Beim Halbmarathon am 15. September
Läuft Regime-Kritikerin in Altötting? – Organisator Günther Vogl sammelt für Start der Weißrussin Sviatlana Kudzelich

18.05.2024 | Stand 18.05.2024, 14:47 Uhr |

Sviatlana Kudzelich aus Weißrussland – hier beim Marathon bei der WM 2019 in Doha, wo sie in 3:00:38 Stunden den 32. Platz belegte – möchte beim Halbmarathon am 15. September in Altötting starten. Organisator Günther Vogl will das der 37-Jährigen aus seinem Laufteam ermöglichen. − Foto: imago images

Von Franz Aichinger

Am 15. September steigt die 33. Auflage des internationalen Halbmarathons in Altötting. Organisator Günther Vogl mobilisiert bei dieser Traditionsveranstaltung immer wieder Stars der internationalen Laufszene. Diesmal soll Sviatlana Kudzelich in der Wallfahrtsstadt an den Start gehen. Das gestaltet sich im Fall der Weißrussin jedoch nicht ganz einfach, weshalb die Ausrichter nun zu einer Spendenaktion aufrufen.

Kudzelich ist bzw. war in ihrer Heimat ein kleiner Star. Die Leichtathletin, die am 7. Mai ihren 37. Geburtstag gefeiert hat, ist 14-fache Landesmeisterin. Ihre Bestzeiten über 10 Kilometer (32:46 Minuten), im Halbmarathon (1:11:45 Stunden) und im Marathon (2:31:10) können sich sehen lassen. Da die 1,70 Meter große und 52 Kilo leichte Sportlerin sich jedoch gegen das politische System in Weißrussland stellte, fiel sie in Ungnade.

Bis September 2020 arbeitete Kudzelich im Dienstgrad eines Oberleutnants im Ministerium für Notsituationen als Inspektorin für Ausbildung und Sport. Während der Proteste in Belarus am 18. August 2020 unterzeichnete sie dann zusammen mit anderen Athleten des Landes einen offenen Brief, in dem sie die Gewalt im Land verurteilte und Präsidentschafts-Neuwahlen forderte. Daraufhin wurde Kudzelich aus dem Ministerium entlassen und auch aus der Nationalmannschaft ausgeschlossen. Nachdem auch der Vertag ihres Ehemanns und Trainers Ihar Schawaranak vom Regime von Alexander Lukaschenko nicht verlängert wurde, floh das Paar zusammen mit der kleinen Tochter nach Kasachstan.

Da alle weißrussischen Athleten von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen sind, darf Kudzelich auch keine offiziellen Meisterschaften mehr bestreiten. „Statt ihr also zu helfen, wird sie noch für ihren Kampf gegen das Regime bestraft. Der Leichtathletik-Weltverband World Athletics scheint nicht willig, ihr zu helfen“, sagt Vogl und fügt an: „Sviatlana braucht Unterstützung. Falls sich mal ein Veranstalter findet, der sie einlädt, scheitert es an den Kosten für Flug und Hotel. Selbst kann sie das nicht finanzieren.“ Der Funktionär möchte die Hallen-Europameisterin von 2015 in Prag über 3000 Meter nun zum Halbmarathon nach Altötting einladen. „Nach dem Ausstieg unseres Hauptsponsors OMV ist es aber auch für uns nicht möglich, die Kosten dafür zu tragen“, erklärt Vogl, der Kudzelich als autorisierter Manager des Weltverbands World Athletic in seinem internationalen Läuferteam betreut. Mit Spenden möchte er der Regime-Kritikerin das Mitwirken ermöglichen und verspricht: „Jeder Betrag geht zu 100 Prozent an die Läuferin.“ Die ersten kleineren Geldsummen seien schon eingegangen.

Aber auch bei der Traditionsveranstaltung selbst, die mittlerweile zu den Top-Halbmarathons in Deutschland zählt und zu der im Vorjahr über 2000 Aktive für das Hauptrennen über 21,1 Kilometer, den Sechs-Kilometer-Lauf und den Hobbylauf über 1300 Meter in die Wallfahrtsstadt pilgerten, kann Vogl dringend Unterstützung brauchen. Nachdem sich mit der OMV der seit 2007 engagierte Hauptsponsor zurückgezogen hat, plagen die Organisatoren ebenfalls Finanzprobleme. Vogl gibt sich jedoch kämpferisch, will seinen Halbmarathon auf jeden Fall am Leben halten: „Wir müssen wohl abspecken, aber ich habe nicht vor aufzuhören.“


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