Handball
Auch der 50-jährige Coach muss ran: Roding gewinnt verrücktes Spiel in Amberg

22.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:40 Uhr

Eingeschworen: Drei rote Karten und zwei Verletzungen dezimieren die sowieso dezimierte Rodinger Mannschaft gewaltig. Trotzdem gewinnt der TB. Foto: Matthias Meier

Am Ende stand nur noch ein Quintett auf dem Parkett – darunter der Trainer und zwei Torhüter. Dazu eine Handvoll rote Karten, insgesamt drei Verletzte und der entscheidende Siebenmeter nach Spielende. Der TB Roding ist erneut in einen Handball-Krimi geraten.

Aber von vorne: „Wir wollen heute trotzdem gewinnen“, hörte man von den Rodinger Handballern im Vorfeld öfter, als sie am Wochenende zum Derby in Amberg antreten mussten. Die Vorzeichen standen nicht gut. Nur sieben Feldspieler standen Trainer Jiri Piroch zur Verfügung, besonders dünn war die Personaldecke im Rückraum, so dass sich der Coach – der am Montag seinen 50. Geburtstag feierte – selbst zusätzlich aufstellen ließ.

Aber bald war klar, dass die Ansage nicht nur ein Pfeifen im Walde war. Die Anfangsminuten gehörten klar dem Gast aus Roding. Im Angriff erspielte sich der TB 03 über alle Positionen hinweg Chancen. Die Abwehr stand sicher, machte die Wege für Ambergs Spielmacher Nachtman und die Rückraumshooter dicht. Was noch aufs Tor kam, war zumeist die Beute von Torwart Kienzl. 5:1 führte Roding nach sieben Minuten.

Dann allerdings der erste Schock. Nach einem nicht geahndeten Foul an Bornack kam der humpelnd zur Bank, ein Knöchel bereits dick angeschwollen. Später sollte ein Riss der Außenbänder festgestellt werden. Seine Mannschaft brauchte ein paar Minuten, um sich davon zu erholen. Es schlichen sich Fehler im Spielaufbau ein, die der Gastgeber nutzen konnte. Außerdem ließ der TB auch jetzt wieder beste Chancen liegen. Amberg glich aus und ging dann mit 8:7 in Führung.

Ab der 20. Minute bekam Roding wieder Oberhand. Mit viel Tempo wurden die Angriffe vorgetragen, im Eins gegen Eins waren die Rodinger den Hausherren überlegen. Amberg schwächte sich dann selbst mit einer direkten roten Karte gegen Schatz, der Standecker in der Luft den Wurfarm weggezogen hatte. Bis zur Pausensirene ging Roding mit 17:13 in Führung.

Tatsächlich durfte man sich jetzt im TB-Lager Hoffnung machen, auch den sechsten Sieg in Folge einzufahren. Aber – gerade drei Minuten waren in Halbzeit zwei gespielt, als Roding einen weiteren Spieler verlor. Ausgerechnet Spielmacher Hugo griff dem durchgebrochenen Schaller in den Wurfarm und bekam dafür ebenfalls zurecht die rote Karte.

Homneac wichtigster Mann



Jetzt musste Piroch, der eigentlich nur ein paar Minuten aushelfen wollte, komplett durchspielen. Eine Wechseloption war nicht mehr vorhanden. Amberg schaffte jetzt schnell den Anschluss zum 17:18. Roding tat sich im Positionsangriff nun enorm schwer, überhaupt noch eine Wurfchance zu erspielen. Allrounder Standecker, der in Halbzeit eins seine Sache im Rückraum sehr gut machte und Tous – einzig verbliebener Rückraumspieler – konnten sich nicht mehr durchsetzen. Fast in jedem Angriff geriet man ins Zeitspiel; mancher Wurf in Not fand aber dann doch sein Ziel im Amberger Tor. Und die Option über links außen wurde immer wichtiger. Sorin Homneac wurde für sein Team zum wichtigsten Spieler.

