Die Rennrodel-Olympiasieger Tobias Wendl und Tobias Arlt stellen eine außergewöhnliche Ausdauer unter Beweis: Am Samstagnachmittag (30. November) starten sie in ihre 18. Weltcup-Saison. Kurz vor ihrer Abreise nach Lillehammer (Norwegen) konnten wir mit den beiden, die jüngst in Winterberg einmal mehr Deutsche Meister im Doppelsitzer wurden, sprechen.
Herr Wendl, Herr Arlt, Ihre 18. Weltcup-Saison steht bevor: Sie konnten bislang 47 klassische Weltcup-Rennen (ohne Sprints und Team-Bewerbe) gewinnen. Die „50“ ist sicher ein Ziel…Tobias Wendl: Diese Marke wollen wir natürlich erreichen. Sie ist ein Ansporn.
Wenn Sie auf Ihre ersten Weltcup-Rennen in der Saison 2006/07 zurückschauen: Wie sieht der Vergleich – beispielsweise in Sachen Adrenalin – zu damals aus?Tobias Arlt: An unserer Anspannung hat sich nicht viel geändert. Wenn dieser Wille und das Herzklopfen nicht mehr vorhanden wären, selbst die Aufregung, das Adrenalin vor den Rennen, dann würden wir etwas falsch machen und könnten tatsächlich aufhören. Wir wollen immer besser und schneller werden und die perfekten Läufe runterziehen.
Wie lief die Vorbereitung?Wendl: Sie lief sehr gut. Auch bei den Qualifikationen auf den deutschen Bahnen, wir haben unseren letztjährigen Schlitten quasi überall überholt. Bei der ersten Internationalen Trainingswoche (ITW, d. Red.) hier in Lillehammer hatten wir ein wenig Probleme, unser Setup zu finden und hoffen, dass wir es bis zu den Rennen besser hinbekommen.
Sind Sie wieder auf einem neuen Schlitten unterwegs – möglicherweise jenem, den Sie letztes Jahr extra für die WM gebaut haben?Wendl: Tatsächlich sind wir auf einem neuen Schlitten unterwegs, aber nicht jenem von der WM. Wir haben wieder einen neuen gebaut, der aber ein wenig in die „alte“ Richtung geht, weil wir uns darauf sehr wohl fühlen. Da haben wir mit unserem Techniker Christian Thurner etwas richtig Geiles auf die Beine gestellt.
Ihr Ziel für Lillehammer, nicht unbedingt Ihre Lieblingsbahn?Arlt: Wir haben dort tatsächlich schon einen Weltcupsieg auf dem Konto. Aus dem letzten Lillehammer-Rennen 2019/20 sind wir nur als Siebte gegangen, das war natürlich nicht so gut. Die Bahn ist vom Prinzip her anders zu meistern als alle anderen, auf denen wir in der Vorbereitung waren. Man muss sehr genau fahren, das Eis war in der ITW knackig, weil es sehr kalt war. Darum kamen wir nicht zu 100 Prozent zurecht, sind aber guter Dinge, die kleinen Probleme in den letzten Trainingsläufen vor dem Weltcup noch ausmerzen zu können.
Wendl: Ziel ist es, zweimal schön runterzufahren – dann sind wir zufrieden, weil das hier nicht einfach ist.
Werden die Österreicher wieder die schärfsten Konkurrenten sein?Wendl: Das werden sie auf jeden Fall, sie haben es in der letzten Saison bewiesen. Sie bieten uns Paroli, das steht fest, werden mit viel Selbstbewusstsein an den Start gehen. Und wir wollen bestmöglich dagegenhalten.
Arlt: Selbstverständlich sind die Letten nicht zu vergessen, die werden wir ebenfalls nicht unterschätzen. Bots/Plume sind richtig schnell gefahren, diese Woche. Freilich liegt die Wahrheit dann immer in den Rennen an den Wochenenden selbst.
Die WM steigt heuer in Whistler – wie schätzen Sie Ihre Chancen dort ein?Wendl: Darauf freuen wir uns sehr sehr sehr. Wir wurden in Kanada 2013 zum ersten Mal Weltmeister und gewannen letztes Jahr das Weltcuprennen dort. Mit der Bahn kommen wir gut klar, die taugt uns. Das wird ein ganz enges Rennen, beim kleinsten Fehler ist man weg vom Podest – dadurch auf der anderen Seite aber auch wieder schnell vorn dabei.
Interview: Hans-Joachim Bittner