Er ist Passauer und repräsentiert als Sportpräsident des ADAC die Organisatoren der Central European Rallye im Dreiländereck rund um Passau: Gerd Ennser (63). Die Heimatzeitung sprach mit dem Motorsport-Chef über die Lust auf spektakuläre Prüfungen, den Nutzen für die Region und ein bayerisches Credo.
Lesen Sie auch: Central European Rally: Zwei Anwohnerinnen aus Sonnen „widersprechen energisch“
Das Interview im Wortlaut:
Herr Ennser, noch rund fünf Wochen sind’s bis zum Start. Inwiefern beschäftigt sie die Central European Rallye schon, wenn Sie nicht gerade der PNP ein Interview geben?
Gerd Ennser: Ich bin mit der Rallye das ganze Jahr über beschäftigt. Der ADAC ist ja Mehrheitseigentümer der GmbH, die die Rallye mit unseren Partnern in Tschechien und Österreich organisiert. Insofern sind wir da immer auf dem Gas – operativ und perspektivisch. Wir sind jetzt schon mit der Rallye 2025 beschäftigt. Der Termin dafür steht ja schon fest: Wir fahren von 16. bis 19. Oktober.
Die Premiere im vergangenen Jahr hat ja die Erwartungen, so darf man schon sagen, übertroffen. Was kommt denn dieses Jahr?
Ennser: Wir müssen Schritt für Schritt die Bedeutung dieser Veranstaltung ausbauen und herausstellen. Wir sprechen schließlich vom mit Abstand größten Sportereignis in der Region, übrigens auch in Tschechien.
Die zweite Auflage knüpft tatsächlich in Vielem an die erfolgreiche Premiere im Vorjahr an. Von den Änderungen fällt natürlich zuerst der Umzug des Rallye-Zentrums von Passau-Kohlbruck auf die grüne Wiese nach Karpfham auf. Wären Sie gern in Passau geblieben?
Ennser: Grundsätzlich gehen wir dahin, wo wir willkommen sind. In Passau sind wir willkommen, das wissen wir. Wir haben die Offenheit, die Gastfreundschaft hier erlebt. Aber auch in Karpfham ist die Zusammenarbeit perfekt. Für nächstes Jahr müssen wir sehen, wer die größere Gastfreundschaft bietet.
Gastfreundschaft als Verhandlungssache?
Ennser: Wir machen’s nicht wie die FIFA, die nach Katar geht. Aber auch in Niederbayern gibt es durchaus Auswahl (lacht). Wir haben viele Orte, die auch eine Wertungsprüfung und die WM bei sich zu Gast haben wollen.
Der Umzug nach Karpfham wurde ja mit einer belegten Dreiländerhalle begründet, aber dass man der Verkehrsproblematik in den beengten Passauer Verhältnissen ausweicht, dürfte doch ganz gelegen kommen…
Ennser: Für heuer stimmt das schon, vor allem wegen der gesperrten Franz-Josef-Strauß-Brücke. Doch im Vorjahr haben wir tatsächlich ein paar Anfängerfehler gemacht und wurden zudem vom Zulauf der Fans überrollt. Das wird nicht mehr passieren. Insofern hätten wir kein Problem, wieder mehr in Passau zu machen. Dass wir dieses Jahr mit dem Rallye-Zentrum nicht in Passau sind, hat tatsächlich rein mit der anderweitigen Belegung der Dreiländerhalle zu tun. Die Stadt hat da alles versucht, doch Kontrakte sind dazu da, dass sie eingehalten werden. Da kann man nicht einfach zur Stadt hingehen und sagen: Brecht Verträge!
Herr Ennser, Olympia in Paris hat mit den Wettkämpfen vor historischer Kulisse weltweit für Begeisterung gesorgt. Die Central European Rallye generiert ja ähnliche Bilder mit dem Start vor malerischer Kulisse der Prager Burg und der Sieges-Zeremonie direkt an der Donau auf dem Passauer Rathausplatz. Gibt es die Idee, auch mal eine Wertungsprüfung in der Stadt zu fahren?
