Der Audi-Einstieg in die Formel1 bleibt ein schwieriges Unterfangen – schon vor dem ersten Rennen sorgen die Ingolstädter mit einem Knall an der Spitze für Aufregung.
Bitter ist die Entscheidung vor allem für Andreas Seidl, der in den politischen Irrungen und Wirrungen des Autobauers untergeht. Der 48-Jährige hatte Ende 2022 seinen Posten als Teamchef bei McLaren aufgegeben, um als Geschäftsführer bei Sauber die Transformation vom hinterherfahrenden Privatteam zum Audi-Werksteam zu schaffen. Der Passauer leistete als ausgewiesener Fachmann wertvolle Aufbauarbeit, holte wichtige Mitarbeiter in die Schweiz und hatte mit seiner Hartnäckigkeit und seinen Kontakten entscheidenden Anteil an der Verpflichtung Nico Hülkenbergs – ein Glücksgriff für Audi angesichts der Erfahrung des Piloten, der zudem in dieser Saison bei Haas mit starken Leistungen überzeugt.
Dass der Formel-1-Bolide an zwei verschiedenen Standorten mehr als 350 Kilometer voneinander entfernt – das Chassis in Hinwil, die Power-Unit in Neuburg – entsteht, ist schon kompliziert genug. Bis zur 100-prozentigen Übernahme des Sauber-Rennstalls durch Audi im März waren Seidl in vielen Entscheidungen zudem die Hände gebunden. Und dann wurde ihm mit Oliver Hoffmann auch noch der ehemalige TE-Vorstand vor die Nase gesetzt, der zwar eine treibende Kraft hinter dem Einstieg der Ingolstädter in die Königsklasse des Motorsports, aber nicht gerade für seine Formel-1-Expertise bekannt war.
Audi unter Zeitdruck
Dass diese Konstellation schiefgehen und Audi die Konsequenzen aus dieser verfahrenen Lage ziehen würde, war abzusehen. Die Ingolstädter können es sich angesichts des straffen Zeitplans nicht leisten, dass wichtige Entscheidungen hinausgezögert werden und das Projekt weiter unter der fehlenden Entwicklung des Sauber-Rennstalls leidet. Schon der Wechsel von Markus Duesmann zu Gernot Döllner an der Audi-Spitze hatte den Aufbau des Werksteams um Monate verzögert. Und so ist Seidl seinen Job los, noch ehe Audi in die Formel 1 eingestiegen ist.
Doch wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Ob ein erfolgreicher Einstieg mit Mattio Binotto gelingt, wird spannend. Ferrari erlebte unter dem Italiener zwei sieglose Jahre in Folge, viele strategische Fehler sowie Defizite in Sachen Zuverlässigkeit konnte er nicht beheben, den erhofften WM-Titel nicht nach Maranello holen. Doch Binotto hat nun auf dem Papier die Kompetenz, das Audi-Werksteam auf die Beine zu stellen. Man kann für die Ingolstädter nur hoffen, dass der neue Chef das Prestigeprojekt fokussiert und ohne Machtkämpfe auf den Einstieg in eineinhalb Jahren vorbereiten kann.
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