Die AfD demonstriert in Berlin gegen die Bundesregierung - andere demonstrieren gegen die AfD. Wo sie aufeinandertreffen, droht Ärger. Die Polizei versucht, Eskalationen zu verhindern.
Etliche tausend Teilnehmer haben bei einer AfD-Demonstration am Samstag in Berlin gegen die Politik der Bundesregierung protestiert. Die Partei hatte bundesweit dazu aufgerufen. Am frühen Nachmittag versammelten sich die Demonstranten am Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude und zogen anschließend durch die Innenstadt. An mehreren Stellen gab es Gegendemonstrationen. Trotzdem blieb es nach Angaben der Polizei bis weitgehend friedlich.
Der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla sprach sich bei der Auftaktkundgebung gegen eine Gaspreisbremse und für die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland aus. «Schluss mit dieser Sanktionspolitik», forderte er. «Der Gaspreis wird wieder normal, wenn wir günstiges Gas aus Russland beziehen.» Die Bundesregierung mache keine Politik für die Bürger. «Vor allem die Grünen wollen, dass unser Land arm und schwach wird», sagte Chrupalla unter dem Beifall der Zuhörer. «Wir müssen nicht den Gaspreis bremsen, wir müssen die Grünen bremsen.»
«Bundeswirtschaftsminister (Robert) Habeck hat Russland den Wirtschaftskrieg erklärt», sagte er. In Wirklichkeit führe Habeck diesen Krieg gegen die Bevölkerung. Habeck müsse weg, forderte der AfD-Vorsitzende, woraufhin zahlreiche Zuhörer «Habeck weg»-Rufe hören ließen.
Etwa 10.000 Menschen demonstrieren
Manche Demonstranten kamen wegen Bahnausfällen am Morgen in Norddeutschland möglicherweise erst später als erwartet an. An der AfD-Kundgebung nahmen allerdings nach Schätzungen der Berliner Polizei dennoch rund 10.000 Menschen teil, deutlich mehr als die ursprünglich angemeldeten 4000. Ein AfD-Sprecher nannte am Nachmittag die gleiche Größenordnung.
Dagegen fielen die Gegendemonstrationen laut Polizei kleiner als erwartet aus. Insgesamt seien es knapp 1500 Personen gewesen, so eine Polizeisprecherin. Allein zur größten Gegendemonstration der Initiative «Aufstehen gegen Rassismus» und des Bündnisses für ein weltoffenes und tolerantes Berlin hatten die Veranstalter 2500 Menschen angemeldet.
Die Bundesgeschäftsführerin von «Aufstehen gegen Rassismus», Irmgard Wurdack, schätzte die Teilnehmer der gemeinsamen Gegendemonstration an der Reichstagswiese auf bis zu 1000 Menschen. Bei allen Gegendemonstrationen zusammen seien es aber deutlich mehr gewesen.
Nach Angaben der Polizei waren rund 1900 Einsatzkräfte im Dienst, darunter etwa 450 aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Bayern. Nach einem Zwischenfazit vom frühen Abend gab es insgesamt kaum Zwischenfälle. Zu den Ausnahmen gehörte ein Angriff auf ein Filmteam, das aber keine Anzeige erstattet habe, sondern seine Arbeit fortsetzen wollte.
Insgesamt gab es nach einer ersten Bilanz der Polizei von Samstagabend 24 Festnahmen und 18 Strafanzeigen unter anderem etwa wegen Körperverletzung, Beleidigung, Raubdelikten oder dem Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen.
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