Ennser: Da ist die Frage: Was wünscht sich denn die Stadt Passau? Wir als Veranstalter haben Spielräume, wo eine Sonderprüfung stattfindet. Schauen Sie: Wir hatten im vergangenen Jahr weltweit sieben Millionen Zuschauer. Das ist Champions-League-Niveau! 43 TV-Stationen übertragen am Sonntag live, da sind viele Große dabei: Fox, RAI, Saudi TV. Die Rallye ist im Stream in über 100 Ländern zu sehen. Da gehen Bilder in alle Welt hinaus – und nicht nur von der Rallye selbst, sondern auch von der Region, in der sie stattfindet. Wenn dann Passau auch noch mit Bildern von Rallyeszenen aufwarten würde, wäre das natürlich gigantisch. In Monaco fährt die Formel 1 durch die Stadt, in Las Vegas werden mal eben kurz die Casinos geschlossen, wenn die Formel 1 vorbeifährt. Aber – ohne ins Detail zu gehen – ich sage nur: Insgesamt bietet die weltweite Übertragung der Rallye Chancen, derer man sich noch viel besser bewusst werden muss.
Auch wenn der Rallye-Sport im vergangenen Jahr hier viel Anklang gefunden hat, waren die Stimmen der Gegner nicht zu überhören. Wie wollen Sie die Skeptischen überzeugen?
Ennser: Bei allen behördlichen Stellen und den Kommunen, mit denen wir zusammengearbeitet haben, sind wir auf großes Entgegenkommen gestoßen. Da haben alle mit uns zusammen richtig Gas gegeben, auf allen Ebenen, Regierung, Stadt, Landkreis, Gemeinde, Polizei, Feuerwehren, Vereine bis hin zum Frauenbund, der Kuchen verkauft hat. Und die Fans waren toll – über 125000 Menschen, die friedlich ein Sportfest in drei Ländern mitten in Europa gefeiert haben. Dass man anderseits nicht jeden überzeugen kann, liegt in der Natur der Sache und es ist gut, dass wir in einer Demokratie leben, in der jeder seine Meinung frei äußern darf.
Wir wissen, dass der Motorsport in puncto Nachhaltigkeit im Fokus steht wie kaum eine andere Disziplin. Deswegen tun wir mit am meisten dafür. Ich nenne nur die Hybrid-Motoren und die synthetischen Kraftstoffe. Wir versuchen jegliche unnötigen Emissionen zu vermeiden. Den größten Fußabdruck hinterlassen die Zuschauer, doch das ist bei jeder Großveranstaltung wie Fußball und großen Konzerten von Coldplay und Adele so. Wir müssen in Zeiten des Klimawandels alle unserer Verantwortung gerecht werden, sollten das jedoch mit dem tiefbayerischen Credo ‚Leben und leben lassen’ angehen.
Herr Ennser, für Sie als Passauer ist die Central European ja sowas wie eine Rallye dahoam. Gibt es einen persönlichen Wunsch, den Sie mit der Rallye hier in der Heimat verbinden?
Ennser: So einen Lauf zur Rallye-WM kriegt man nicht so nebenbei. Die USA, Saudi-Arabien kämpfen um eine solche Chance, und da ist sehr viel Geld dahinter. Und es gibt ja auch Stimmen hierzulande, die sagen, es gibt auch noch andere schöne Regionen, wo man eine Rallye veranstalten kann. Also: Wir kämpfen für Passau, die Region und Niederbayern. Aber wir brauchen auch Unterstützung. Insofern geht es heuer auch schon um die Zukunft der Rallye über 2025 hinaus. Ich würde mir wünschen, dass uns hier noch besser bewusst wird, was für ein Instrument zur Wertschöpfung wir mit der Rallye in der Region haben. Wir müssen da auch noch mehr die Karte spielen, dass wir hier ein grenzüberschreitendes Gemeinschaftsprojekt haben. Da lässt sich schon noch mehr am Rad drehen.
Zu den Kommentaren