Bayern feiert 4:2-Pokalsieg
Der Triple-Traum lebt weiter: Bayern demonstriert seine Macht, Bayer versagt vor dem Tor

04.07.2020 | Stand 19.09.2023, 1:39 Uhr

Ausgelassener Jubel: Die Bayern-Stars feiern den Pokalsieg. −Foto: dpa

Bayern München hat seine eindrucksvolle Titeljagd auch im DFB-Pokal fortgesetzt und darf vom Triple träumen: Im lange einseitigen Geister-Endspiel gegen Bayern Leverkusen siegte das Team von Trainer Hansi Flick vor leeren Rängen im Berliner Olympiastadion mit 4:2 (2:0), nach dem achtem Meistertitel in Folge erbrachten die Bayern einen weiteren Beweis ihrer Vormachtstellung im deutschen Fußball. Insgesamt war es der 20. Pokalerfolg für die Münchner und das 13. Double der Vereinsgeschichte.

Vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw und DFB-Präsident Fritz Keller brachte Abwehrchef David Alaba (16.) den deutschen Meister per direktem Freistoß sehenswert in Führung. Nationalspieler Serge Gnabry (24.) und Torjäger Robert Lewandowski (59. und 89.) erhöhten. Sven Bender (64.) und Kai Havertz (90.+5/Handelfmeter) trafen für Bayer.

Die Bayern können die ohnehin sportlich erfolgreiche Saison im August zusätzlich veredeln. Im Finalturnier der Champions League kämpfen die Münchner um den ersehnten Triumph in der Königsklasse.

Leverkusen blieb wie im Ligaduell vor vier Wochen (2:4) eine Stunde lang ohne Chance und verpasste im vierten Pokalfinale der Vereinshistorie den ersten Titel seit dem Pokalsieg im Jahr 1993.

Dem 77. Finale des DFB-Pokals fehlte, was das Endspiel in Berlin stets so besonders macht: die Fans. Die knapp 75.000 Plätze waren wegen der Corona-Pandemie verwaist, die in den Vereinsfarben geschmückten Kurven ließen den sonst so stimmungsvollen Rahmen nur erahnen. "Es ist eine ungewohnte Atmosphäre", sagte Löw in der ARD.

Im Münchner Block waren die Namen Hunderter Fanklubs aufgelistet, die Gegenseite war in rot-schwarz gehalten und mit einer Aufforderung an die Leverkusener versehen: "Holt den Pokal nach Lev. Schreibt Geschichte" stand auf einem Banner.

Das Team von Trainer Peter Bosz ließ zumindest anfangs erahnen, dass es an seine Chance glaubte. Leverkusen war präsent in den Zweikämpfen, wirkte in den ersten Minuten wacher und ließ kein geordnetes Aufbauspiel der Bayern zu.

Nach dem durchwachsenen Start übernahm der Favorit aus München aber zunehmend die Kontrolle. Nach Ballgewinnen schaltete Flicks Team blitzartig um und sorgte mit Vorstößen über die starke Achse im Zentrum für Gefahr. Thomas Müller (8.) und Kingsley Coman (10.) ließen gute Möglichkeiten ungenutzt, kurz darauf nahm Alaba aus rund 18 Metern genau Maß.

Leverkusen wirkte geschockt und fand in der Folge kaum Zugriff. Bayern dominierte, kombinierte sicher und löste die vereinzelten Konter mit großer individueller Klasse. Die Außenverteidiger Benjamin Pavard und besonders Alphonso Davies überzeugten.

Auch offensiv glänzten die Roten. Joshua Kimmich spielte nach einer guten Balleroberung Gnabry auf der Außenbahn frei. Der Nationalspieler ließ Lukas Hradecky im Leverkusener Tor erneut keine Abwehrchance. Nach dem zweiten Tor reduzierte München etwas das Tempo, blieb aber immer Herr der Lage.

Das änderte sich auch nach dem Seitenwechsel zunächst nicht. Vor allem die Überlegenheit im Mittelfeld stach hervor, Kimmich und Leon Goretzka überzeugten als Taktgeber in der Zentrale. Defensiv standen die Bayern stabil, hatten bei der ersten großen Unachtsamkeit aber Glück, als der eingewechselte Kevin Volland (57.) freistehend über den Ball trat.

Die Strafe für den verpassten Anschlusstreffer folgte umgehend – und wieder schadete sich Bayer mit einem individuellen Fehler. Lewandowskis Schuss aus etwa 30 Metern boxte Hradecky ins eigene Tor.

Der Anschluss durch Bender nach einer Ecke kam überraschend. Bayer fand dadurch aber neuen Mut und hatte seine beste Phase im Spiel. Die Bayern gerieten unter Druck, in der Abwehr taten sich Lücken auf. Nur mit Glück und dank Leverkusener Ungenauigkeiten kassierten sie keinen weiteren Gegentreffer. Dann sorgte Lewandowski für die Entscheidung. Es war der insgesamt achte Treffer des Polen in einem Pokalfinale - Rekord.

