob richtig oder nicht. Aber die Einführung eines Sommerwechselfensters, das zum Einsatz zur Rückrunde einer laufenden Saison berechtigt ist unverantwortlich und führt zur größten Wettbewerbsverzerrung die es im Fußball jemals gegeben hat. Auch hier wurde die Basis wiederum vergessen und nur an die höherklassigen Teams gedacht.

Was sind die Folgen dieses irrsinnigen Wechselfensters?

Teils gehen stark veränderte Teams in eine Rückrunde, dessen ursprüngliches Wechselfenster eigentlich abgeschlossen war. So werden von einem Kreisligisten so eben mal zwei Landesligaspieler verpflichtet, und dadurch der Aufstiegskampf total verzerrt. Das hat mit fairem Wettkampf nichts mehr zu tun. Die kleinen Vereine, deren Personaldecke ohnehin schon dünn ist, haben plötzlich mit Abgängen zu kämpfen und somit auch um die Existenz. Auch wird durch die verantwortungslose Entscheidung des BFV, der bezahlte Fußball in den untersten Klassen noch weiter gefördert. So wechselt der ein oder andere Kicker so eben mal eine Klasse nach oben, und lässt den Verein, mit dem er eigentlich im Abstiegskampf steht und daran genauso auch seinen Anteil trägt, einfach im Stich.

Die weitere Folge ist, dass Vereine die durch die Corona Pandemie und den damit verbundenen Ausfall der Vereinsfeste teils in starke finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Dies wird durch das irrsinnige Transferfenster noch befeuert.

Auch ich stehe im Austausch mit anderen Vereinen, und kann Ihnen daher versichern, dass ich keine Einzelmeinung vertrete. Diese Entscheidungen setzten sich im Jugendbereich wie ein roter Faden weiter. Am Anfang hatte man die Jugend komplett vergessen und sich stattdessen rein auf den Herrenbereich konzentriert. Am 08.06.2020 erfolgte viel zu spät der Beschluss zum Abbruch der Saison im Jugendbereich. In dieser Zeit gab es für die Vereine natürlich kaum die Möglichkeit zum Dialog mit seinen Kindern und Jugendlichen. Kaum einer wusste, ob auch wirklich alle Kinder und Jugendlichen nach drei Monaten Pause überhaupt noch Lust am Fußball haben werden, was eine Planung extrem erschwerte. Dessen ungeachtet wurde uns zum 15. Juli eine viel zu kurzfristige Frist zur Mannschaftsmeldung gesetzt. Auch das beweist, Ihre "Wertschätzung" und fehlendes Verständnis für die kleinen Vereine.

Um Schaden für unseren Verein abzuwenden, behalten wir uns nach einer rechtlichen Prüfung Ihrer Entscheidungen auch juristische Schritte vor. Zum Schluss noch eine Bitte Herr Dr. Koch. Gehen Sie zur Basis und führen Sie einen offenen Dialog und hören sich die Sorgen und Nöte der kleinen Vereine an. Denn auch das ist ehrliche Vereinsarbeit, bzw. Verbandsarbeit.

Mit sportlichen Grüßen
Christian Brunnbauer
1.Vorsitzender"