Schiedsrichter Deniz Aytekin überzeugt an der Konsole als Fußballer, Charles Leclerc feiert auf der virtuellen Formel-1-Strecke einen überlegenen Sieg und die Radsportler fahren Rennen im eigenen Wohnzimmer: Der E-Sport nimmt im Kampf gegen die Langeweile eine immer größere Rolle ein. Videospiele als gleichwertiges Ersatzprogramm? Fast. Während interessierte Fans oft blendend unterhalten werden, finden Profis an den Wettkämpfen unter eher freundschaftlichen Bedingungen nur eine willkommene Abwechslung.
Der zweite Spieltag der "Bundesliga Home Challenge" in der Fußball-Simulation Fifa 20 bot etwa ein unerwartetes Highlight. Der 41-jährige Aytekin bewies seine Fingerfertigkeit, schlug Bundesliga-Profi Jonas Hofmann von Borussia Mönchengladbach überraschend mit 2:1 und gab danach ein Interview mit reichlich Augenzwinkern: "Ich habe hier einen Balkon. Also ich werde die Meisterfeier jetzt anschmeißen."
Auch in der Formel 1 schreitet das Experiment auf den virtuellen Rennstrecken mit großen Schritten voran. Am zweiten "Virtual GP" auf der Strecke im Albert Park in Melbourne nahmen bereits sechs Fahrer der Königsklasse teil. Charles Leclerc feierte im Ferrari bei seinem Debüt in der Simulation F1 2019 einen überlegenen Start-Ziel-Sieg.
McLaren-Youngster und Hobby-Entertainer Lando Norris scheiterte indes wieder an der Technik. Wie schon beim Auftakt vor zwei Wochen musste der 20-jährige Brite zusehen – und deinstallierte daraufhin das Spiel. Zuvor hatte ihn Red-Bull-Pilot Max Verstappen angerufen: "Es ist ein Witz. Deinstalliere das Spiel und wirf es in die Tonne", sagte der Niederländer mit einem Lächeln. Gesagt, getan.
Flandern-Rundfahrt in den eigenen vier Wänden
Wenige Tage zuvor hatte Norris noch eine verlorene Wette eingelöst: Nachdem beim Online-Videoportal Twitch mehr als 12000 US-Dollar für den Kampf gegen das Coronavirus gesammelt worden waren, rasierte er sich seine braunen Locken live im Internet-Stream ab. Er hatte versprochen, sich seine Haare bei einer Summe von mindestens 10000 US-Dollar zu schneiden.
Ebenfalls für den guten Zweck greifen die Basketball-Superstars der NBA zum Controller. Insgesamt 16 Profis duellieren sich in einem offiziellen Turnier in der Simulation NBA2k auf der Xbox – es geht um 100000 US-Dollar Siegprämie, die zur Bekämpfung des Coronavirus gespendet werden. Mit dabei war unter anderem Kevin Durant von den Brooklyn Nets, der ohnehin wegen eines Achillessehnenrisses bislang kein Spiel in dieser Saison gemacht und sich zuletzt mit dem Virus infiziert hatte.
Die Radsportler kamen derweil ordentlich ins Schwitzen. Nach der Verschiebung der Flandern-Rundfahrt wurde der Frühjahrsklassiker kurzerhand in den eigenen vier Wänden ausgetragen. Insgesamt 13 Top-Fahrer traten auf den letzten 32 Kilometern der regulären Strecke der Ronde van Vlaanderen kräftig in die Pedale. Im Livestream sahen die Zuschauer strampelnde Profis sowie eine animierte Strecke. Den Sieg holte sich Rio-Olympiasieger Greg van Avermaet auf seinem Heimtrainer nach einem erfolgreichen Ausreißversuch.
− sid
