Nach 1:1 im EM-Test gegen Dänemark
DFB-Elf bemüht, aber vorne harmlos: Jetzt hofft Jogi auf die "Engländer"

03.06.2021 | Stand 19.09.2023, 2:07 Uhr

Vor allem er erwischte keinen guten Tag: Leroy Sané (l.). Die offensiven Hoffnungen von Joachim Löw ruhen jetzt auf seinen Premier-League-Stars. −Foto: dpa

Der erste Schritt ist nach dem ordentlichen 1:1 gegen Dänemark gemacht, doch zur EM-Reife fehlt der DFB-Elf noch offensive Power. Helfen sollen jetzt die "Engländer".

Joachim Löw konnte die Ankunft seiner "Engländer" kaum erwarten. Mit Champions-League-Held Kai Havertz, Timo Werner und dem traurigen Verlierer Ilkay Gündogan wollte der Bundestrainer in Seefeld die heiße Phase der EM-Vorbereitung einläuten. Das erklärte Ziel: Mehr offensive Power für die Mammutaufgabe zum Turnierstart gegen Weltmeister Frankreich.

"Das Problem begleitet uns ja schon lange", sagte Löw über die diversen Fehlzündungen seiner "Mopeds" Leroy Sane und Serge Gnabry nach dem ersten EM-Test. Das ärgerliche 1:1 (0:0) gegen biedere, aber kaltschnäuzigere Dänen bei der gelungenen Rückkehr der alten Leitwölfe Thomas Müller und Mats Hummels legte die Offensivschwächen noch einmal offen.

16 Schüsse, zweimal Aluminium - aber wieder nur ein Tor. "Wir arbeiten uns eine Vielzahl von Chancen raus, belohnen uns aber nicht entscheidend", klagte Löw und kündigte an: "Es wird ein Thema sein, wie wir die Dinge konsequent zu Ende spielen können. Das Problem haben wir."

Und er ging es sofort an, als sein Kader am siebten Tag der Vorbereitung endlich komplett war. Zunächst in der Theorie, ab Freitag in der Praxis. Bis auf den gerade erst genesenen Leon Goretzka und womöglich den angeschlagenen Emre Can (Adduktoren) sollen dann alle Auserwählten gemeinsam trainieren - nicht nur die Offensive. "Wir haben einige Themen, an denen wir arbeiten müssen", betonte Löw und kündigte "ein paar intensive Einheiten, vor allem im taktischen Bereich" an.

Doch der Bundestrainer sah auch Gutes in Innsbruck. Etwa ein "gutes Spiel" von Hummels und Müller. "Was besser war: die Kommunikation", betonte er, "es war lauter auf dem Platz. Die Kommandos waren besser. Es war nicht so ruhig wie sonst schon." Das lag vor allem an "Radio" Müller, der sofort wieder auf Dauersendung war. Damit stachelte er offenbar auch Joshua Kimmich an, der den zum Teil lethargischen Sane wachrüttelte ("Leroy, geh drauf!").

Ebenfalls positiv: Torschütze Florian Neuhaus nutzte seine Chance in Abwesenheit der Säulen Toni Kroos, Gündogan und Goretzka. Dass die Spieler aus der zweiten Reihe "den Druck hochhalten", sieht Löw wie beim WM-Triumph 2014 als Schlüssel zum Erfolg: "Sie müssen die anderen mit Leistung antreiben."

Wie Neuhaus gegen Dänemark. Und: Vor dem Treffer des Gladbachers (48.) schlug Robin Gosens eine "klasse Flanke" (Löw), zudem war der dänische Strafraum mit fünf Mann gut besetzt. Auch "die Körpersprache und das Dagegenhalten" sah Löw "verbessert", zudem funktionierte das Pressing wie vor dem 1:0 teilweise schon gut.

Doch es gab auch Mängel. "In manchen Szenen", gab Müller zu, "war deutlich Luft nach oben". Löw kritisierte "ausbaufähige" Standards, auch die Abstimmung müsse "noch verfeinert werden". Vor allem aber blieb die Frage offen, ob die Dreierkette - wie von Löw angedacht - wirklich das beste Mittel ist, um Frankreichs Offensivstars Kylian Mbappe, Karim Benzema und Antoine Griezmann am 15. Juni zu stoppen.

Ja, behauptete RTL-Experte Lothar Matthäus. "Ich finde, die Dreierkette eine gute Lösung für starke Mannschaften, die mit schnellen Stürmern spielen", sagte er und nannte die Variante "ganz sicher eine gute Möglichkeit für Joachim Löw". Doch es blieben Zweifel. Beim Gegentor durch Yussuf Poulsen (71.) kamen der bis dahin stark verbesserte Niklas Süle und Hummels nicht mehr hinterher.

Abhilfe soll auch hier ein "Engländer" schaffen: Antonio Rüdiger, der nach der Geburt seines zweiten Kindes bereits am Mittwoch in Seefeld eintraf, ist von Löw als EM-Abwehrchef vorgesehen.

Bei Generalprobe gegen Fußball-Zwerg Lettland am Montag (20.45 Uhr/RTL) in Düsseldorf soll der Chelsea-Profi die deutsche Defensive organisieren. Und der Rest der Insel-Kicker vorne Gas geben.

− sid