Für die Inline-Alpin-Athleten beginnt die Saison und somit auch für den internationalen Spitzenfahrer des FC Chammünster, Max Schödlbauer.
Max Schödlbauer holt etwas Luft, dann zählt er auf: „Also: Wir sind jetzt am Wochenende in Slowenien, dann kommen Tschechien, die Schweiz, Deutschland, Lettland, dann Spanien, dann die World Skate Games in Italien, die fast eine Woche dauern – und am Ende noch mal das Weltcup-Finale in Spanien.“ Und dazu natürlich die nationalen Wettbewerbe von der Bayerischen Meisterschaft aufwärts.
Es ist Ende Mai. Dann tut Schödlbauer, was er so liebt und so ausgezeichnet kann: in einer irrsinnigen Geschwindigkeit einen Slalom oder Riesenslalom auf Inlinern die Strecke runterrasen. „Man fährt auf 30, 35 Sekunden maximal seinen Lauf runter, hat bei 35 Sekunden 45 Tore vor sich. Wenn man das grob berechnet, hat man weniger als 0,7 Sekunden Zeit zwischen den Toren“, beschreibt Schödlbauer: „Es ist einfach ein wahnsinniger Adrenalinkick – es geht Schlag auf Schlag.“
Inline Alpin ist ein Sport, bei dem man absolutes Risiko gehen muss; auf Sicherheit fahren, das funktioniert eigentlich nicht, zumindest nicht, wenn man auf dem Podest stehen möchte. „Wir betiteln es gerne als den Ritt auf Messers Schneide“, sagt Schödlbauer. Der Bad Kötztinger, Jahrgang 2000 und mittlerweile Sportwissenschaftsstudent in Leipzig, hat schon sehr oft bewiesen, dass er diesen Ritt außergewöhnlich gut beherrscht.
Als Weltranglisten-Zweiter im Riesenslalom und Weltranglistensiebter im Slalom läutet er die bevorstehende Wettkampfsaison ein.
Der Name Schödlbauer ist nicht nur in der Region, sondern national als auch international mit Inline-Spitzensport verknüpft: Neben Max gibt es die vier Jahre jüngere und ebenfalls erfolgreiche Schwester Elisabeth, die allerdings dieses Jahr pausiert, und natürlich Vater Peter, seines Zeichens Bundestrainer.
Die Vorbereitungen laufen bereits seit Ende Februar auf Hochtouren, mit mehreren Trainingslagern und einem intensiven Athletik-Training während des Winters. Eine typische Woche bedeutet für Max Schödlbauer zwischen 15 und 25 Stunden Training, es können auch 30 Stunden werden.
Als Student in Leipzig stellt ihn das Training topographisch gesehen allerdings vor gewisse Herausforderungen. „Es gibt dort keine Hügel, keine steilen Straßen. Und dazu ist es auch schwierig, in einer Großstadt als Einzelsportler einer Nicht-Olympia-Sportart beim Bürgeramt anzukommen und dann zu sagen: ,Hey, ich würde gerne dreimal die Woche hier die Straße sperren, um zu trainieren‘, sagt Schödlbauer und lacht: „Das ist nicht so easy durchzubekommen.“
Training in der Heimat
Für das Training wäre ein Gefälle von sechs bis zwölf Prozent ideal, wie es die Chammünsterer Inline-Spezialisten vorfinden. „Die Strecken, auf denen wir fahren, sind mit dem Landkreis und mit der Stadt abgeklärt. Wir haben die Genehmigungen, diese zu sperren. Es werden auch die Anwohner verständigt, welche Trainingszeiten wir haben. Das ist normalerweise kein Problem.“ Deswegen nimmt Schödlbauer auch fast wöchentlich die siebenstündige Zugfahrt aus Leipzig in die Heimat in Kauf, um sportspezifische Techniken trainieren zu können.
Der mehrfache Medaillengewinner ist dankbar für diese Unterstützung durch Stadt und Landkreis, ohne die er und die Minstacher Inliner nicht adäquat trainieren könnten. „Ohne Unterstützung wäre das alles schwierig“, sagt er – ein Thema, das ihn permanent beschäftigt. Maximilian Schödlbauer steht exemplarisch für so viele Spitzensportler, die darauf angewiesen sind, Sponsoren und Gönner zu finden und zu halten.
Seit Jahren wird über die Sportförderung in Deutschland immer wieder gestritten, darüber diskutiert, wie viel Förderung für Spitzensport ausgegeben werden soll und – wie es verteilt wird. Besonders in Olympia-Jahren flammen diese Diskussionen immer wieder auf, wenn Sportarten in den Fokus rücken, die zwischen den Jahren kaum von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden, deren Protagonisten aber trotzdem viel auf sich nehmen, um in der Weltspitze vertreten zu sein. Max Schödlbauer und die Inline-Alpiner müssen sich bei dieser Diskussion noch sehr viel weiter hinten einreihen – egal, ob das Trainingspensum, die Intensität vergleichbar sind. Zwar ist der Rollsport- und Inline-Verband (DRIV) Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), aber als nicht olympische Sportart hält sich die Förderung für den kleinen Verband aus den verschiedenen Töpfen die es gibt, in allerengsten Grenzen.
Andere Länder praktizieren es anders. Schödlbauer verweist auf Spanien. „Die bekommen für jeden Weltcup acht Läufer und einen Trainer gezahlt. In Deutschland bekommen wir hingegen halt fast keine Zuschüsse.“
Der 24-Jährige hat Glück. Etwa 15000 Euro, schätzt Schödlbauer, betragen die Unkosten für eine Saison. Er kann sich auf die Unterstützung seiner lokalen Sponsoren verlassen, wie das Autohaus Silberbauer, die Brennerei Liebl oder Haustechnik und Anlagenbau Pritzl. Das verschafft ihm den Spielraum, den er braucht, um sich voll und ganz auf seinen Sport konzentrieren zu können. Viel Zeit für andere Dinge bleibt nicht mehr, zumal Schödlbauer auch noch als studentische Hilfskraft für einen Professor in Leipzig jobbt.
Die Straße hinter der Mensa
„Man opfert schon sehr viel. Ohne Hingabe an den Sport würde man das nicht durchstehen können.“ Diese Hingabe besitzt Schödlbauer, denn auch ihm ist bewusst, dass die Zeit ihm Spitzensport begrenzt ist. Aber jetzt genau ist diese Zeit da, jetzt ist er auf Weltspitzenniveau, „und diese Zeit möchte ich genießen“.
Apropos: Für die Trainingsschwierigkeiten in dem doch relativ flachen Leipzig hat Schödlbauer auch eine Lösung gefunden. „Ich hatte Glück“, sagt er. Eine Studiengangverantwortliche hat es ihm ermöglicht, sonntags auf einer Straße hinter der Mensa auf dem Unigelände zu trainieren. „Die Straße hat zwar nur drei Prozent, ist also eigentlich für unsere Wettkämpfe zu flach, aber für das Grundlagentraining passt sie sehr gut“, befindet Schödlbauer.
Er fühlt sich also gerüstet. Nicht nur für das bevorstehende Wochenende in Slowenien.