Kilometerfresser alter Schule: Sepp Straub half sogar schon der New Yorker Polizei beim Siegen

10.06.2020 | Stand 10.06.2020, 8:00 Uhr

Begegnung mit dem "Tour-Teufel": Sepp Straub und Kult-Fan Didi Senft beim Gravelbike-Event im vergangenen September in Innsbruck. −Foto: Straub

Sie fahren zehntausend Kilometer pro Jahr oder laufen Halbmarathons vor dem Frühstück: In loser Abfolge präsentiert die Sportredaktion die "Strava-Stories": In der Serie stellen wir Hobbysportler/innen aus der Region vor, die Beeindruckendes leisten – wie in Teil 20 der Passauer Sepp Straub (56). 240000 Kilometer auf dem Rad, 24500 Kilometer in Laufschuhen, 2600 Kilometer im Wasser – und alles "Old School". Sepp Straub schindet sich sein Lebtag Strava-frei.

DER SPORTLER
Als Sepp Straub 1980 seinen Dienst bei der Bayerischen Polizei anfing, war der Kraftsport seine Leidenschaft. Am damaligen Dienst- und Wohnort München bald mit dem aufkommenden Mountainbike-Sport in Berührung gekommen, setzt Straub mit dem beruflichen Wechsel nach Passau aufs Rennrad. Dort wird er von Triathlonurgestein Stefan Dengler, ein Freund und Kollege, für den Ausdauer-Dreikampf gewonnen. Und nach der Premiere, dem Pfingsttriathlon 1996 in Tiefenbach, ist die Leidenschaft geweckt.

Inzwischen hat Straub 291 Triathlonrennen im Trikot des WSV Otterskirchen absolviert – wobei nur bei drei Rennen ein "DNF" (did not finish) in der Ergebnisliste stand. 14 Ironmanrennen über die Gesamtdistanz von 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 41 km Laufen stehen in seinem akribisch geführten mit der Hand geschriebenen Trainingsbuch. Dort ist neben mehreren Altersklassensiegen und einem niederbayerischen Meistertitel auch der größte Erfolg des sportlichen Polizisten vermerkt: der Gewinn der "First-Responder-Wertung" als Polizist und der Altersklasse beim New York City Triathlon 2009, wo Schaub in den Farben des New Yorker Police Departments gestartet war und dazu beitrug, dass das NYPD das erste Mal ein Ranking gegen die Mannschaft der New Yorker Feuerwehr gewann.

In diesen Trainingsbüchern sind auch die Trainingsdistanzen mit Zeiten und Werten festgehalten: in Summe seither 240000 Kilometer auf dem Rad, 24500 km in Laufschuhen und 2600 km im Wasser – "nicht zu vergessen über 3000 Stunden im Training an den Gewichten im Fitnessstudio um die technische Schwimmschwäche mit der antrainierten Kraft auszugleichen", wie der "Old-School"-Sportler sagt.

SEIN ZIEL
Mittlerweile ist der Druck im Triathlon, vor allem bei den Ironman Rennen eine Qualifikation für die Ironman WM auf Hawaii zu schaffen, der Lust gewichen, sich immer noch selbst zu beweisen, noch nicht zum alten Eisen zu gehören. Das früher akribisch strukturierte Training ist der Lust gewichen, sich über das Maß fit zu halten und den ein oder anderen Radler auf der Strecke noch etwas zu "ärgern". Diese neue Erlebnis-Orientierung führte zu einigen Radreisen, Alpenüberquerungen und sonstigen Streckenfahrten mit kleinem Gepäck auf dem Rennrad oder mittlerweile einem Gravelbike, das für ihn als die "eierlegende Wollmilchsau" zu dem gehört, was das Radfahren im ursprünglichen Sinn ausmacht: Fahren zum Spaß, um Natur, Land und Leute zu erleben. Nachdrücklich in Erinnerung geblieben ist ihm die Coast-to-Coast-Reise im März 2017 durch die USA, auf der er mit Gravelbike und kleinem Gepäck 4800 Kilometer von Los Angeles nach New York fuhr. Umso mehr fehlt in diesen Corona-Zeiten die Perspektive: die gebuchten Rennen sind ebenso abgesagt wie das seit 1996 gewohnte, heiß geliebte Trainingslager auf Mallorca. Am meisten enttäuscht ist Straub über die Absage des Ötztaler Radmarathons, bei dem er nach mehreren erfolglosen Versuchen für dieses Jahr erstmals einen Startplatz ergattert hatte.

SEIN TRAINING
Nicht weniger als sieben Tage die Woche sitzt Straub auf dem Fahrrad – und sei es auch nur, um wie seit über 30 Jahren mit dem Fahrrad zu Arbeit zu fahren. Trainingsfahrten absolviert er allein, mit seinem Sohn Felix oder mit seiner Whatsapp-Gruppe, den "Dirty Old Bastards", Rennradler und Triathleten alter Schule, statt. Da kommen dann auf einer Fahrt schnell mal 150 km zusammen. Heuer hat Straub 3700 Trainingskilometer in seinem Fahrtenbuch stehen, obwohl er den ganzen Januar mit einer Lungenentzündung zu kämpfen hatte.

SEINE ERNÄHRUNG
Alles was schmeckt, selbst gekocht und regional eingekauft. Kuchen trocken geht immer und zu jeder Zeit. Ganz dem Wahlspruch seiner früheren Kraftsporttrainingspartner gemäß: "Wir trainieren viel, damit wir viel Essen können." Lediglich in der Wettkampfzeit wird die Ernährung trainingsspezifisch angepasst.

SEINE LIEBLINGSROUTE
Küstenklassiker im südöstlichen Teil Mallorcas durch das Tramuntana-Gebirge, mit einem Cafe im Künstlerort Deja. Im frühen Frühjahr blüht alles und die Insel ist für alle Sinne ein Genuss.

SEINE AUSRÜSTUNG
Neben ca. 40 Paar Laufschuhen und verschiedenen Fitnessgeräten stehen fünf Räder der Marke Specialized fürs Training zur Verfügung: Specialized Tarmac, Specialized Venge Time Trail, Specialized Chisel MTB, ein Specialized Sequioa Gravelbike und ein Specialized New York als "Singlespeed"- und Arbeitsrad.

− pnp

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