Hoeneß-Kritik vor CL-Duell
1,35 Milliarden und ein Schatten seiner selbst: Barca für Bayern "überhaupt kein Vorbild mehr"

13.09.2021 | Stand 19.09.2023, 2:17 Uhr

Noch immer stehen große Namen wie Gerard Pique oder Memphis Depay im Barca-Kader, der Glanz vergangener Tage aber ist weg. −Foto: afp

Kein Lionel Messi mehr, dafür horrende Schulden und massive Probleme: Der große FC Barcelona ist vor dem Duell gegen Bayern München nur noch ein Schatten seiner selbst.

Thomas Müller ist selten ratlos. Doch wie er diesen einst so stolzen und großen FC Barcelona ohne Superstar Lionel Messi bewerten soll, wusste selbst der 32-Jährige ausnahmsweise nicht. Er könne Barca "absolut nicht einschätzen. Ohne Messi wird das eine andere Mannschaft sein. Für das Gesamterlebnis fehlt er absolut. Ich weiß nicht, was uns da erwartet", sagte Müller vor dem Champions-League-Duell seines FC Bayern am Dienstag (21.00 Uhr/Amazon) im Camp Nou.

"Mes que un club", mehr als ein Verein will der FC Barcelona seit jeher sein – doch längst sind die glorreichen Zeiten mit Messi und Pep Guardiola, als Barca Europas Fußball fast nach Belieben dominiert hatte, verblasst. Vielmehr stehen die Katalanen vor einem Scherbenhaufen. Unglaubliche 1,35 Milliarden (!) Schulden haben sich aufgetürmt, Präsident Joan Laporta hat zwangsweise einen rigorosen Sparkurs ausgerufen. Die Zukunft ist ungewisser denn je – auch sportlich.

Uli Hoeneß jedenfalls sieht Barcelona längst mehr als Richtschnur im internationalen Fußball. "Barcelona ist für uns überhaupt kein Vorbild mehr", sagte der Ehrenpräsident von Bayern München bei Bayern1 angesichts der gravierenden finanziellen Probleme der Katalanen. "David Alaba hat mir mal erzählt: "Mein Traum ist es immer noch, mal in Barcelona zu spielen." Dann habe ich zu ihm gesagt: "Willst du da mit dem Präsidenten oder mit dem Insolvenzverwalter verhandeln?"", berichtete Hoeneß.

Der langjährige Bayern-Macher sieht seine Münchner im Estadio Camp Nou als "Favorit, weil Barcelona aufgrund der Spielerverkäufe und der wirtschaftlichen Probleme nicht in Bestform sein kann", warnte jedoch: "Aber das ist auch die Gefahr."

Zwar trainiert Ronald Koeman immer noch einen stark besetzten Kader mit Torwart Marc-Andre ter Stegen, Kapitän Gerard Pique, Sergio Busquets, Jordi Alba oder Supertalent Pedri. Doch ohne Ikone Messi, der 18 Jahre Dreh- und Angelpunkt war, hat Barca seinen Schrecken verloren. Der einst stolze Klub habe sich "aus der Riege der Favoriten verabschiedet", schrieb "l‘esportiu" vor dem Auftakt der Gruppenphase.

Um das zu verdeutlichen, zeigte das katalanische Blatt auf Seite eins einen jubelnden Messi – im Trikot von Paris St. Germain. "Die etwas andere Champions League", lautete der Titel.

Etwas anders? Beim FC Barcelona ist alles anders. Koeman nannte den Moment des Messi-Abschiedes einen "Schock". Man habe "den Besten der Welt verloren" und es habe gedauert, "bis wir uns erholt hatten".

Wie weit Barca ohne Messi schon ist, weiß allerdings niemand so recht. Klar ist nur, dass die Katalanen Revanche für das desaströse 2:8 im Halbfinale der Königsklasse vor gut einem Jahr (damals noch mit Messi) gegen die Bayern nehmen wollen. Nur wie?

Sergio Agüero, Ousmane Dembele, Ansu Fati, Sergino Dest und Martin Braithwaite fallen aus, Antoine Griezman ist kurz vor Transferschluss zu Atletico Madrid geflüchtet. In der Offensive muss Koeman wohl oder übel seinen niederländischen Landsleuten Memphis Depay und Luuk de Jong vertrauen.

Der Ex-Gladbacher de Jong hatte zuletzt semi-erfolgreich beim FC Sevilla gekickt. Kein Wunder, wenn Mundo Deportivo im Spiel gegen die Bayern "die große Herausforderung" für ter Stegen und Co. sieht.

Eine Niederlage würde die ohnehin brisante Lage noch verschärfen. Zumal sich Barca auch noch im Clinch mit Ligaboss Javier Tebas befindet. Der stichelte nun wieder gegen Laporta. Dieser hätte Messis Abgang, den selbst der frühere Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge in AS als "Eigentor" bezeichnete, verhindern können.

Laportas Konter: "Er hat eine kranke Besessenheit zu sehen, wie er Barca und seinen Werten schaden kann." In Wahrheit sei Tebas schuld an Messis Weggang, "wegen seines übermäßigen Eifers und weil er mit dem Fair Play päpstlicher umgeht als der Papst."

− sid