Sportliche Erfolge sind nicht so leicht zu erreichen – das liegt auf der Hand. Als Erstes denkt man hier natürlich an das aufwendige sportliche Training, das notwendig ist. Mittelstrecklerin Diana Kurrer vom MTV Ingolstadt, die sich mit zwei fünften Plätzen über 800 und 1500 Meter bei der Master-WM in Göteborg in der Klasse W40 zur besten deutschen Athletin gekürt hat, kann indes noch von ganz anderen Hindernissen erzählen. Die 44-Jährige war nach einer geradezu abenteuerlichen Anreise froh, überhaupt am Start zu stehen.
„Ich habe ja schon einige Reisen gemacht, aber dass ich zweieinhalb Tage brauche, um nach Göteborg zu kommen – das war schon sehr speziell“, erzählt sie lachend. Zum Start in München war sie mit dem Flieger schon auf dem Rollfeld, als der Flug wegen eines technischen Defektes gestoppt wurde. Ersatz gab es erst am Folgetag früh um 9 Uhr, ein Gabelflug, der dann in der Früh aber nochmal um elf Stunden auf den Abend verschoben wurde. Ein Unwetter sorgte schließlich für die nächste Verzögerung, sodass beim Zwischenhalt in Frankfurt erstmals ein Sprint über den halben Flughafen notwendig war – um dann zu erfahren, dass der nächste Flieger überbucht ist. Durch gutes Zureden und Losglück (!) durfte sie dann doch einsteigen und kam am dritten Reisetag, ihrem ersten Wettkampftag, früh morgens um 1 Uhr in Göteborg an. Allerdings ohne ihren Koffer.
„Ich hab dann einfach alles auf der Bahn gelassen“
„Ins erste Qualifikationsrennen bin ich dann mit geliehenem Herren-Trikot und -Hose gelaufen“, erzählt Kurrer, die zum Glück immerhin ihre Ersatzschuhe dabei hatte. Dass sie nach der ganzen Aufregung und nur fünf Stunden Schlaf im Vorlauf über 800 Meter dann mit 2:18,71 Minuten als Zweitschnellste der Qualifikation eine neue persönliche Bestzeit aufstellt, ist für sie selbst Tage danach noch unglaublich. „Ich hatte vorher eine 2:21er-Zeit stehen und habe niemals damit gerechnet, dass ich – vor allem unter den Umständen – so einen Sprung mache. Offenbar war es ganz gut, dass ich mir im Vorfeld nicht so viele Gedanken über das Rennen machen konnte, ich hab dann einfach alles auf der Bahn gelassen.“
Auch beim Finale am Tag darauf blieb sie mit 2:19,85 Minuten unter ihrer alten Bestzeit und kam als schnellste deutsche Athletin auf Rang fünf ins Ziel. „Ich hatte mit meinem Trainer Roland Balzer besprochen, dass ich in beiden Rennen nicht groß taktiere, mich auf keinen Fall auf ein Bummelrennen einlasse. Das ist prima aufgegangen“, berichtet Kurrer. Die vier am Ende vor ihr platzierten Läuferinnen seien einfach deutlich schneller gewesen (Siegerin Aneta Lemiesz/Polen brauchte 2:12,61), alle Starterinnen auf Augenhöhe habe sie hinter sich gelassen. „Deshalb war ich total zufrieden“, erzählt Kurrer nach ihrem ersten Start.
„Bloß kein Bummelrennen!“
Den Vorlauf über 1500 Meter ging sie ein paar Tage später mit ähnlicher Taktik an: Bloß kein Bummelrennen! Dabei musste sie bei Regen und Sturm lange Zeit sogar das Tempo machen, hielt aber durch und erreichte mit einer Endzeit von 4:52,60 Minuten als Dritte sicher den Endlauf der 16 Besten. Hier war das Tempo von Beginn an höher, sodass sich Kurrer („Überholen kostet immer viel Kraft“) lieber gleich im vorderen Drittel des Feldes einsortierte. Erst auf der letzten Runde zogen die Favoritinnen das Tempo an, Kurrer hielt dagegen und kam nach einer starken Zielgerade erneut mit einer um rund zweieinhalb Sekunden verbesserten persönlichen Bestzeit auf Rang fünf ins Ziel. Mit ihren 4:46,77 Minuten lag sie dabei nur knapp hinter der Vierten (4:46,60), Siegerin Fiona Kehoe (Irland) brauchte 4:38,50 Minuten.
In beiden Läufen war Kurrer damit die schnellste deutsche Läuferin. Wichtig für die stellvertretende Pressesprecherin des Bayerischen Rechnungshofes war indes, dass sie ausgerechnet zum Saisonhöhepunkt ihre beste Leistung bringen konnte. „Was will man mehr? Das zeigt doch am besten, wie gut die Zusammenarbeit mit Trainer Roland Balzer funktioniert“, sagt Kurrer nach ihrem bislang größten sportlichen Erfolg. Überdies sei der Zusammenhalt innerhalb der MTV-Laufgruppe ein „ganz großer Motivationsfaktor“.
Der Traum von der internationalen Medaille
Aktuell befindet sich die Ingolstädterin auf ihrem Leistungs-Höhepunkt, die Frage nach den nächsten Zielen drängt sich somit geradezu auf. „Ich hoffe natürlich, auch weiterhin so konstant und verletzungsfrei trainieren zu können. Grundsätzlich habe ich schon das Gefühl, dass ich meine Bestzeit vielleicht noch ein bisschen drücken kann. Das wäre ein Ziel. Übergeordnet gibt es dann natürlich schon den Traum, irgendwann auch mal eine internationale Medaille zu gewinnen.“ Im Oktober 205 findet auf Madeira die Master-EM statt. Kurrer darf dann in der W45 starten. „Da kann sie dann ganz vorne dabei sein“, glaubt ihr Trainer Balzer.
DK
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