Anlage durch Unwetter zerstört
"Ich fürchte, dass das drei oder vier Jahre dauert": Große Sorgen um die Rodelbahn am Königssee

20.07.2021 | Stand 20.07.2021, 9:58 Uhr

Die Bob- und Rodelbahn in Schönau am Königssee ist durch das schwere Unwetter in der Nacht zum 18. Juli durch Schutt und Geröll völlig zerstört worden. −Foto: Peter Kneffel/dpa

Als Felix Loch am Samstagabend daheim aus dem Fenster schaute, sah er bloß Regen, sehr viel Regen. In der Nachbarschaft blieb alles ruhig. Doch was die Wassermassen nur wenige Kilometer weiter anrichteten, in seiner sportlichen Heimat, das wurde bis zum nächsten Morgen deutlich.

"Irgendwann kamen die Nachrichten per WhatsApp rein, Fotos, Videos, und es war unvorstellbar", sagte Loch am Montag dem SID. Die Zerstörung der Eisbahn am Königssee in nur einer Nacht macht den Rekordweltmeister aus vielen Gründen betroffen – und er ahnt Schlimmes.

"Wenn ich die Bilder sehe, kann ich mir nicht vorstellen, dass das in einem Jahr wieder aufgebaut ist", sagte er: "Ich fürchte, dass das drei oder vier Jahre dauert."

Das ist keine Prognose, Loch betonte das, am Montag konnte eine solche noch niemand abgeben. Das zuständige Landratsamt Berchtesgadener Land war noch mitten in der Aufarbeitung, die Bergungsarbeiten am Fuße des Watzmanns dauern an. Schlamm- und Gerölllawinen hatten die Anlage zerstört, die seit 1968 als älteste Kunsteisbahn der Welt der Nabel des deutschen Schlittensports ist.

Emotional ist die Zerstörung des "Leuchtturms unseres Sports", wie der dreimalige Olympiasieger Georg Hackl das Kurvenlabyrinth bei Sport1 nannte, nicht nur für Menschen aus der Region schwierig, für Menschen wie Loch. "Die Bahn war immer da, als Kind habe ich im Winter dort jeden Tag verbracht, ich habe da das Rodeln gelernt." Besonders betroffen sei er allerdings angesichts der konkreten Auswirkungen, die das Unglück auf die Basis des Sports habe. Am starken Standort Berchtesgaden könnte dem Rennrodeln eine ganze Generation wegbrechen.

"Im vergangenen Jahr durften die Kinder wegen Corona schon kaum auf die Rodelbahn, und jetzt fällt das nächste Jahr komplett aus", sagte Loch. Der Spitzensport könne ausweichen, "bei uns wird der Kalender umgebaut, dann läuft es sozusagen normal weiter. Aber welche Motivation haben acht- oder neunjährige Kinder jetzt noch, mit dem Rodeln weiterzumachen?"

Denn kaum ein Sport ist ja so sehr an die einzelnen Anlagen gebunden wie der Schlittensport. Neben dem Königssee hat Deutschland die Bahnen in Altenberg (Sachsen), Oberhof (Thüringen) und Winterberg (NRW). Im internationalen Vergleich ist das viel, am Ende sind es aber nur vier Anlagen für den gesamten Sport, von den Kindern bis zur Weltspitze. "Das wird Auswirkungen ohne Ende haben und zieht einen Rattenschwanz nach sich", meinte auch Ex-Weltmeisterin Susi Erdmann.

Ob, wie und wann es nun weitergeht, ist unklar. Thomas Schwab, Vorstandsvorsitzender des deutschen Schlittenverbandes BSD, befürchtet Schäden in "zweistelliger Millionenhöhe" und kann ansonsten erstmal nur hoffen. Wenn im kommenden Jahr im Oktober wieder gefahren werden könne, "ist alles gut".

Bei all den Sorgen um den Sport ist Loch allerdings auch um eine Einordnung bemüht - gemessen an dem, was Familien in Deutschland in den vergangenen Tagen verloren haben. "Das", sagt der Rekordweltmeister, "ist "nur" eine Rodelbahn."

− sid