250 Euro für A-Klassenkicker möglich
"Es ist normal geworden, Spieler zu bezahlen": Ein Gespräch über Geld im Amateurfußball

07.05.2020 | Stand 19.09.2023, 1:35 Uhr

Die Vorstellung von einem ehrlicheren Amateurfußball ist für Fußball-Romantiker wie ein Sonnenuntergang. −Foto: Andreas Lakota

Auf dieses Feld trauen sich nur wenige: Tim Frohwein (36) aus München beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Bezahlung im Amateurfußball. Damit "bespielt" er einen Raum, in dem wenige klare Kante zeigen. Welcher Verein gibt offen zu, dass er eine Summe X für Gehälter und Prämien ausgibt? Welcher Spieler gesteht, dass ihm das Hobby Fußball Bares bringt?

Zahlen bleiben zum großen Teil verborgen. Trotzdem gibt es Antworten. "Es ist bis in die untersten Ligen normal geworden, sich mit Fußball etwas dazuzuverdienen", sagt Soziologe Frohwein im PNP-Interview. Die Corona-Krise wird den Amateurfußball in dieser Hinsicht verändern, ist er überzeugt. Am Ende könnte die Zäsur sogar der Neubeginn für ehrlicheren Fußball sein.

Herr Frohwein, lassen Sie uns das Gespräch mit einem Beispiel beginnen: Ein Fußballer hat in der laufenden Saison für seinen A-Klassenverein überdurchschnittlich gute Leistungen gezeigt. Wie viel könnte er sich bei einem Vereinswechsel dazuverdienen?
Tim Frohwein: 200 bis 250 Euro pro Monat dürften es für einen jungen Kerl schon sein bei sagen wir mal einem ambitionierten Kreisligisten – je nachdem in welcher Region er spielt. Aber hier in München wäre das in jedem Fall drin. Meine Recherchen haben ergeben, dass deutschlandweit Amateurfußballer Geld bekommen. Es ist bis in die untersten Ligen normal geworden, sich mit Fußball etwas dazuzuverdienen.

Wie hoch ist der Anteil bayerischer Vereine, die Fußballer bezahlen?Frohwein: Leider gibt es dazu keine Statistiken, weil dieses Geld oft in keinen Rechnungen oder Steuererklärungen auftaucht. Darum gibt es keine Möglichkeit, verlässliche Zahlen zu ermitteln. Oft wird das Geld informell bei der Weihnachtsfeier oder ähnlichen Gelegenheiten im Kuvert übergeben.

BFV-Präsident Rainer Koch hat vor wenigen Tagen angemerkt, dass der Amateurfußball in den letzten Jahren viel zu teuer und fast nicht mehr finanzierbar geworden ist. Lässt sich dieser Eindruck wissenschaftlich belegen?
Frohwein: Der zweithöchste Posten bei den Ausgaben von reinen Fußballvereinen sind die Ausgaben für Spieler, wie im Sportentwicklungsbericht nachzulesen ist. Ein Indiz, wie viel Geld da fließt. Genauso lässt sich das an einzelnen Beispielen der letzten Jahre festmachen.

So blöd es klingt, aber in der Corona-Krise liegt eine Hoffnung, die auch Rainer Koch ausgesprochen hat: Der Amateurfußball könnte zur Vernunft kommen und wieder ehrlicher werden. Ist eine Veränderung abzusehen?Frohwein: Lassen Sie mich eines vorneweg schieben: Es tut mir für alle leid, die durch dieses Virus wirtschaftliche Probleme haben oder bekommen. Aber ich glaube, bei vielen geht das Geld aus für Aktivitäten, die nebenbei gelaufen sind und Hobbys waren. Dann fließt weniger oder kein Geld mehr und bestimmte Vereine müssen sich anders orientieren. Und der ein oder andere wird es freiwillig tun, weil man merkt, wie abhängig man von einem Sponsor ist. Dieser Effekt wird sich einstellen.

Die Frage ist, inwieweit dieser erwartete Effekt anhält.
Frohwein: Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Idee, die ich schon länger mit mir herumtrage. Ein freiwilliger Zusammenschluss von Vereinen, die offiziell sagen: Ich bezahle die Spieler meiner ersten Mannschaft nicht. Gerade für Vereine im unteren Amateurbereich könnte das interessant sein. Sie könnten eine Art freiwillige Selbstverpflichtung oder Verhaltenskodex unterschreiben und dafür von einer unabhängigen Instanz, die diese Initiative koordiniert, eine Plakette erhalten. Diese weist meinen Klub auf der Website oder der Sportanlage als Verein aus, bei dem es um Geselligkeit und sozialen Zusammenhalt geht und bei dem man keine Spieler haben will, die nach einem Jahr wieder weg sind. Dadurch könnte bayern- oder deutschlandweit eine neue Community im Amateurfußball entstehen. Und eine nachhaltige Entwicklung wäre möglich.

Wer könnte diesen Weg anstoßen?
Frohwein: Gute Frage. Der BFV ist auf der Linie, dürfte aber so eine Initiative scheuen, weil man genau weiß, dass es eben viele Vereine gibt, die Geld für Fußballer legitim finden. Es muss jemand außerhalb des Verbandes sein.

Das ganze Interview lesen Sie am Donnerstag, 7. Mai, im Sportteil der PNP (Online-Kiosk) – oder hier als registrierter Abonnent.