Tennis
Kastler Nils Udvardi (16) auf dem steinigen Weg zum Profi: Im "Lehrjahr" in Budapest läuft nicht alles nach Wunsch

19.07.2018 | Stand 18.09.2023, 20:23 Uhr
Oliver Wagenknecht

Fototermin bei Regenwetter: Nils Udvardi beim Zwischenstopp auf "seiner" Kastler Tennisanlage. Er spielt inzwischen bei ITF-Jugendturnieren gegen Top-Nachwuchsleute aus ganz Europa. − Foto: Wagenknecht

Der Besuch in der alten Heimat war nur kurz. Zwischen zwei internationalen U-18-Turnieren schaute Nils Udvardi schnell mal in Kastl vorbei. Gesundheitlich war er etwas angeschlagen, aber trotzdem musste er nach nur drei Tagen schon wieder weiter. Bald ist es ein Jahr her, dass sich Nils nach Budapest aufgemacht hat, um seine ersten Schritte auf dem Weg zum Tennisprofi zu versuchen. Beim Treffen mit heimatsport.de zog der 16-Jährige eine Zwischenbilanz – und die fiel nicht ganz ungetrübt aus.

Der jüngste Doppeleinsatz im Hessischen war für seine Verhältnisse leidlich erfolgreich, allerdings auch äußerst anstrengend – körperlich wie mental. Erst spielte Nils Udvardi beim Juniorenturnier der ITF (International Tennis Federation) in Bruchköbel bei Hanau, dann noch am selben Tag bei einem Herren-Ranglistenturnier in Frankfurt.

In Bruchköbel fehlte nicht viel und er hätte sich erstmals via Qualifikation ins Hauptfeld einer ITF-Veranstaltung gespielt. Nach einem 6:0, 6:2 über Luke Connor Heron (15/TC Bad Nauheim) unterlag der Kastler in der entscheidenden Runde dem an Zwei gesetzten Polen Piotr Kusiewics 0:6, 7:6 und 3:6. Ein echtes Marathon-Match, etwa vier Stunden lang – aber eine Pause war für Udvardi nicht drin. Er setzte sich direkt ins Auto und wurde die rund 30 km nach Frankfurt kutschiert, wo er gleich wieder auf den Platz musste. Gegen Jan Lukas Kern (SaFo Frankfurt), einen 23-Jährigen mit Leistungsklasse 1, setzte er sich in zwei Stunden 6:1, 7:6 durch.

Tags darauf kämpfte Nils Udvardi erst David Schnur (Olympia Lorsch) mit 6:1, 4:6 und 10:8 nieder. In der Runde der letzten acht kam schließlich das Aus: Beim 1:6, 2:6 gegen den international erfahrenen LK-1-Spieler und späteren Finalisten Amer Naow (23/ SaFo Frankfurt) hatte er keine Chance.

Nach diesem Mammutprogramm musste sich Nils daheim bei seinen Eltern Zsolt und Alexandra Udvardi erstmal wieder aufpäppeln lassen, vom Papa bekam er sogar kurzfristig Tennisverbot. Beim folgenden Turnier im oberösterreichischen Wels, seinem inzwischen siebten Einsatz in der ITF-Nachwuchsserie, verlor Nils in der Quali gegen den eineinhalb Jahre jüngeren Franzosen Robin Bertrand (2:6, 4:6). Auch im Doppel kam sofort das Aus.

Sich im Tenniszirkus durchzuschlagen – ein hartes Brot. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse, die Nils Udvardi in seinem "Lehrjahr" gewonnen hat. Überhaupt, so gibt er zu, sei es für ihn "anders gekommen", als er es sich vor Jahresfrist ausgemalt hatte – und zwar "eher schlechter". Die Anfangsphase in Budapest, der Heimatstadt seines Vaters, war noch gut: Von September bis Dezember übte Nils mit mehreren Gleichaltrigen in der Gruppe seines Trainers Arpad Morvai. Dann jedoch ging dieser mit einem ungarischen Weltranglistenspieler auf Turnierreisen, Udvardi junior musste zu einem anderen Coach, und mit dem hat’s nicht so gepasst, wie Nils sagt: "Die fünf Monate haben mich zurückgeworfen."

Seit wenigen Wochen kann er nun aber doch wieder bei Morvai trainieren – und schon fühlt sich Nils wieder pudelwohl. Richtig Heimweh habe er ohnehin nie verspürt. Bei seinen Großeltern, Oma Ildiko und Opa Gabor, wo er nach wie vor wohnt, geht’s dem künftigen Profi bestens. Ja, er sei in Budapest "bis jetzt gut zurechtgekommen", beteuert Nils. Er verstehe inzwischen auch "sehr viel" Ungarisch, mit dem Sprechen sei es "noch etwas schwierig", aber auch das gehe schon besser. Das nötige Tennis-Vokabular hatte er eh schnell drauf.

Alexandra Udvardi findet, dass ihr Sohn "sehr selbstständig geworden" sei. Trotz der großen räumlichen Distanz besteht weiter enger Kontakt. "Wir telefonieren täglich", verrät Nils, der in zehn Monaten nach eigenen Worten "drei, vier Mal in Kastl" war.

Seine Hoffnung von vor einem Jahr, er würde in Budapest "leistungsmäßig einen großen Sprung" machen, hat sich erfüllt. "Überall" sei er besser geworden, sagt Nils. Dennoch ist viel Luft nach oben, vor allem "im spielerischen und taktischen Bereich", wie er weiß. Auch körperlich müsse er "noch stärker werden", so die aktuelle Nummer 31 der ungarischen U-18-Rangliste. Die jüngsten Einsätze in Deutschland haben ihm das wieder vor Augen geführt. Hierzulande ist Nils in der U18 an 334.Stelle gelistet. Die schlechte Platzierung liegt aber vor allem daran, dass er in seinem Geburtsland nur noch selten Turniere spielt.

Sein Tennis-Aufenthalt in Ungarn ist vorerst mal bis zum nächsten Frühjahr verlängert worden. Dann soll wieder Bilanz gezogen werden. Mama Alexandra spricht von der "Option Schule"; Nils, der den Realschulabschluss hat, könnte in Altötting auf die FOS gehen, wenn’s mit dem Profitennis doch nicht klappen sollte. Daran verschwendet der Junior im Moment jedoch keine Gedanken – vielmehr hat er die Weltrangliste im Sinn. Sein selbst formuliertes Ziel für 2019: "Erste ATP-Punkte machen!"