Gauglers Ausrutscher beim Fußball-Talk: "Tschutschn" und die Folgen

24.08.2020 | Stand 19.09.2023, 1:44 Uhr

Sportlerstammtisch beim SV Kirchanschöring: Der ehemalige Manager des SV Wacker Burghausen, Kurt Gaugler, verärgerte mit einigen Aussagen den ESV Freilassing. Links PNP-Sportredakteur Christian Settele, rechts Moderator Manfred Straßer. Gut möglich, dass beim nächsten Stammtisch ein Vertreter des ESV mit Gaugler die Kritikpunkte thematisiert. −Fotos: Butzhammer

Keine Frage: Organisator Thaddäus Jell hatte resümierend absolut recht, als er den 1. Kirchanschöringer Sportlerstammtisch als "gelungene Sache" bezeichnete. Es wurde munter getalkt, ein wenig gefachsimpelt, ernstere Töne wurden angeschlagen und einmal, als es um die Medien ging, duellierten sich die beiden Diskutanten PNP-Sportredakteur Christian Settele und der einstige Manager des SV Wacker Burghausen, Kurt Gaugler, ein wenig – immer mit einem schmunzelnden Augenzwinkern. Das "fußballerische Quartett" an jenem sonnigen Vormittag komplettierten Günter Heberle und Robert Berg. Die "Bälle" warf ihnen Moderator Manfred Straßer zu, so wurde ungehemmt und kurzweilig über jenen Sport geratscht, über den es so viel zu ratschen gibt.

Und da Fußball nicht nur die Gäste interessiert, die sich auf der Terrasse des Kirchanschöringer Vereinsheims das Radler schmecken ließen, wurde der Stammtisch live gestreamt. Denn auch von zu Hause aus wollten so einige hören, was die geballte Expertenschaft zu den regionalen Vereinen wie SV Kirchanschöring, SV Erlbach, SB Chiemgau Traunstein, aber auch zum großen FC Bayern zu sagen haben.

Gaugler: "Also, meine Meinung zum ESV ist..."Der Vormittag verlief lange Zeit wie das Wetter: angenehm, weil windstill. Bis – um den Fußballerjargon zu bemüßigen – ja bis die 40. Minute anbrach: Da nämlich wollte Moderator Straßer wissen, welche Bedeutung die regionalen Bezirksligisten für die noch höherklassigen Vereine in der Umgebung hätten. Nachdem er sein Anliegen ausformuliert hatte, schaute er nach links zum Duo Heberle/Berg, dann auf die andere Seite zu Gaugler/Settele. Kurt Gaugler war es schließlich, der das Mikrofon zum Mund führte und mit einem "Also" ausholte.

"Also, meine Meinung zum ESV Freilassing ist nur ein Wort: traurig." Er habe schon vermehrt gehört, die Jugendarbeit sei dort "katastrophal". Zum Erwachsenenbereich des Tabellendritten der Bezirksliga Ost meinte Kurt Gaugler dann noch: "Da kommt wieder der alte Manager zurück, der bringt wieder ein paar Tschutschn mit – da kennst du dich dann überhaupt nicht mehr aus, da ist überhaupt nichts mehr gewachsen." Gleich drauf hatte Gaugler noch ein paar lobende Worte für den TSV Teisendorf und vornehmlich für die Entwicklung des SV Saaldorf parat – und es wurde noch einige Minuten weitergetalkt.

Freilich: Experten sind deshalb Experten, weil sie sich auskennen. In diesem Fall in Sachen Fußball. Und so war schon unmittelbar nach dem Stammtisch allen Beteiligten klar, dass die Äußerungen Gauglers den ESV Freilassing auf den Plan rufen würden.

