Tennis
Dem BTV droht Rückzugs-Welle: Wieso viele Tennisvereine die Sommersaison boykottieren

11.05.2020 | Stand 17.09.2023, 22:03 Uhr

Diese Filzkugeln dürften ab Montag wieder übers Netz geschlagen werden. Viele Tennisspieler freuen sich auf die Öffnung ihrer Anlagen. Auf die Wettspielsaison, die der Bayerische Tennis-Verband ab Juni, durchführen will, haben einige unter den aktuellen Umständen aber keine Lust. −F.: 123rf.com

Es ist dieser Tag, auf den in Bayern alle Tennisspieler gewartet haben: Ab dem heutigen Montag dürfen Klubs ihre Anlagen wieder für den Trainingsbetrieb öffnen. Freilich: Händeschütteln ist verboten, jeder muss seine eigenen Bälle benutzen, die Duschen bleiben zu. Aber es ist ein kleiner Schritt zurück in die Normalität. Wenn es nach dem Bayerischen Tennis-Verband (BTV) geht, soll schon Anfang Juni der Wettspielbetrieb aufgenommen werden – das hat er am Freitag gegenüber den Vereinen noch einmal bekräftigt. Doppel soll gespielt werden, auch die Duschen und Vereinsgaststätten könnten zu den Spieltagen wohl geöffnet werden. "Die Signale aus der Politik" gäben "allen Grund, sehr optimistisch" zu sein.

Hannes Wagner sieht das anders: "Wir leben immer noch in einer Pandemie", sagt der 2. Vorsitzende des TC Thyrnau-Kellberg. Zehn Mannschaften hat der Verein aus dem Landkreis Passau mit seinen 165 Mitgliedern für diese Saison gemeldet, darunter zwei Herren40-, eine Herren-, eine Damenriege und sechs Nachwuchsteams. Die Herren 30-Truppe, die in der letzten Saison noch in der Regionalliga aktiv war, war bereits fristgemäß letzten November abgemeldet worden. "Wir werden alle Teams zurückziehen", sagt Wagner. Das Vorgehen des BTV ist ihm zu riskant. In einer Mail hat er den Verband aufgefordert, die Saison abzusagen. Jeder Tennisspieler freue sich, wieder trainieren zu dürfen, aber der Wettkampfgedanke sei bei vielen angesichts der Krise in den Hintergrund gerückt. Eine Beobachtung, die offenbar auf viele Klubs in der Region zutrifft, wie eine Umfrage der Heimatzeitung ergibt.

Beim TC Hengersberg, einem Tennis-Aushängeschild des Landkreises Deggendorf, tut man es dem TC Thyrnau-Kellberg gleich, erzählt Vorsitzender Roman Preisinger. Bei einem der mitgliederstärksten Vereine Niederbayerns wäre man mit insgesamt 32 Mannschaften in den Spielbetrieb gegangen – unter normalen Umständen. Gerade die BTV-Mitteilung vom Freitag habe ihn geärgert, sagt Preisinger: "Da stehen Dinge drin, von denen zum jetzigen Zeitpunkt keiner weiß, ob das wirklich so eintritt." Wie vielen anderen Klubs ist auch den Hengersbergern das Thema Fahrgemeinschaften zu Auswärtsspielen ein Dorn im Auge: Der BTV stellt in Aussicht, dass dies möglich sein werde – eine verbindliche Aussage der Behörden dazu gibt es nicht. Preisinger ärgert dieses Vorpreschen: "Wenn das am Ende nicht geht, können manche unserer Mannschaften 300 Kilometer in separaten Autos zu Auswärtsspielen fahren, die ohnehin keinen sportlichen Wert haben." Weil Auf- und Abstieg dieses Jahr ausgesetzt werden, seien die Partien de facto Freundschaftsspiele.

Bei Heimspielen steht das größte Fragezeichen hinter der Bewirtung mit Mindestabstand. "Es gibt Tage, da spielen drei Mannschaften gleichzeitig daheim. Wie soll da auf dem Gelände ausreichend Abstand gehalten werden?" Für die Klubs ist dann praktisch jede Heimpartie ein Hochrisikospiel – am Ende sind sie für die Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes verantwortlich. Der Vereinsvorstand haftet für Verstöße.

Wie der TC Hengersberg und der TC Thyrnau-Kellberg nutzen deswegen auch andere Vereine das Sonderrecht, ihre Mannschaften bis zum 17. Mai abzumelden. Dann bekommen sie vom BTV die Hälfte der Nenngebühren zurück – der durchschnittliche Verein entrichtet pro Saison einen hohen dreistelligen Betrag dafür an den Verband.

Welche Vereine aus der Region ihre Mannschaften noch zurückziehen und wieso der Vorwurf im Raum steht, der BTV stelle wirtschaftliche vor gesundheitliche Interessen, lesen Sie am Montag, 11. Mai, im Sportteil Ihrer Heimatzeitung oder kostenlos nach kurzer Anmeldung am Online-Kiosk.