Am Samstag feiern die Handballfrauen des ESV 1927 Regensburg ein Jubiläum, passenderweise an der Dechbettener Brücke: Zum 100. Zweitligaspiel schlägt die HL Buchholz-Rosengarten auf. Seit der Saison 2021/22 sind die Bunkerladies das Flaggschiff des bayerischen Frauenhandballs und zugleich Rekordhalter: Denn seit der Einführung der eingleisigen 2. Bundesliga 2011/12 hat sich keine Mannschaft aus dem Freistaat so lange im Unterhaus gehalten und zugleich besser abgeschnitten.
Die Erfolgsgeschichte begann am 6. Juli 2020 mit der Verpflichtung von Trainer Csaba Szücs nach einem coronabedingten Aufstiegsverzicht. Mit dem Slowaken gelang der Aufstieg aus der 3. Liga. Die Mittelbayerische hat im Archiv geblättert und sechs markante Spiele herausgepickt.
4. September 2021: Debüt mit Beinahe-Überraschung
Zum Auftakt gastierten die ambitionierten Füchse Berlin an der Dechbettener Brücke. Nach einem großartigen Fight unterlag der Neuling mit 22:25. Den ersten Treffer erzielte Rechtsaußen Nicole Schiegerl. Der spätere Tabellendritte verzweifelte an Torfrau Natalia Krupa, kam erst in der 24. Minute zum ersten Treffer im gebundenen Spiel bei Gleichzahl. Als der ESV 14:8 (35.) in Führung ging, bahnte sich eine Sensation an. Bis zum 18:17 (48.) lag Regensburg vorne und geriet auf die Verliererstraße, als Spielmacherin Anna Fuhrmann bei 20:21 (53.) verletzungsbedingt ausschied. Dann traf Schiegerl die Latte (54.), anschließend sorgte Berlin mit einem Doppelschlag binnen 32 Sekunden für die Vorentscheidung zum 23:20 (56.). Übrigens: Torfrau Krupa hat offensichtlich bei den Füchsen bleibenden Eindruck hinterlassen. Im Sommer 2023 wechselte die Polin in die Bundeshauptstadt.
10. Dezember 2022: Plötzlich ist der ESV Erster
Der seit sieben Partien ungeschlagene ESV löste im Bunker mit einem 27:24-Sieg gegen den heißen Aufstiegskandidaten Frisch Auf Göppingen die Gäste an der Tabellenspitze ab. Anika Neuer, Julia Drachsler und Theresa Lettl fehlten ohnehin, als überdies Nicole Schiegerl mit Rot (32.) raus war, ließ sich das Team nicht unterkriegen. Als Amelie Bayerl zum 24:18 (50.) traf, nahm der Paukenschlag Formen an. Näher als zum 25:23 (56.) kamen die Schwaben nicht mehr heran. Minuten später spielten sich auf dem Spielfeld unbeschreibliche Jubelszenen ab, unterdessen toppte die Tribüne – dieses Bunkerbeben ist bis heute nicht übertroffen worden. Die Tabellenführung hielt trotz dem 29:26-Erfolg in Leipzig nur eine Woche, weil der punktgleiche (und spätere Meister) HSV Solingen-Gräfrath durch den 36:23-Kantersieg gegen die SG Schozach-Bottwartal dank dem besseren Torverhältnis bzw. der mehr erzielten Tore an den Bunkerladies vorbeizog.
14. Januar 2023: Der ESV ist die große Sensation!
Nun die maximale Steigerung: Die Regensburger siegen bei der SG Mainz-Bretzenheim mit 40:30, während Solingen-Gräfrath in Bremen stolpert. Gegen 19.30 Uhr sind die Blau-Schwarzen nach der 13. (inklusive Pokal) unbesiegten Partie alleiniger Spitzenreiter vor einer Reihe unter semiprofessionellen Bedingungen arbeitenden Mannschaften! Die kongeniale Rückraum-Achse Franzi Peter, Amelie Bayerl und Marleen Kadenbach sind die Erfolgsgaranten. Die Bunkerladies mit einem Punkt Vorsprung an der Spitze – zu diesem Zeitpunkt die große Sensation im deutschen Frauenhandball! Und das, obwohl es seit geraumer Zeit unterschiedliche Auffassungen über die Trainingsinhalte von Trainer Csaba Szücs und der Mannschaft gab. Die Führung ging eine Woche später verloren: Die 25:28-Heimniederlage gegen Nord Harrislee läutete außerdem eine Abwärtsspirale ein.
