Im Minutentakt prasselten die Nachrichten aus Passau in Melbourne ein. „Bitte, bitte, sag ihm: Fokus halten, Fokus halten“, berichtet Lukas Maric von seinen am Ende geradezu flehenden Appellen aufs Mobiltelefon seines nach Melbourne entsandten Trainers Nikola Korov.
Adressat der dringenden Botschaften: Maric-Schützling Khumoyun Sultanov (26), der in der Nacht zum Mittwoch in der zweiten Qualifikationsrunde der Australian Open dem tschechischen Profi Dalibor Svrcina gegenüberstand. Alles Tele-Coaching aus Niederbayern half nichts: Mit 3:6, 6:1 und 3:6 unterlag Sultanov dem nur wenig mehr als 1,70 m großen Tschechen und musste den Traum vom Einzug ins Hauptfeld bei seinem ersten Grand-Slam-Turnier begraben.
Im 3. Satz schon 3:0 geführt
Besonders bitter: Nachdem er sich den zweiten Satz geholt hatte, führte der Teilzeit-Passauer, der von April bis September in der Tennis-Akademie von Lukas Maric beim TC Rot-Weiß Passau lebt und trainiert, im dritten Durchgang bereits 3:0 und hatte den Sieg und den Einzug in die dritte und letzte Quali-Runde vor Augen. „Er hat angefangen, über den Sieg nachzudenken und hat darüber den Fokus verloren“, analysierte Trainer Maric am Morgen nach dem sportlichen Drama seines Schützlings Down Under. Er hatte das Unheil kommen sehen und mit seinen Handy-Nachrichten noch versucht, gegenzusteuern – vergebens.
Dazu kamen Rückenprobleme beim usbekischen Daviscup-Spieler, der sich in dieser Phase am Spielfeldrand physiotherapeutisch behandeln ließ. Doch nichts ging mehr. Der Traum von einem großen Spiel in der ersten Hauptrunde zerplatzte in dieser Nacht im Melbourne Park. Und in Passau hatte Trainer Maric wenig später einen enttäuschten und ernüchterten „Khumo“ am Telefon. „Das ist ein Lernprozess, auf einer solchen Bühne bei sich zu bleiben“, schilderte Maric die Aufgabe für die weitere Arbeit mit seinem usbekischen Profi, der in der ersten Qualifikationsrunde von Melbourne den Kolumbianer Daniel Galan bezwungen hatte.
Weiter geht’s nach Bangkok
„Khumo“ wird in diesem Jahr allerdings noch reichlich Gelegenheit bekommen, Erfahrung auf Grand-Slam-Niveau zu sammeln. Aufgrund seiner Erfolge ist der Teilzeit-Passauer für die Qualifikationen in Wimbledon und Paris gesetzt. In der am Montag erscheinenden neuen Weltrangliste wird er sich um gut 20 Positionen verbessern und um Platz 200 geführt werden. Gestern war Lukas Maric beschäftigt, für „Khumo“ einen Flug nach Bangkok zu buchen, wo er bei einem Challenger-Turnier an den Start gehen wird. Von dort geht’s weiter in die Heimat nach Usbekistan, wo Sultanov für die Daviscup-Auswahl seines Landes im Spiel gegen Bosnien aufschlägt. Und in Passau richtete sich Lukas Maric auf einen Kaffee-reichen Mittwoch ein, der für ihn morgens um 1.30 Uhr mit der TV-Übertragung aus Melbourne begonnen hatte und nach zahlreichen Trainerstunden erst spät am Abend mit der Mitgliederversammlung beim TC Rot-Weiß enden sollte.