Man merkt immer erst, dass etwas fehlt, wenn es weg ist. Eine Redewendung, die womöglich auch auf die Basketballer des TSV Wolnzach zukommt. Denn eigentlich galten die Wolnzacher für immer verbunden mit ihrem Trainer Mike Urban. Schon in den vergangenen Jahren war es immer wieder Thema – nun ist es passiert. Urban hat sein Traineramt an Lukas Kappelmeier abgegeben.
Urban ist nach der Geburt von Zwillingen mittlerweile dreifacher Familienvater und Ehemann, hat auch schon die Abteilungsleitung verlassen vor wenigen Monaten. Die Saison 2024/2025 wird die erste ohne Urban an der Seitenlinie der ersten Mannschaft seit mehr als 20 Jahren sein – eine Zeit, in der Urban den TSV von ganz unten in die 2. Regionalliga geführt hat.
Zur Saison 1999/2000 kam Urban als Spieler nach Wolnzach – mit einer großen Vision. Etwas, das ihn angetrieben hat: „Es sollte etwas Nachhaltiges in der Region entstehen, mit Möglichkeiten für Spieler und Talente, die den Basketball lieben. Etwas, das Freunde von mir und auch ich eben nicht vorgefunden hatten“, sagt er heute.
2003/04 begann er seine Laufbahn als (Spieler-)Trainer in der Kreisklasse. Die Initialzündung war der Abstieg von der Bezirksliga in die Kreisliga in der Saison 2008/09. Danach übernahm Urban dann als Headcoach, es folgten vier Aufstiege in sieben Jahren, bis in die 2. Regionalliga. Etwas, das auch immer das Ziel im Hinterkopf war. „Früher musste ich als Zuschauer für die Regionalliga Eintritt zahlen. Aber wir wussten: Wenn wir es richtig anpacken, können wir dort auch selbst spielen“, sagt Urban heute. Der Schritt dorthin gelang in der Saison 2013/14 und war einer der bedeutendsten Momente in Urbans Zeit.
Sportlicher Erfolg und Nachhaltigkeit, Aufstiege und Basisarbeit – es war immer ein Balanceakt. Urban, der Nerd und Positivverrückte, war der perfekte Mann. Inspiration von NBA-Teams, Hospitationen bei Bundesligisten, Fortbildungen bei Nationaltrainern und viel Eigeninitiative – Urban hat eine Menge investiert, um den Verein voranzubringen. Genau das hat er von seinen Spielern immer auch auf dem Feld erwartet: „Hohe Intensität und Teambasketball, das war mir wichtig. Das haben wir auch geschafft.“ Dabei ist er seinen Prinzipien treu geblieben: Menschlich muss es passen, jeder muss zwei Positionen spielen und auch werfen können. Dazu waren ihm Offensive und Defensive gleich wichtig, zudem sollten mindestens zwei Jugendspieler dabei sein.
Wolnzach als gallisches Dorf im bayerischen Basketball
Wolnzach unter Urban wirkte mitunter wie das gallische Dorf im bayerischen Basketball. „Da waren teilweise auch prügelharte Lektionen gegen alte, erfahrene Bundesliga-Spieler im Münchener Raum.“ Der TSV behauptete sich über Jahre hinweg mit seiner ganz eigenen Art: Jung, wild, mitreißend, aufregend, mitunter auch unkonventionell – aber immer gut anzusehen. „Wir haben viel gepresst, viele Fast Breaks gespielt, früh mit vier Außen gespielt und früh modernen Basketball anvisiert“, erinnert sich Urban.
Wolnzach ist ein Punkt auf der Basketball-Landkarte in Bayern, der so schnell nicht verschwinden wird. Das ist mehr wert als Aufstiege und kurzfristige Erfolge. Diesen nachhaltigen Weg im „Hafen der Heimat“, den er erschaffen hat, macht ihn stolz. Und vor allem: dass er es nicht alleine war. Viele eigene Leute, die sich mit einbringen und den Verein tragen. Diese Lokalverbundenheit hat Urban vorgelebt, besonders als er Angebote aus Basketball-Hochburgen wie Bamberg oder München abgelehnt hat, um eben hier zu bleiben. Bei seinen Wolnzachern. Entsprechend schwer fällt der Abschied.
Vorschusslorbeeren für Nachfolger Kappelmeier
Lukas Kappelmeier sei der richtige Mann für seine Nachfolge: „Ich bin ein Riesenfan von Lukas. Er war als Spieler schon so, dass er immer das gemacht hat, was für das Team am besten ist, anstatt auf sich selbst zu schauen.“ Und Urban selbst? „Ich bin noch in der Whatsapp-Gruppe zur Entwicklung der Mannschaft, die Gruppe habe ich ja auch gegründet“, sagt Urban. Niemals geht man so ganz. Das gilt besonders für ihn. In Wolnzach wird immer auch ein Stück Urban mitspielen.
PK