Schon der vierte Topfunktionär
Jochen Schweitzer ist ein Beleg für das besondere Führungs-Gen aus der Oberpfalz

12.09.2024 | Stand 12.09.2024, 17:00 Uhr |

An der Spitze der deutschen Leichtathletik angekommen: Jochen Schweitzer Foto: Imago

Die Funktionärslaufbahn begann für den Sprinter mit einer 100-Meter-Bestzeit von 11,04 Sekunden, der 2001 in Braunschweig Staffel-Bronze bei der Jugend-DM als größten Erfolg feierte, im Jahr 1998 noch in der aktiven Zeit: Da übernahm Jochen Schweitzer das Amt des Jugendsprechers in der Oberpfalz.

26 Jahre später steht der 41-jährige Realschullehrer in Erding, der aus der LAG Schwandorf stammt und etliche Jahre bei der LG Telis Finanz in Regensburg wirkte, mit einem Traumergebnis von 100 Prozent der Stimmen bei der Mitgliederversammlung in Darmstadt mindestens für die nächsten vier Jahre an der Spitze der deutschen Leichtathletik. Als Aufsichtsratsvorsitzender ist Schweitzer in der neuen Struktur des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV), die es seit 2021 gibt, die Nummer eins der ehrenamtlichen Schiene – einen Präsidenten wie bisher gibt es ab sofort nicht mehr.

Weg der Professionalisierung

„Den Verbänden wurde empfohlen, sich zu professionalisieren. Es ist ja auch Selbstschutz der Ehrenamtlichen und hat einen Hintergrund: In der Haftung sind jetzt die, die die Geschäfte führen. Den Weg sind schon viele Sportverbände gegangen und werden noch viele gehen“, erläutert Schweitzer. Der Aufsichtsrat, in dem es kein Ressortprinzip mehr gibt, aber ein Volljurist für rechtliche Fragen, ein Experte für Leistungssport und ein Finanzfachmann beraten, ist eine Kontrollinstanz der hauptamtlichen Führung. „Die beiden Ebenen sollen das im guten Miteinander gestalten“, sagt Schweitzer über die Zusammenarbeit mit Vorstands-Chef Idriss Gonschinska.

Bei Jochen Schweitzer liegt das Führungs-Gen in der Familie. Was das Funktionärs-Dasein bedeutet, bekam er als Kind hautnah mit: Vater Hartmut, inzwischen 86, war von 1985 bis 1994 Präsident des Bayerischen Verbandes BLV. „Er hat sich richtig über meine Wahl gefreut“, sagt Jochen Schweitzer. „Das hat mich geprägt, positiv geprägt. Aber Papa hat auch immer gesagt: Überleg dir genau, wenn du das machst.“

Es gibt Menschen, die prophezeiten schon vor zehn Jahren, dass Jochen Schweitzer eines Tages Präsident sein könnte. Jetzt ging es schneller als gedacht. „Wenn ein Kurt Ring Fähigkeiten und Fertigkeiten von Personen erkennt, dann kommt man nichts mehr aus“, schaut Schweitzer zurück auf die Anfänge in Regensburg. „Er hat gemerkt, dass ich für die Bereiche Finanzen/Wirtschaft, aber auch die Veranstaltungsorganisation ein Faible habe. So war ich ganz schnell ab 2004 im Telis-Vorstand. Aber bei ihm und Papa war es auch eine harte Schule.“

Es ging flott weiter. „Im süddeutschen Verband meinte man, jungen, frischen Wind brauchen zu können. Da war ich ab 2010 Vizepräsident, ab 2015 Präsident, ab 2017 DLV-Vize und ab 2018 BLV-Vize“, schildert er seine Laufbahn im Schnelldurchlauf. Letzteres Amt gibt Schweitzer jetzt genauso auf wie den Vorsitz im Bezirk Oberbayern. Eine Ämterhäufung sei „ungut“.

Auch mal einen Tag Sand schaufeln

Dazu war Jochen Schweitzer früh bei allen möglichen Nachwuchs-Welt- und Europameisterschaften U 18 und U 20 im Einsatz. Eines der Highlights fand 2009 in Regensburgs Partnerstadt Brixen statt. „Das war ganz toll.“ Auch daher rührt das immense Netzwerk Schweitzers – und daher, stets an der Basis tätig tätig zu sein. „Bei uns geht es um Kinder, Jugend, Leistungssport, Masters: Das ist eine Gesamtfamilie“, sagt Schweitzer und will sich nach wie vor nicht scheuen, „wenn Not am Mann ist, auch mal mit dem Rechen in der Hand den ganzen Tag Sand zu schaufeln“. Denn seinen Auftrag („Es macht Spaß“), begreift er so: „Unser Job ist es, dass Leute Leichtathletik treiben können – und für bestmögliche Bedingungen an der Basis und im Leistungssport zu sorgen. Wir sind nicht um des Amts gewählt, sondern, um etwas für den Sport zu bewegen.“

Interessant ist auch, dass die kleine Oberpfalz entgegen aller Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Jochen Schweitzer schon einen vierten Funktionär an die Spitze brachte. „Und drei davon kommen aus der LG Regensburg“, sagt Schweitzer. „Das ist schon besonders.“ Denn von 2001 bis 2017 war Clemens Prokop DLV-Präsident. Und seit 2018 ist Gerhard Neubauer, der aus Niedermurach im Landkreis Schwandorf stammt, auf Bayern-Ebene Präsident.

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