Vom Schlosser zum Feiler: Wie Marco Stahnke als Quereinsteiger in den Weltcup-Zirkus kam

21.01.2020 | Stand 18.09.2023, 20:33 Uhr

Voller Einsatz beim Weltcup in Lake Placid: Selbst am Start feuert Marco Stahnke (v.r.) Bremserin Kira Lipperheide und Pilotin Mariama Jamanka noch lautstark an. Unterstützung bekommt er vom Technikerkollegen Bernd Steinecker. −Foto: Viesturs Lacis

Eigentlich war Marco Stahnke Schlosser. Doch durch die Empfehlung eines Freundes änderte sich der Berufsalltag des Burgkircheners schlagartig. Heute reist er mit den besten Bobfahrern der Welt um den Globus. Seit Stahnke Techniker beim deutschen Schlitten- und Bobverband ist, haben seine Athleten mehr als 80 Medaillen bei Großereignissen geholt.

Kurz muss Marco Stahnke in einer Schublade in seiner Berchtesgadener Werkstatt kramen. Unter ein paar Unterlagen kommt das kleine, blaue Buch zum Vorschein. Schnell ein bisschen darin geblättert und: "Da steht’s: 36 Goldmedaillen, 25 silberne und 22 Mal Bronze. Das alles war in acht Saisons." Bei Europa-, Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Nicht, dass der 36-Jährige diese alle selbst geholt hätte, nein. Aber er hat wortwörtlich am Erfolg mitgefeilt: Marco Stahnke ist Bobtechniker beim Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD). Bei allen Rennen ist der Burgkirchner dabei und Ansprechpartner für die deutsche Bob-Elite, wenn mit dem Schlitten etwas nicht stimmt – und das als Quereinsteiger.

Gerade ein paar Tage ist es her, dass er mit dem deutschen Bob-Tross in den USA, war. Ein bisschen merkt man ihm den Jetlag noch an, "man gewöhnt sich aber an das Reisen". Es gehört eben zum Beruf des Bobtechnikers.

Nach nicht einmal einem Monat wurde Stahnke ins kalte Wasser geschmissen

Gelernt hat Marco Stahnke eigentlich den Beruf des Schlossers im Werk Gendorf. "Mein bester Freund war Rodel-Mechaniker und hat gemeint, für den Bob würden sie wen suchen, ich soll das doch mal probieren." Richtig ernst genommen habe er den Vorschlag nicht, schließlich steckt doch so viel dahinter. Beworben hat er sich dann aber doch – und im Kanada-Urlaub kam 2011 eine Mail von BSD-Generalsekretär Thomas Schwab, der Stahnke zum Bewerbungsgespräch einlud. "Ich hatte halt mal den Film ,Cool Runnings’ gesehen, sonst aber nicht viel Ahnung vom Bobfahren. Aber die Chance, als Quereinsteiger ins Profigeschäft zu kommen, bietet sich einem eben nicht oft."

Im Nachgang sei es definitiv die richtige Entscheidung gewesen. Doch es gab viel zu lernen. Regelrecht mit Fragen gelöchert hat er seine beiden Kollegen Bernd Steinecker und Walter Kummer zu Beginn. "Die waren halt schon über 20 Jahre dabei und wissen natürlich alles. Selbst kann man nicht einfach einen Kurs machen und ist voll im Bild." Vielmehr sei es ein "Learning-by-doing-Prozess": Taucht ein Problem auf, sucht man nach einer Lösung, klärt es und weiß beim nächsten Mal schon Bescheid.

Was aber, wenn man nach drei Wochen schon auf sich allein gestellt ist? Nach nicht einmal einem Monat musste Stahnke in St. Moritz nämlich das Europacup-Team betreuen. "Ich habe so gut wie nichts gewusst, aber dann geht man die Sache halt zusammen mit den Aktiven an." Hilfreich sei jedenfalls eine typisch deutsche Tugend: die Gründlichkeit. "Man misst alles öfter und kontrolliert auch drei Mal, ob es sitzt." Und wenn es mal unbedingt nötig ist, zerlegt man den kompletten Bob.

Selbst mitgefahren in einem Bob ist Stahnke freilich schon einige Male. Eine richtige Achterbahnfahrt sei das, wenn das Mehrfache des eigenen Körpergewichts stellenweise auf einen wirke. "Da darfst du keine Herz- oder Rückenprobleme haben." Auf Strecken wie der im kanadischen Whistler ist man schon mal mit bis zu 157 km/h unterwegs – eine extreme Geschwindigkeit. Auf der Bahn am Königssee kommt man wohl "nur" auf 130 km/h. Ein Viererbob, der allein im leeren Zustand schon um die 210 Kilo wiegt, entwickelt sich da ganz schnell zu einem Geschoss.

Der Bob- und Skeleton-Weltcup steigt am Wochenende am Königssee. Am Freitag sind die Damen und Herren im Skeleton dran, am Samstag jeweils die Zweierbobs und am Sonntag der Viererbob der Herren.

Das komplette Porträt über Marco Stahnke lesen Sie am Dienstag, 21. Januar, in Ihrer Heimatzeitung oder am Online-Kiosk.