Am ersten August 2010 wurde in Regensburg das erste von insgesamt drei Ironman-Rennen ausgetragen. Unabhängig voneinander motivierte es damals zwei Zuschauer aus der Region dazu, sich näher mit dem Triathlonsport zu befassen.
14 Jahre später feierten Nikolaus Ferstl, der 15 Jahre lang in Regensburg arbeitete, und Hans-Christoph Gallmeier ihr Debüt bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii. Für die beiden Oberpfälzer markierte das Überqueren der Ziellinie von Kailua-Kona das Ende einer langen Reise.
Ein Weltmeister auf den Regensburger Straßen
Ein Verwandter aus Roth hatte schon länger versucht, Ferstl zur Teilnahme an einem Triathlon zu bewegen, jedoch lehnte er damals immer ab, wie er sich erinnert. Seine Abneigung änderte sich, als Ferstl in Regensburg den späteren Sieger und Ex-Langdistanz-Weltmeister Faris Al-Sultan auf der Strecke sah. Später verfolgte er den Zieleinlauf in Stadtamhof. „Das Erlebnis will ich nächstes Jahr auch haben“, sagte sich Ferstl.
Gesagt, getan: Ein Jahr später überquerte er beim Ironman-Regensburg die Ziellinie. Wenige Jahre später tauchte der Gedanke Hawaii auf. 2019 wäre es fast so weit gewesen. Durch Absagen von besser platzierten Athleten seiner Altersklasse hätte Ferstl den Startplatz bekommen – hätte.
Schwerer Sturz bei Radausfahrt
Wenn er zur Siegerehrung gegangen wäre. „Ich habe mich zu Tode geärgert“, erzählt er. Ein geplanter Start in Frankfurt 2020 fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Der Schock folgte zum Jahresende: Beim Radtraining stürzte Ferstl bei hohem Tempo und verletzte sich schwer. „Es hat nicht gut ausgeschaut.“ Doch Ferstls Körper gab nicht auf.
Dennoch: Zeitweise erhielt er die Prognose, nie wieder laufen zu können. Diese Zeit beschreibt er heute als seinen „härtesten und längsten Triathlon“. Doch Ferstl kämpfte sich zurück und schaffte am 15. August 2021 das vermeintlich Unmögliche, als er beim Ironman Frankfurt das Ziel erreichte. „Der erste Triathlon in meinem zweiten Leben“, beschreibt er es. Danach sollte Schluss sein.
Zwei Jahre später, inzwischen selbstständig und beruflich stark eingebunden, lernte er jemanden aus Irland kennen, der ihm vom Ironman Cork erzählte. Einen Roadtrip durch das Land hatte er sich schon länger vorgenommen und so entschloss sich Ferstl, zum Spaß daran teilzunehmen.
Und gewann prompt seine Altersklasse und sicherte sich so seinen Hawaii-Startplatz. „Ich kann gar nicht beschreiben, was das für ein Gefühl war“, sagt Nikolaus Ferstl heute. Etwa zwei Monate später ging Hans-Christoph Gallmeier in Malaysia an den Start. Das Ziel der Qualifikation verfolgte auch ihn über mehrere Jahre, das Rennen war ein erster Versuch, diesem näherzukommen.
Mit Erfolg: Der zweite Platz in der Altersklasse bedeutete direkt den Startplatz. „Als es so weit war, war es sehr überraschend“, so Gallmeier, der sich für sein Hawaii-Debüt in Regensburg ausgiebig vorbereitete. „Platzierung und Zeit sind mir egal, ich will erhobenen Hauptes ins Ziel kommen und alles gegeben haben“, sagte er damals.
Lange Fahrten durch die einsame Lavawüste
Dann brach der große Tag an. „Am Anfang war die Anspannung relativ groß“, so Gallmeier. Was folgte, beschreibt er als ein „unglaubliches Erlebnis. Nach dem Rennen bist du ein anderer Mensch“, gab der Ex-Triathlet und Hawaii-Finisher Hannes Blaschke Ferstl im Vorfeld mit auf den Weg. Gemeint sind die langen, einsamen Distanzen durch die Lavawüste, die die Teilnehmer zu bewältigen haben. „Auf Hawaii bist du nur mit dir selbst beschäftigt“, führt Ferstl aus.
Eine Schrecksekunde gab es für Gallmeier schon vorher. Anstelle der Delfine, die die Teilnehmer noch beim Einschwimmen Gesellschaft leisteten, schwamm er kurz vor dem Ausstieg Kopf voraus in einen Quallenschwarm. „Das hat gebrannt wie Feuer“, so Gallmeier.
Nach etwa zwei Stunden verbesserte sich sein Zustand. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits mit dem Rad durch die Lavafelder unterwegs. Genießen konnte er das Rennen trotzdem, gerade an den Stellen, an denen die Zuschauer die Athleten anfeuerten. „Davon versucht man zu zehren und sich über die anderen Phasen hinwegzuretten.“
Gute Vorbereitung wurde belohnt
Die letzte ganz große Herausforderung bildet das sogenannte Energy Lab, ein Streckenabschnitt beim abschließenden Marathon. „Ich hab das jedes Jahr im Fernsehen gesehen und gedacht, ’da stirbst’“, bringt Ferstl seinen Respekt vor der Hürde zum Ausdruck. Gallmeier erwischte insgesamt einen guten Tag und war auch beim Laufen gut unterwegs.
Nach dem Abschnitt aber „wurde es schon hart“, jedoch konnte er sich „mit dem Ziel vor Augen irgendwie durchretten“. Dort wurde der Regensburger nach 10:11:17 Stunden von seiner Familie empfangen. „Es war ein ziemlich emotionaler Moment“, erinnert er sich.
Besonderer Moment kurz vor dem Ziel
Nikolaus Ferstl, der in der letzten Gruppe gestartet war, ging den Lauf bewusst etwas langsamer an. Im Lab lief er genau in den Sonnenuntergang. „Es kann im Leben eines Hobbytriathleten nichts Geileres geben“, blickt er auf den „Schlüsselmoment“ zurück. Im Stockdunkeln ohne Beleuchtung ging es zurück in die Stadt, deren Lichter aus der Ferne zu erkennen waren. Trotz reduzierter Vorbereitung erreichte er sein persönliches Ziel von unter zwölf Stunden (11:50:16).
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Das Kapitel Hawaii 2024 ist für Ferstl und Gallmeier abgeschlossen. Die nächsten Rennen haben beide im Blick. Ferstl sicherte sich zum achten Mal einen Startplatz für die Challenge Roth, Gallmeier plant mit dem Ironman Klagenfurt. „Mir macht der Sport so viel Spaß, der geht definitiv weiter“, fasst es der Triathlet zusammen.
Der Ironman Hawaii
Geschichte: Seit 1978 findet der Langdistanz-Triathlon auf Hawaii statt und ist damit der älteste der Welt.
Distanz: Die Teilnehmer müssen 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen.
Sieger: Das Profirennen 2024 gewann Patrick Lange in 7:35:53 Stunden.