PNP-Interview
Sportbiologe: Wie Sport das Immunsystem schützt – und wie man ihm schadet

23.01.2021 | Stand 18.09.2023, 20:36 Uhr

Intensives Sporteln ist in Corona-Zeiten nicht pauschal zu verteufeln. Doch bei hohem allgemeinen und persönlichen Infektionsrisiko sollte laut Sportbiologe auf extreme Belastungen verzichtet werden. −F.: dpa

Sich regen bringt Segen. Dieser Spruch hat während der Corona-Pandemie eine zentrale Bedeutung erlangt. Seit Montag allerdings dürfen sich Bewohner von Hotspots mit einer Inzidenz über 200 nur noch in einem 15-Kilometer-Umkreis um den Wohnort regen. Und einige Landkreise haben schon beschlossen, gar keine Wintersportler – nicht einmal aus den Nachbargemeinden – mehr reinzulassen.

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Doch auch das heimatnahe Sporteln tut den Vorteilen für das Immunsystem keinen Abbruch. Aber wie viel Bewegung ist noch förderlich? Wie intensiv sollte sie sein? Und wie stärke ich mein Immunsystem dadurch? Die PNP hat bei Sportbiologe Prof. Dr. Henning Wackerhage von der TU München nachgefragt.

Herr Wackerhage, Bewegung gilt gerade in der Pandemie als Elixier für das Immunsystem. Können Sie das bestätigen?
Dr. Henning Wackerhage: Moderater Sport hat positive Effekte auf das Immunsystem. Es gibt recht viel Evidenz dafür. Extreme Belastungen aber schwächen es eine Zeit lang. Es ist unklar, ob man mit moderatem, körperlichem Training die Häufigkeit von Atemwegs- und Corona-Infektionen verringern kann. Wenn jemand Infektiöses 15 Minuten neben einem steht, ist die Wahrscheinlichkeit, sich mit Corona zu infizieren, bei Trainierten und Untrainierten wahrscheinlich ähnlich.

Wie sollte der immunsystemstärkende Sport in Corona-Zeiten aussehen?
Wackerhage: Das hängt vom allgemeinen und persönlichen Infektionsrisiko ab. Es gibt Befunde, die deuten darauf hin, dass man nach extremen, erschöpfenden Belastungen wie einem Marathon vermehrt Infektionen hat. Wenn das allgemeine Risiko hoch ist wie im Winter, sollte man aufpassen mit extremen Belastungen. Dann kommt es noch auf das persönliche Infektionsrisiko an. Wenn man zum Beispiel in der Arbeit Kontakt mit anderen Menschen hat und einer Risikogruppe angehört, sollte man sich mit moderatem Ausdauer- und Krafttraining fit halten. Wenn das allgemeine Infektionsrisiko niedrig ist wie im Sommer, man im Homeoffice arbeitet und keiner Risikogruppe angehört (jung, gesund und fit), dann kann man jeden Sport, der mit den Corona-Regeln vereinbar ist, machen.

Ist also zu intensive sportliche Belastung für das Immunsystem genauso schädlich, wie den ganzen Tag auf der Couch zu liegen?
Wackerhage: Wer sich sportlich extrem belastet, dessen Immunsystem ist kurzfristig nach der Aktivität geschwächt. Bei zu wenig oder gar keiner Bewegung aber ist das Immunsystem insgesamt nur mittelstark. Wenn man sich moderat belastet, dann kann man es langfristig am besten stärken.

Was genau heißt "moderat"?
Wackerhage: Das ist individuell unterschiedlich. Was für einen Tour-de-France-Fahrer moderat ist, ist für einen Untrainierten viel zu extrem. Die meisten haben ihr normales Sportverhalten – und das sollte auch weiterhin okay sein. Nur Sachen, wo man hinterher total erschöpft ist, sollten insbesondere Mitglieder von Risikogruppen bei einem hohen Infektionsrisiko wie jetzt im Winter vermeiden. Für die Risikogruppe über 65 Jahren heißt das konkret, dass man Spaziergänge oder lockere Einheiten unbedingt weitermachen sollte. Aber eine sehr lange Bergtour mit vielen Höhenmetern sollte man vermeiden.

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