27. März 2023: Ende der Erfolgsgeschichte Csaba Szücs
Nach nur zwei Siegen in den zehn Spielen zuvor gibt der Verein bekannt, dass der Vertrag von Erfolgscoach Csaba Szücs nicht verlängert wird. „Team und Trainer kommen auf keinen gemeinsamen Nenner“, titelte seinerzeit die Mittelbayerische. „Der Mannschaftsrat ist auf mich zugekommen, da kannst du dich nicht dagegenstellen“, gab Abteilungsleiter Dieter Müller zu Protokoll. Das Team hat seinen Willen durchgesetzt und zeigt sofort eine Reaktion: Die nächsten sechs Partien wurden gewonnen! Eine davon mit 31:28 in Göppingen vor 977 Zuschauern. Die beiden Niederlagen gegen den ESV kosteten den Schwaben in der Endabrechnung den Aufstieg. Inzwischen spielt Göppingen in der Beletage – im Schnitt von 2350 Zuschauern.
16. März 2024: Verloren und dann doch gewonnen
Am 21. Spieltag fährt der ESV mit Trainer Bernhard Goldbach von Langzeitverletzten und einer herrschenden Grippewelle geplagt mit einem Miniaufgebot zum TuS Lintfort. Von den neun Feldspielerinnen sind nur fünf im Vollbesitz ihrer Kräfte. So zappenduster hat es seit dem Aufstieg in die 2. Liga noch nie ausgesehen. Die Oberpfälzer steuerten dennoch bei 24:18 (39.) einem Erfolg entgegen, mussten aber dem Kräfteverschleiß Tribut zollen und verloren mit 29:34. Neun Tage später teilte die HBF dem Verein mit, dass die zwei Zähler auf das Konto der Regensburger wandern. Lintfort hatte eine nicht einsatzberichtigte Spielerin eingesetzt. Am Saisonende machten die zwei Zähler einen Unterschied aus: Anstatt Rang sieben springt der fünfte Platz heraus.
16. November 2024: Sieg verhindert Minusrekord
Werder Bremen gastiert im Bunker. Mit einem 38:27-Erfolg kann die vor der Saison extrem verjüngte Mannschaft die vierte Niederlage am Stück verhindern. Seit der Zugehörigkeit in der 2. Liga waren höchstens drei Pleiten in Serie hinzunehmen. Zudem konnte auch in der 99. Partie ein Abstiegsplatz vermieden werden.
Statistik: Saison 2021/22: 5. Platz: 35:25 Punkte; Zuhause: 18:12, auswärts: 17:13; Erfolgreichste Torschützinnen: Franzi Peter 172, Amelie Bayerl 129, Johanna Brennauer 12
Saison 2022/23: 4. Platz: 39:21 Punkte; Zuhause: 18:12, auswärts: 21:9; Tore: Peter 183, Marleen Kadenbach 122, Bayerl 119.
Saison 2023/24: 5. Platz: 36:24 Punkte; Zuhause: 21:9, auswärts: 25:15. Tore: Franzi Peter 142, Carolin Hübner 98, Nicole Lederer 90.
Saison 2024/25 (aktuell): 8. Platz, 8:10 Punkte, Zuhause: 6:2, auswärts: 2:8.Tore: Franzi Peter 46, Julika Birnkammer 34, Anika Neuer 30.
Längste Ungeschlagen-Serie: Von 17. September 2022 bis 14. Januar 2023: zwölf Spiele (9/3/0).
Längste Sieglos-Serie: Von 21. Januar bis 18. Februar 2023: fünf Spiele (0/1/4).
Bestes Abschneiden im DHB-Pokal: 2022/23: Achtelfinale, dort gegen den Erstligisten und späteren Vize-Pokalsieger HSG Bensheim/Auerbach ausgeschieden (18:34,. nach 11:15 zur Halbzeit).