Mehr zum Thema: Sportlerstammtisch im Re-Live: Debatten, Diskussionen, Informationen


Und so ist es auch. "Unsere Neuzugänge sowie die Jugendarbeit wurden hier in aller Öffentlichkeit, ohne einen Vertreter des ESV Freilassing dabei zu haben, in einer für uns unverständlichen Art und Weise diskreditiert. Wir können dies nicht einfach so stehen lassen und mit dem Tagesgeschäft weitermachen", so Hans Gietl, Abteilungsleiter des ESV, der die Punkte Gauglers dann im einzelnen aufnimmt: "Wir sind selbstkritisch genug und akzeptieren berechtigte, sachliche Kritik. Bei einer Jugendarbeit in den Vereinen gibt es immer wieder ein Auf und Ab. Viele Gründe führen dazu, einige davon werden auch immer wieder klar und offen diskutiert. In unserem Fall aber entbehren die von Herrn Gaugler verwendeten Aussagen ,traurig’ und ,die Jugendarbeit ist katastrophal’ jeglicher Grundlage. Wir haben derzeit 15 Trainer mit C-Lizenz und sind einer der wenigen Vereine, die die kommende Saison ohne Spielgemeinschaften absolvieren. Wir kennen unsere Hausaufgaben und brauchen niemanden, der das, ohne die Interna, Fakten, geschweige denn alle Details zu kennen, in solch einer Art und Weise öffentlich kundtut."

ESV-Chef Hans Gietl:"Da hört der Spaß auf"Noch mehr aber ärgerte den ESV Freilassing die Aussage: "Da kommt wieder der alte Manager zurück, der bringt wieder ein paar Tschutschn mit." Diesbezüglich entgegnet Gietl: "Wir wissen ja nicht, was ihn zu dieser Aussage getrieben hat. Fußballer sind ja hart im Nehmen, ab und an geht’s ja auch etwas derb zu. Aber Anfeindungen, Diskriminierung jeglicher Art, gehen gar nicht – da hört der Spaß auf. Für die Ausdrucksweise, die abwertende Bezeichnung unserer Spieler, auch wenn nur in einem kurzen Kommentar, können und dürfen wir absolut kein Verständnis aufbringen. Wir verbieten uns das aufs Äußerste. Fußball soll verbinden. Es tut uns einfach nur leid, dass unsere neuen Spieler und Trainer, die EU-Bürger, österreichische, deutsche Staatsbürger, Bundesbedienstete und Freilassinger sind, in der heutigen Zeit von einem ehemaligen hochrangigen Funktionär im deutschen Fußball pauschal so bezeichnet wurden. Es geht uns hier nicht um die kleinen Empfindlichkeiten. Das ist einfach nur, um bei dem Wort zu bleiben, traurig."

Organisator Jelllädt alle an einen TischAuch wenn die "Nachspielzeit" des Kirchanschöringer Stammtischs nun mehr an Schach als an Fußball erinnert, war jetzt Kurt Gaugler hinsichtlich der Freilassinger Gegenrede am Zug: "Ich will den ESV keinesfalls schlecht machen. Die Wortwahl war zu hart. Und rassistisch bin ich schon gar nicht veranlagt. Mir ging es darum, dass ich beim ESV den Durchlass über die Jugendmannschaften zu den Erwachsenen alles andere als optimal finde. Rein sportlich gesehen fände ich es natürlich schön, wenn der ESV wieder in der Landesliga spielen würde, das ist doch klar."

Diplomatisch meint übrigens der Organisator des Sportlerstammtischs, Thaddäus Jell: "Der ESV ist gern eingeladen, bei der nächsten Runde mitzudiskutieren." Das ist nicht ausgeschlossen, denn Freilassings Sportlicher Leiter, Helmut Fraisl (übrigens der erwähnte zurückgekommene "alte Manager"), meint: "Ich finde, dass die Aussage von Kurt Gaugler gar nicht geht, zumal in der Öffentlichkeit. Aber zu einem konstruktiven Dialog sind wir als ESV Freilassing bereit." Da nun jenes Gesprächsangebot vornehmlich Kurt Gaugler betrifft, müsste auch er bei einem "Anschöringer" Stammtisch wieder dabei sein. Und der ehemalige Geschäftsführende Vorstand der DFL-Stiftung sagt: "Gern."