Am Donnerstag wollen CSU und Freie Wähler ihre Koalitionsgespräche aufnehmen. Vor dem Start knirscht es aber, und zwar ganz gewaltig.
Kurz vor dem Start der neuen schwarz-orangen Koalitionsgespräche haben sich die Freien Wähler für die Zukunft jegliche «Demütigungen» seitens der CSU klar verbeten. «Ich wünsche mir eine fairere und kollegialere Zusammenarbeit als in den letzten Jahren», sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger am Mittwoch vor der ersten Sitzung der neuen Freie-Wähler-Fraktion. «Und ich erwarte einfach, dass wir offen und ehrlich miteinander umgehen und dass man sich nicht gegenseitig demütigt.» Man wolle schnell eine Regierung bilden. «Wir sind kollegial vernünftig, aber wir lassen uns auch nicht irgendwo in eine Ecke drängen, demütigen oder sonst was.»
Auch Fraktionschef Florian Streibl, der in der Sitzung mit 36 von 36 Stimmen im Amt bestätigt wurde, forderte von der CSU, auf Demütigungen zu verzichten. «Einem Koalitionspartner, den man ernst nimmt, dem muss man auch mit dem nötigen Respekt entgegentreten.» Das erwarte man künftig von einer «professionellen Zusammenarbeit».
CSU und Freie Wähler wollen an diesem Donnerstag ihre Gespräche über eine Neuauflage der seit 2018 bestehenden Koalition aufnehmen. CSU-Chef Markus Söder hat für den Auftakt ein klares Bekenntnis der Freien Wähler zu deren politischem Kompass und Demokratieverständnis verlangt. Es müsse geklärt werden, ob die Freien Wähler weiter auf Stabilität setzten und «fest im demokratischen Spektrum verankert» seien oder ob es andere Tendenzen gebe. Es gehe um die Integrität der Staatsregierung, daher müsse das Bekenntnis möglicherweise in einer Präambel des Koalitionsvertrages verankert werden, sagte Söder.
«Jeder kehre vor der eigenen Tür, auch bezüglich der Frage, wie man zum Thema Demokratie steht», sagte Aiwanger dazu. «Ich verweise hier auf einige unschöne Dinge auch zu Zeiten der Corona-Politik, ohne hier nachtreten zu wollen. Aber jeder weiß, wo er selber steht.» Er und die Freien Wähler stünden «voll in der Mitte der Demokratie».
«Wir stehen in der Mitte seit Jahrzehnten», sagte Aiwanger. «Wir sind quasi die Slalomstange, um die die CSU immer herumfährt. Mal fährt sie links vorbei, mal rechts vorbei. Wir sind die Mitte. Die CSU ist nach politischer Wetterlage hier wankelmütig. Auf uns ist Verlass.»
«Wir haben seitens der Freien Wähler in den letzten Jahren auch einige Demütigungen hinnehmen müssen, die nicht stilgerecht waren», kritisierte Aiwanger. «Ich erinnere auch an die Stellungnahme, zu der ich vor laufender Kamera getrieben worden bin, wie mein Impfstatus sei und ähnliches. «So was geht nicht, und das will ich für die Zukunft mir auch nicht mehr gefallen lassen», betonte er.
Streibl mahnte die CSU: «Es ist klar, dass wir nicht nur ein kleiner Koalitionspartner sind. Sondern wir sind der Koalitionspartner.» Er wies zudem einen Vergleich zurück, den sein CSU-Amtskollege Klaus Holetschek angestellt hatte. Holetschek sagte der «Augsburger Allgemeinen»: «Die CSU ist die mit weitem Abstand stärkste Kraft. Es muss klar sein, dass der Schwanz nicht mit dem Hund wedelt.»
Streibl sagte dazu: «Man muss mal schauen, wer Schwanz und wer Hund ist.» Und er forderte Holetschek auf: «Wenn man zusammenarbeiten möchte, dann sollte man in Zukunft solche Vergleiche lassen.»
Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) sagte in Richtung der Freien Wähler: «Hubert Aiwanger muss sich daran gewöhnen, dass wir einen sportlicheren, robusteren, aber immer fairen Umgang pflegen werden. Bayern braucht jetzt weder Siegerposen noch Opferrollen.»
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