Die Stimmen zum Spiel

David Alaba (FC Bayern München): "Wir sind überhappy, dass wir den Pokal mit nach Hause nehmen."

Serge Gnabry (FC Bayern München): "Es ist schon komisch in so einem leeren Stadion, wo normalerweise so ein geiles Gefühl aufkommt. Ich würde den Pokal gerne mit den Fans feiern."
(zum Jubel vor der Fankurve): "Es war ein kleines Symbol, dass wir auch an sie denken."
(zum Spielverlauf): "In der ersten Halbzeit hatten wir das Spiel völlig unter Kontrolle. Wir haben dann nach der Halbzeit nicht mehr so weiter gespielt wie davor. Im Endeffekt gewinnen wir mit 4:2 nach einem Last-Minute-Elfmeter, das ist das Wichtigste."
(zu Rolle von Trainer Hansi Flick): "Er hat sehr großen Anteil, er gibt uns immer wieder ein gutes Gefühl. Das ist auch ein Stück Mentalität, das er uns einprägt, das wir verinnerlichen. Das bringt uns immer wieder weiter und hilft uns, Siege einzufahren."

Lars Bender (Bayer Leverkusen): "Wir waren am Anfang nicht im Spiel, da hat der Mut gefehlt, das Vertrauen, die Erfahrung in so einem Spiel. Dann liegst du zurück, gegen Bayern ist es dann immens schwer. Wir hatten nochmal die Chance, für ein spannendes Spiel zu sorgen, aber die Momente, die wir hatten, haben wir leider verpasst. Es ist vielleicht so, dass man in der einen oder anderen Situation merkt, dass es das erste Finale für den einen oder anderen ist. Es geht darum, Titel zu holen, da muss man von der ersten Minute an da sein. Es geht darum, seinen Gegenspieler dann auch mal wegzubeißen, daran zu wachsen. In der zweiten Halbzeit waren die Momente da. Wenn es von Anfang an so läuft, ist es vielleicht ein anderes Spiel. Da sieht man halt, was man bewirken kann, wenn man das Vertrauen und den Mut hat. Wir waren vielleicht in der einen oder anderen Situation zu passiv, der Spielverlauf war dann auch nicht ganz so glücklich."
(zum FC Bayern): "In der Verfassung sind sie sicherlich ein Kandidat fürs Triple."

Fritz Keller (DFB-Präsident): "Es ist großartig, dass wir hier stehen dürfen. Dieser Pokalwettbewerb wird in die Geschichte eingehen und das nicht nur, weil es ein Viertligist ins Halbfinale geschafft hat. Es tut mir so wahnsinnig leid, dass ihr heute keine Zuschauer gehabt habt. Das ist etwas, das ich wahnsinnig vermisse und ihr auch. Dass wir überhaupt hier stehen dürfen, haben wir fleißigen Menschen zu verdanken. Euch Fans haben wir heute so schmerzhaft vermisst."

Rainer Koch (DFB-Vizepräsident): "Der FC Bayern hat in einer gewiss außergewöhnlichen Zeit einmal mehr Außergewöhnliches bewerkstelligt und seine Stärke demonstriert. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern vielmehr das Ergebnis aus zielstrebiger und harter Arbeit im gesamten Verein. Der Gewinn der Meisterschaft und des DFB-Pokals weckt berechtigte Hoffnungen, dass auch in der jetzt anstehenden finalen Phase der Champions League Großes möglich ist. Hier drücken wir ganz fest die Daumen!"

Joachim Löw (Bundestrainer; in der Halbzeitpause): "Ich war lange nicht im Stadion, ich musste mich an die Auflagen und Regeln halten. Heute habe ich mich daher sehr gefreut. Es ist eine ungewohnte Atmosphäre, gerade bei so einen Spieler. Normalerweise sind hier 75 000 Zuschauer und eine tolle Stimmung, das fällt heute aus."
(zum Niveau der Partie): "Das ist gut, besser als ich erwartet hätte. Die Spieler gehen hochmotiviert zur Sache, sie sind konzentriert und fokussiert, es macht Spaß, solche Spiele zu sehen."
(zu Joshua Kimmich): "Seine Entwicklung ist natürlich auch klasse und phänomenal. Er strahlt auf dem Platz das aus, volle Motivation, immer aggressiv zu sein, immer gewinnen zu wollen, diese Siegermentalität bringt er mit. Er hat sich auf der Position sehr gut entwickelt, läuft Bälle ab, gewinnt Zweikämpfe, spielt gute Bälle nach vorne. Das macht auch dann die Bayern stark. (...) Er spielt jetzt drei, vier Jahre in der Nationalmannschaft, hat von Anfang an da auf einer anderen Position gespielt. Jetzt ist er wichtig auf der sechs. Er kann das erreichen, er hat schon einige Titel gewonnen und er hat diese Siegermentalität."