So blieb Roding – mit nur noch sechs Spielern, inklusive Trainer – bis zur 48. Minute in Führung. Als dann aber Amberg mit 24:23 diese übernahm, die Stimmung in der Halle immer lauter und aggressiver wurde, schwanden dann doch die Hoffnungen auf die Überraschung. Aber: Homneac glich mit einem Steal zum 24:24 aus, und nachdem Kienzl den nächsten Wurf entschärfen konnte, ging Roding durch Tous wieder in Führung. Die etwas überfordert wirkenden Schiedsrichter, die nicht ganz unschuldig daran waren, dass die Emotionen sowohl auf dem Feld, als auch auf der Tribüne jetzt etwas überkochten, setzten dann aus TB-Sicht den nächsten Schlag für Roding. Nach einem Zusammenstoß blieb Ambergs Julian Schaller minutenlang am Kinn blutend liegen, Rodings Riedl blutete ebenfalls mit einer Platzwunde am Auge, die mit sechs Stichen genäht werden musste. Scheinbar, weil er noch stand – so wirkte es zumindest auf die Außenstehenden – bekam Riedl dafür ebenfalls die rote Karte. Rodings Co-Trainer Wagner blieb nichts anderes übrig und schickte Torwart Simon Geier als Feldspieler aufs Parkett. Nach Ambergs Ausgleich war wieder Homneac zur Stelle; erst von außen und gleich im nächsten Angriff mit einem erneuten Steal zum 25:27.

Nach dem 27:28 durch Bastian Schaller schickten die Schiedsrichter Davidek auf die Strafbank, 90 Sekunden waren jetzt noch zu spielen. Im nächsten Angriff zeigten die Unparteiischen recht schnell passives Spiel an. Roding nahm deswegen seine Auszeit, musste danach schnell abschließen. In den letzten Pass sprang aber ein Amberger hinein und schlug den Ball ins Seitenaus. Normalerweise wäre das Zeitspiel aufgehoben, am Samstag war das anders, Amberg war in Ballbesitz.

Roding stand schon wieder in der Abwehr, als Amberg einen langen Pass spielte, Max Standecker diesen abfangen wollte, dabei aber seinen Gegenspieler an der Schulter traf und dafür die nächste rote Karte sah. Schlimmer noch: 20Sekunden vor Schluss bekam Amberg dafür automatisch einen Strafwurf, den Schaller zum Ausgleich verwandelte.

Wütende Rufe von der Tribüne



Die verbliebenen vier Rodinger Feldspieler – darunter Trainer Piroch und Torwart Geier – hätten sich wahrscheinlich mit dem einen Punkt zufriedengegeben. Aber tatsächlich kam man noch mal in Tornähe und versuchte im Eins gegen Eins noch eine Chance zu bekommen. Was genau passiert ist, darüber kann nur spekuliert werden. Die Schiedsrichter sahen eine Unsportlichkeit Ambergs und folglich gab es die fünfte rote Karte des Abends und den fälligen Strafwurf für Roding.

Siebenmeter nach Spielende



Nach langen Diskussionen, wütenden Rufen von der Tribüne und lang nach Ablauf der 60 Spielminuten trat Homneac zum Siebenmeter an und verwandelte zum 29:28-Siegtreffer für Roding, bevor er von seinen verbliebenen Mitspielern begraben und gefeiert wurde.

Roding gewann damit ein völlig verrücktes Handballspie – allerdings war es auch ein Pyrrhus-Sieg. Bornack wird wahrscheinlich bis Saisonende ausfallen, Hugo klagte nach dem Spiel wegen Schmerzen an der Wurfhand. Nach Schoierer, Cvikl und Aschenbrenner die nächsten Ausfälle bis Saisonende. Da ist es schon spannend, welche Mannschaft Piroch nächsten Sonntag im Derby gegen den ESV Regensburg auf Feld schicken kann.